NASA’s Webb enthüllt eine so zuvor nie gesehene staubhaltige Scheibe

Originalveröffentlichung am 11.01.2023 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases

Zusammenfassung: Die Ergebnisse werden in Zukunft bei der Suche nach Riesenplaneten in weiten Umlaufbahnen helfen.

Die staubigen Überreste der Planetenentstehung umgeben den Roten Zwerg AU Mic, der kosmisch gesehen gar nicht so weit weg ist. Diese Überreste, die durch Zusammenstöße kleiner, fester Objekte, so genannter Planetesimale, entstanden sind, umschließen den kleinen Stern in einer riesigen Trümmerscheibe. Jetzt liefert Webb den Wissenschaftlern detaillierte, nie zuvor gesehene Ansichten der staubhaltigen Scheibe von AU Mic im Infrarotlicht, einschließlich der Region in unmittelbarer Nähe des Sterns. Diese Bilder geben Aufschluß über die Beschaffenheit der Trümmerscheibe und die Geschichte des Sternsystems.

Auch wenn die Abbildung der Scheibe von großer Bedeutung ist, besteht das eigentliche Ziel des Teams darin, nach Riesenplaneten in weiten Umlaufbahnen zu suchen, ähnlich den Gas- und Eisriesen unseres Sonnensystems. Durch die Erforschung von Neuland bei der direkten Bildgebung um massearme Sterne bringt diese Arbeit das Team einen großen Schritt näher an dieses Ziel heran.

Das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA hat das Innenleben einer staubhaltigen Scheibe abgebildet, die einen nahen roten Zwergstern umgibt. Diese Beobachtungen sind das erste Mal, daß die zuvor bekannte Scheibe bei diesen infraroten Wellenlängen des Lichts abgebildet wurde. Sie geben auch Aufschluß über die Zusammensetzung der Scheibe.

Das fragliche Sternsystem, AU Microscopium oder AU Mic, befindet sich in 32 Lichtjahren Entfernung im südlichen Sternbild Microscopium. Es ist etwa 23 Millionen Jahre alt, was bedeutet, daß die Planetenbildung abgeschlossen ist, da dieser Prozeß normalerweise weniger als 10 Millionen Jahre dauert. Der Stern hat zwei bekannte Planeten, die von anderen Teleskopen entdeckt wurden. Die verbleibende staubhaltige Trümmerscheibe ist das Ergebnis von Kollisionen zwischen übrig gebliebenen Planetesimalen – ein massereicheres Äquivalent des Staubs in unserem Sonnensystem, das ein als Zodiakallicht bekanntes Phänomen erzeugt.

„Eine Trümmerscheibe wird ständig durch Kollisionen von Planetesimalen erneuert. Durch ihre Untersuchung erhalten wir einen einzigartigen Einblick in die jüngste dynamische Geschichte dieses Systems“, sagte Kellen Lawson vom Goddard Space Flight Center der NASA, Hauptautor der Untersuchung und Mitglied des Forschungsteams, das AU Mic untersuchte.

„Dieses System ist eines der wenigen Beispiele für einen jungen Stern mit bekannten Exoplaneten und einer Trümmerscheibe, die nahe genug und hell genug ist, um mit den einzigartig leistungsstarken Instrumenten von Webb ganzheitlich untersucht zu werden“, sagte Josh Schlieder vom Goddard Space Flight Center der NASA, leitender Forscher für das Beobachtungsprogramm und Mitautor der Studie.

Das Team verwendete die Nahinfrarotkamera (NIRCam) von Webb, um AU Mic zu untersuchen. Mit Hilfe des Koronographen der NIRCam, der das intensive Licht des Zentralsterns blockiert, konnten sie die Region in unmittelbarer Nähe des Sterns untersuchen. Mit den NIRCam-Bildern konnten die Forscher die Scheibe bis auf 5 Astronomische Einheiten (740 Millionen Kilometer) an den Stern heran verfolgen – das entspricht der Umlaufbahn des Jupiters in unserem Sonnensystem.

„Unser erster Blick auf die Daten hat unsere Erwartungen weit übertroffen. Die Daten waren detaillierter und die Scheibe heller als wir erwartet hatten. Wir haben die Scheibe näher am Stern nachgewiesen als wir erwartet hatten. Wir hoffen, daß wir, wenn wir tiefer graben, noch mehr Überraschungen finden werden, die wir nicht vorhergesagt haben“, so Schlieder.

Das Beobachtungsprogramm gewann Bilder bei Wellenlängen von 3,56 und 4,44 Mikrometern. Das Team stellte fest, daß die Scheibe bei der kürzeren Wellenlänge heller oder „blauer“ war, was wahrscheinlich bedeutet, daß sie viel feinen Staub enthält, der kürzere Wellenlängen des Lichts effizienter streut. Dieser Befund stimmt mit den Ergebnissen früherer Studien überein, denen zufolge der Strahlungsdruck von AU Mic – im Gegensatz zu dem von massereicheren Sternen – nicht stark genug ist, um feinen Staub aus der Scheibe fortzudrücken.

Die Entdeckung der Scheibe ist zwar von großer Bedeutung, aber das eigentliche Ziel des Teams ist die Suche nach Riesenplaneten in weiten Umlaufbahnen, ähnlich wie Jupiter, Saturn oder die Eisriesen unseres Sonnensystems. Solche Welten sind mit der Transit- oder Radialgeschwindigkeitsmethode nur sehr schwer um ferne Sterne zu entdecken.

„Dies ist das erste Mal, daß wir wirklich in der Lage sind, Planeten mit weiten Umlaufbahnen direkt zu beobachten, die eine deutlich geringere Masse als Jupiter und Saturn haben. Das ist wirklich Neuland, was die direkte Beobachtung von massearmen Sternen angeht“, erklärt Lawson.

Die Ergebnisse werden heute in einer Pressekonferenz auf der 241. Tagung der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft vorgestellt. Die Beobachtungen wurden im Rahmen des Webb-Programms „Garantierte Zeit“ 1184 durchgeführt.

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).

AU Mic (NIRCam Image)

Alyssa Pagan (STScI)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): AU Mic, AU Micrscopii
  • Objektbeschreibung: Trümmerscheibe um benachbarten Stern
  • Rektaszension: 20:45:09.49
  • Deklination: -31:20:26.99
  • Sternbild: Microscopium
  • Entfernung: 32 Lichtjahre (9,79 Parsec)
  • Daten
  • Instrument: NIRCam
  • Filter: F356W, F444W
  • Bild
  • Farbinformation: Bei den Bildern handelt es sich um getrennte Aufnahmen, die mit dem NIRCam-Instrument am James-Webb-Weltraumteleskop gemacht wurden. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung eines Cyan- und Rottons zu monochromatischen (Graustufen-)Bildern.

Über das Bild: Diese beiden Bilder zeigen die staubhaltige Trümmerscheibe um AU Mic, ein roter Zwergstern in 32 Lichtjahren Entfernung im südlichen Sternbild Microscopium. Das Team verwendete die Nahinfrarotkamera (NIRCam) von Webb, um AU Mic zu untersuchen. Der Koronograph der NIRCam, der das intensive Licht des Zentralsterns abschirmt, ermöglichte es dem Team, die Region in unmittelbarer Nähe des Sterns zu untersuchen. Die Position des Sterns, der ausgeblendet ist, wird durch eine weiße grafische Darstellung in der Mitte jedes Bildes markiert. Der durch den Koronographen blockierte Bereich ist durch einen gestrichelten Kreis dargestellt.

Webb lieferte Bilder bei 3,56 Mikrometern (oben, blau) und 4,44 Mikrometern (unten, rot). Das Team stellte fest, daß die Scheibe bei der kürzeren oder „blaueren“ Wellenlänge heller war, was wahrscheinlich bedeutet, daß sie viel feinen Staub enthält, der kürzere Wellenlängen des Lichts effizienter streut.

Mit den NIRCam-Bildern konnten die Forscher die Scheibe, deren Durchmesser sich über 60 Astronomischen Einheiten (9 Milliarden Kilometer) erstreckt, bis auf 5 Astronomische Einheiten (740 Millionen Kilometer) an den Stern heran verfolgen – das entspricht der Umlaufbahn des Jupiters in unserem Sonnensystem. Die Bilder waren detaillierter und heller als das Team erwartet hatte, und die Wissenschaftler waren in der Lage, die Scheibe näher am Stern abzubilden als erwartet.

AU Mic (NIRCam Compass Image)

Alyssa Pagan (STScI)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): AU Mic, AU Micrscopii
  • Objektbeschreibung: Trümmerscheibe um benachbarten Stern
  • Rektaszension: 20:45:09.49
  • Deklination: -31:20:26.99
  • Sternbild: Microscopium
  • Entfernung: 32 Lichtjahre (9,79 Parsec)
  • Instrument: NIRCam
  • Filter: F356W, F444W
  • Bild
  • Farbinformation: Bei den Bildern handelt es sich um getrennte Aufnahmen, die mit dem NIRCam-Instrument am James-Webb-Weltraumteleskop gemacht wurden. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung eines Cyan- und Rottons zu monochromatischen (Graustufen-)Bildern.

Über das Bild: Diese koronographischen Bilder einer Scheibe um den Stern AU Microscopii, die von der Nahinfrarotkamera (NIRCam) von Webb aufgenommen wurden, zeigen Kompasspfeile, Skalenbalken und Farbschlüssel als Referenz.

Die Kompasspfeile nach Norden und Osten zeigen die Ausrichtung des Bildes am Himmel an. Beachten Sie, daß die Beziehung zwischen Norden und Osten am Himmel (von unten gesehen) im Vergleich zu den Richtungspfeilen auf einer Karte des Bodens (von oben gesehen) umgekehrt ist.

Der Maßstab ist in Astronomischen Einheiten (AE) angegeben, was der durchschnittlichen Entfernung zwischen Erde und Sonne entspricht. Das auf diesem Bild gezeigte Sichtfeld hat einen Durchmesser von etwa 100 AE.

Dieses Bild zeigt unsichtbare Wellenlängen im nahen und mittleren Infrarot, die in Farben des sichtbaren Lichts umgewandelt wurden. Der Farbschlüssel zeigt, welche NIRCam-Filter bei der Aufnahme des Lichts verwendet wurden. Die Farbe jedes Filternamens ist die Farbe des sichtbaren Lichts, die benutzt wird, um das infrarote Licht darzustellen, das durch diesen Filter fällt.