Anreise (Montag, 20. Juni)
Am Montag, dem 20. Juni 2021 war es endlich so weit. Um 17:00 Uhr trafen sich Kamila, Klaus, Robert und Matthias mit mir (Christian) zum Check-In in der Schalterhalle B des Frankfurter Flughafens. Nach über einem Jahr Vorbereitung war die Vorfreude riesig.
Befreundete Hobbyastronomen hatten uns von den unterschiedlichen Astrofarmen berichtet und Tipps zum Südsternhimmel gegeben. Aufgrund der interessanten Lage und der großen Auswahl an Teleskopen hatten wir uns für das Angebot der Firma DeepSkySafaris von Faried Abu-Salih auf der Rooisand Dessert Ranch entschieden. Geduldig half uns Faried im Vorfeld der Reise bei der Auswahl des Equipments, der Reiseplanung und den unzähligen Fragen der Namibia-Neulinge. Wir hatten uns Literatur besorgt, Beobachtungslisten erstellt und fotografische Ziele geplant.
Nach Aufgabe des Gepäcks gingen wir noch schnell etwas essen und dann rechtzeitig zur Sicherheitskontrolle im Bereich B. Die Kontrolle im Bereich C sollte laut Fraport-App geschlossen sein. In den vergangenen Wochen war es immer wieder zu sehr langen Wartezeiten bei der Abfertigung gekommen und wir wollten unseren Flug auf keinen Fall verpassen. Wir machten es uns im Wartebereich gemütlich und kauften im Duty-Free Shop ein. Als wir um 20:00 Uhr weiter zur Passkontrolle gehen wollten, sahen wir eine riesige Warteschlange. Das wäre bis zum Abflug keineswegs mehr zu schaffen gewesen. Doch Moment mal! Zum Gate C 13 ging es genau in die andere Richtung über den öffentlichen Bereich des Flughafens! Wir waren im falschen Bereich gelandet. Panik brach aus. Wir rannten zur Passkontrolle im Bereich C und dann weiter zu einer sehr, sehr gründlichen Sicherheitskontrolle. Wir mussten unsere Okulare und das Astrofotozubehör vorlegen und erklären, wozu diese seltsamen Utensilien nützlich sind. Leider musste Kamila ihre zu leistungsstarke Powerbank abgeben, da diese als Sicherheitsrisiko für die Kabine erachtet wurde.
Nach kurzer Wartezeit begann das Boarding und wir konnten im Flugzeug Platz nehmen. Nach ca. 10 Stunden Nachtflug erreichten wir teils erschöpft, teils gut ausgeruht um 7:45 Uhr Ortszeit den Internationalen Flughafen von Windhoek.
Nach Kontrolle unsere Corona-Impfausweise, Pass- und Zollformalitäten ging es zur Gepäckausgabe. Glücklicherweise waren schon alle Koffer ausgeladen und vom Band genommen worden, so dass wir nur zuzugreifen brauchten. Gegen 9:00 Uhr standen wir dann im Wartebereich. Dort begrüßte uns Faried freudig und besorgte uns leckeren Cappuccino als „Welcome Drink“. Matthias und ich holten den Leihwagen ab und wir ließen uns in das sichere Fahren auf Namibias Sandpisten einweisen. Faried fuhr mit Kamila, Klaus und Robert in seinem Geländewagen vorneweg. Matthias und ich folgten mit dem Leihwagen in Richtung Windhoek.
Dort kauften wir noch ein paar Kleinigkeiten in einem Supermarkt ein, ergänzten unseren Dieselvorrat und ließen den Reifendruck reduzieren. Dann ging es endlich los in Richtung Rooisand. Nachdem wir den Kupferberg-Pass (2050m hoch) westlich von Windhoek überquert hatten, endete die asphaltierte Straße und wir fuhren auf der staubigen, steinigen Piste der C26 durch die karge Landschaft des Khomashochlands. Unterwegs begegneten uns immer wieder Paviane und gelegentlich kreuzten ein paar Warzenschweine die Piste. Vorbei ging es an verschiedenen Farmen, bis am Horizont der Gamsberg auftauchte. Auf diesem 2347m hohen Tafelberg, dessen Hochfläche größtenteils dem Max-Planck-Institut gehört, befindet sich Teleskope der Internationalen Amateursternwarte (IAS). Wir passierten die Einfahrten zum Hess-Teleskop und der Hakos-Astrofarm und gelangten schließlich an den Gamsberg-Pass. Von dort waren es noch ca. 30 – 40 min Fahrt, bis wir um 14:30 Uhr die Rooisand Dessert Ranch erreichten.
Aufbau und ein erster Blick Richtung Himmel (Dienstag, 21. Juni)
Auf der Ranch begrüßten uns die Verwalter der Farm, Maja und German, herzlich und zeigten uns die kleine, parkähnliche Anlage um die Wohngebäude. Nach dem Auspacken der Koffer ging es an das Aufbauen der Teleskope. Robert bezog eine Station südlich des Tennisplatzes, vier neue Beton-Plattformen mit Windschutz warteten auf Klaus, Kamila und mich. Für Matthias, der gleich mehrere Teleskope ausgeliehen hatte, war ein mobiler XXL-Windschutz aufgebaut. Ein Blick in Farieds großes Astro-Lager zeigte: Wir hätten bis auf Kleidung und Laptops nichts mitnehmen müssen. Neben Montierungen, Teleskopen und Kameras gibt es dort jedes erdenkliche Zubehör: Kabel, Adapter, Fotostative, Werkzeug, Flatfieldboxen, Bathinovmasken, Sternkarten etc. – kurzum alles, was das Herz eines Amateurastronomen höherschlagen lässt!
Während wir gemeinsam mit Faried die Geräte aufbauten, zogen am zunächst noch blauen Himmel immer mehr Wolken auf. Im Juni ist Winter in Namibia und die Temperatur betrug nur ca. 10 Grad, als wir uns warm gekleidet um 17:00 Uhr draußen zum Abendessen trafen. Der Himmel zog immer weiter zu und an eine erste Beobachtungsnacht war nicht zu denken.
Es war kurz nach 19:00 Uhr als wir zu Beginn der astronomischen Dämmerung mit Maja im Hof am Pool standen und sich eine kleine Wolkenlücke auftat. Es blinkten die Sterne des Kreuzes des Südens (Crux) auf und westlich davon ein dunkler Fleck. Ach ja, der „Kohlensack“. Voller Freude rannten wir an die Teleskope und versuchen immer wieder in den Wolkenlücken die Montierungen auszurichten oder das Dobson Teleskop am Stern zu justieren. Immer wieder war kurz das helle Milchstraßenband zu sehen. Die durchziehenden Wolken waren tiefschwarz (nicht aufgehellt wie zuhause) und es fällt dem Südhimmel-Neuling schwer, diese von den Staubbändern in der Milchstraße zu unterscheiden. Als es wieder vollständig zuzog, setzen wir uns zu den Farmern ins Kaminzimmer, wärmten uns auf und unterhielten uns. Gegen 22:00 Uhr gingen wir nochmal raus, beobachten etwas in den Lücken, bis es wieder zuzog. Total genervt packten wir alles zusammen und decken die Teleskope ab, bis nur eine halbe Stunde später der Himmel komplett aufriss.
Wir machten uns mit dem Himmel vertraut: Der nördliche Himmelsteil ist uns aus Deutschland bekannt, nur steht alles auf dem Kopf. Ein lustiges Ratespiel begann. Im Süden sahen wir den Eta-Carinae-Nebel (NGC 3372) im Sternbild Kiel des Schiffs (Carina), sowie den Kugelsternhaufen Omega Centauri (NGC 5139) mit bloßen Augen. Über uns das prächtige Milchstraßenband. Gegen Mitternacht betrug die Temperatur nur noch 2 °C, es war ungewöhnlich feucht und die Himmelshelligkeit betrug SQM-L 21,46 außerhalb der Milchstraßenzentrums. Wir zogen uns in unsere ungeheizten Zimmer zurück, wo wir unter mehreren Decken alsbald in tiefen Schlaf fielen. Nach der heimatlichen Hitzewelle am vorausgegangenen Wochenende war diese Nacht ein echter Temperaturschock für uns alle.
Die Sache mit dem Einsüden in der ersten Beobachtungsnacht (Mittwoch, 22. Juni)
Nach einem entspannten Tag auf der Farm, Bildbearbeitung von Aufnahmen der ersten Nacht und Beobachtungsplanung folgte um 17:00 Uhr das Abendessen. Zum Sonnenuntergang um 18:15 Uhr färbte sich der Himmel in einem schönen Rot und beleuchtet die umliegende Berglandschaft in warmen, irrealen Farben – Alpenglühen am Gamsberg. Bereits zur Blauen Stunde waren viele Sterne zu sehen und nach nur 25 Minuten astronomischer Dämmerung war es um 19:40 Uhr dunkel und das Band der Milchstraße war sofort im Osten sichtbar.
Jetzt hieß es nur noch schnell die ausgeliehene Skywatcher EQ6-AZ Montierung einzusüden, um mit zwei Spiegelreflexkameras Aufnahmen des Himmels machen zu können. Doch so einfach war das nicht: Dimmt man den Polsucher auf 4%, lassen sich zwar die Markierungen zum Einsüden erkennen – nicht jedoch die Sterne um Sigma Octantis. Bei 2% Helligkeit schaltet die Beleuchtung ab und man sieht die Sterne – jedoch das Muster im Sucher nicht mehr. Ich versuchte es mit einer Rotlichtlampe und suchte danach verzweifelt die Polar-Alignment Funktion der Skywatcher Synscan Handbox. Erst am nächsten Tag lernte ich, dass diese nur nach einem 2-Star Alignment erscheint. Dafür kenne ich jetzt die Aligment-Sterne Canopus (α Carinae) und Shaula (λ Scorpii).
Schluss mit der Technik und ran an den 16“ f/4,5 Martini-Dobson! Die erste Tour führte in das Sternbild Rabe (Corvus) in die Grenzregion zur Jungfrau (Virgo). Die Himmelshelligkeit betrug SQM-L 21,55, die Transparenz war 5,5 von 7 und das Seeing war passabel (II). Das Dunkelband in der Sombrero Galaxie M104 war deutlich und kontrastreich im 6mm Ethos-Okular (300x) zu sehen. German besucht mich und wir machen einen kurzen Ausflug über „Broken Arrow“ zum Stargate und zu Sombrero Galaxie. Danach ging es weiter zu den Antennengalaxien NGC 4038/9. Die nördliche der beiden interagierenden Galaxien ist deutlich heller und dicker; liegt auf der Seite zu einem hellen Stern. Die Südliche ist schmäler. In beiden Galaxien ist eine leichte Struktur zu erkennen. Im 5° entfernten Planetarischen Nebel NGC 4361 „Lawn Sprinkler“ (Rasensprenger) zeigt sich im 6mm Okular der helle Zentralstern um eine schwache große Scheibe, die mit UHC-Filter sehr dunkel wird.
Durchgefroren machten Robert und ich um 21:30 Uhr eine Aufwärmpause im Kaminzimmer. Im Anschluss fuhren wir diverse Objekte ab und wir verschafften uns einen Überblick über die Sternbilder des Südhimmels. Da heute der Tag des Einsüdens war, entschieden wir uns um 23:15 Uhr die exakte Position des südlichen Himmelspols zu finden
Mit Bino und Dobson machen wir uns auf den Weg. Das unscheinbare Sternbild Oktant (Octans) ist oberhalb der Verbindungslinie zwischen dem Kreuz des Südens (Crux) und der kleinen Magellanschen Wolke (SMC) schnell gefunden: Ein stumpfes Dreieck unterhalb von β Oct zeigt auf das \_/ Muster mit dem 5,45 mag hellen Sigma Octantis (σ Oct, „Polaris Australis“). Ca. 1 Grad südlich von σ Oct liegt ein kleines Dreieck. Bildet man aus den beiden Sternen mit größerem Abstand ein Dreieck, ist man am Himmels-Südpol.
Es läuft noch nicht ganz Rund (Donnerstag, 23. Juni)
Am Nachmittag folgten Robert und ich mit dem Geländewagen Faried und Matthias auf das Chalet am Berg nördlich der Farm. Eine ca. 3 km lange, wackelige Abenteuerstrecke. Dass die dort aufgestellte Kuppel auf den Stahlsäulen bei Wind stark schwankt, konnten wir uns gut vorstellen. Aber die Aussicht von dort war genial.
Auf der Rückfahrt sahen wir uns den Sundowner-Platz mit fantastischem Rundumblick an und fuhren weiter auf den Campingplatz. Camping in der Wüste? Das hatten wir bislang für einen Witz gehalten, gibt es aber tatsächlich. Aufenthaltsbereich, Küche und WC. Mehrere Hütten, Stellplätze für Fahrzeuge zum Übernachten mit Grillstationen. Ein besonderer Reiz ist die Sammlung alter Telefone und Autowracks, darunter ein Opel Olympia, die der Anlage einen gewissen morbiden Charme verleihen.
Zurück auf der Farm reinigten Faried und ich den 16“ Spiegel, bevor nach dem Abendessen die 2. Beobachtungsnacht begann. Bei manchem passte die Ausrichtung der Montierung oder die Sternabbildung in den Ecken mitgebrachten Astrokameras noch nicht richtig, aber langsam lief es. Es waren 12 Grad und es wehte ein angenehm warmer Wind, der zu weniger Zittern des Beobachters aber leider mehr Zittern des Bildes – also schlechtem Seeing mit störendem Wabern (IV) führte.
Nachdem die Kameras mit Tele- und Weitwinkelobjektiv an der EQ6 Montierung liefen, begann ich die visuelle Entdeckungstour dieses Abends um 20:30 Uhr im Sternbild Crux (Kreuz des Südens) bei einer Himmelshelligkeit von SQM-L 21,6 und sehr guter Transparenz (6,5/7).
Der Doppelstern Acrux (Alpha Crux) war trotz 4“ Abstand im 10mm Ethos-Okular gerade so zu trennen. Südlich davon ist ein schöner, warm-orangefarbener Stern zu sehen. Der rote Karbonstern DY Crux nahe Beta-Crux ließ sich erst am folgenden Abend bei besserem Seeing schön beobachten. Als nächstes folgt der helle Blue Planetary Nebula (NGC 3918) gleich „um die Ecke“ im Centaurus, bei dem sich kein Zentralstern erkennen ließ. Nach dem konzentrierten Offenen Sternhaufen NGC 4103 ging es vorbei am schwachen Haufen NGC 4337, der weit und locker erscheint und dann zu NGC 4349, der ebenfalls sehr locker aber an 2 Stellen eine etwas konzentriertere Struktur aufweist. Der krönende Abschluss dieser Tour war Herschels Schmuckkästchen (NGC 4755). Bei 106x im 17mm Ethos-Okular zeigte sich der Haufencharakter, im 13mm Ethos-Okular dagegen viele Details.
Es war 00:30 Uhr als ich während der Beobachtungstour im Sternbild Altar (Ara) einen ersten Blick auf den Emissions- und Reflexionsnebel Rim-Nebula (NGC 6188) warf. Im 17mm Ethos-Okular ist er 3x Gesichtsfelder lang und 4 hoch. Eine Sternkette sieht aus wie Zähne, der dunkle Bereich süd-östlich darüber wie ein Mund und der eingebettete Offene Sternhaufen NGC 6193 sind die Augen. Ich holte Robert ans Teleskop und zeige ihm diese interessante Struktur, die er als Krümelmonster bezeichnete. Ein interessantes Objekt, das ich auf jeden Fall noch einmal besuchen werde.
Um 1:00 Uhr ging es mit Übersichtsokular in das Sternbild Winkelmaß (Norma). Der offene Sternhaufen NGC 6067 ist bereits mit bloßem Auge zu sehen, liegt in einem Sternenmeer und zeigt viele Sternpaare. NGC 6087 ist ein zweigeteilter Haufen, der nur durch seine helleren Sterne in der Milchstraße auffällt. Mit Mustern aus Dreiecken und Linien. Dann folgte NGC 6167, der ein Dreieck mit ε Nor und γ Nor bildet. Im 31 mm Nagler-Okular (58x) sieht man den sehr lose assoziierten Haufen in der Übersicht, bei Verwendung des 17mm Okulars (106x) wird der Anblick interessanter.
Um 2:30 Uhr (SQM-L 21,42 und 11 Grad) folgte ein Ausflug in das Sternbild Schütze (Sagittarius), das inzwischen im Zenit stand. Der Lagunen-Nebel M8 mit Sternhaufen NGC 6530 ist bereits mit dem bloßen Auge zu sehen und ein leichtes Ziel im Telrad Sucher. Im 31mm Okular bereits ohne Filter ein Genuss. Mit OIII Filter noch plastischer. Weiter südlich in der großen Sagitarrius-Sternenwolke sah ich mir den Dunkelnebel (Bok-Globule) „Tintenklecks“ (Barnard 86) direkt am offenen Sternhaufen NGC 6520 an. Direkt daneben der aufällige Dunkelnebel “Great Dark Horse”. Weiter ging es in den Adlernebel (IC 4703) mit eingebettetem Sternhaufen M16 im „Schwanz der Schlange“ (Serpens Cauda). Die Form des Adlers ist im 31mm Okular bei 58x Vergrößerung bereits ohne Filter deutlich zu sehen, der Kontrast verbessert sich im OIII Filter. Ich vergaß nach den Säulen der Schöpfung zu suchen und setzte diese auf meine ToDo Liste für eine andere Nacht. Ich springe 10 Grad östlich in den Trifid Nebel M20. Im 17mm Okular (106x) und UHC Filter ist der Nebel mit seinen teilenden Dunkelwolken deutlich zu sehen. Nördlich davon um einen hellen Stern der ohne Filter sichtbare helle, bläuliche Reflektionsnebel. Ich zog mit 31mm Okular (58x, 1,4° Gesichtsfeld) noch etwas durch das Band der Milchstraße vom Schwanz des Skorpions über die kleine Sagittarius Sternenwolke (M24) bis in die Schildwolke im Sternbild Schild (Scutum). Um 4:30 Uhr endete diese großartige Beobachtungsnacht.
Farmrundfahrt und eine stürmische Nacht (Freitag, 24.06.2022)
Nach einer kurzen Nacht folgt gegen 10:00 Uhr ein kräftiges Astronomen-Frühstück bestehend aus Zebrasalami, geräuchertem Oryxfleisch und hausgemachten Brötchen. Danach brachen wir im offen Landcruiser zur Rundfahrt über den westlichen Teil der Farm auf. Ich hätte nie gedacht, dass diese so riesig ist! Drei Stunden ging es über hügelige, steinige und steile Wege. Wir sahen interessante Bäume, eine wunderschöne Landschaft, Oryxantilopen und viele Bergzebras. German verteilte unterwegs Salzblöcke für die Tiere. Auf einem Strauch hatte sich ein Schwalbenschwanz-Bienenfresser niedergelassen. Vorsichtig pirschten wir uns mit der Kamera heran, um von dem farbenprächtigen Vogel eine Aufnahme zu machen, was glücklicherweise gelang. Schließlich fuhren wir über eine rote Sanddüne (Rooisand!) und an einem riesigen Mehrgenerationen-Webervogelnest vorbei wieder zurück auf die Farm.
Nach kurzer Ruhepause wurde die kommende Beobachtungsnacht vorbereitet. Abendessen und los ging es in die vierte Nacht! Diese startet, nachdem der Fotoapparat lief, um 20:20 Uhr mit einer Tour durch das Sternbild Kiel des Schiffs (Carina) bei einer Himmelshelligkeit von SQM-L 21,54.
NGC 2516 (die südliche Praesepe) füllt das Gesichtsfeld des 31mm Okulars bereits vollständig aus und der Haufencharakter geht verloren. Drei helle Sterne bilden ein großes Dreieck, in dem die nördlichen orange erscheinen. Neben mir stand ein APM-Bino, in dem der Haufen besonders gut wirkte. Der Planetarische Nebel NGC 2867 stand jetzt knapp über dem Horizont und ich sah nur einen kleinen, bläulichen Fleck.
Ich zog weiter zu dem Kugelsternhaufen NGC 2808, in dem sich bei 180x Vergrößerung im 10mm Okular Einzelsterne erkennen ließen. Eine höhere Vergrößerung brachte aufgrund des mäßigen Seeings nichts. Der offene Sternhaufen NGC 3114 ist im 31mm Okular bildfüllend und sieht aus wie ein Propeller, Windrad oder Wirbel.
Um 21:45 Uhr besuchte ich die HII-Region NGC 3199 (Carinas Smile) im 17mm Okular mit OIII Filter. Oberhalb eines helleren, sichelförmigen Bereichs (der aussieht wie ein lächelnder Mund), sieht man eine dunklere Region und dann den heißen Wolf-Rayet Stern, der diese Region zum Leuchten bringt. Der Mund ist auf einer Seite spitzer mit einem kleinen Stern. Die Innenkante ist scharf, die Außenkante weich. Bei indirektem Sehen sind leichte Strukturen (dunklerer Bereiche, Knötchen) erkennbar. Eine erneute Beobachtung bei höherem Stand über dem Horizont ist auf jeden Fall lohnend.
Dann ein erneuter Besuch des Eta Carina Nebel (NGC 3372). Im 31mm (58x) Okular mit OIII Filter ist die Dunkelwolke im Zentrum deutlich sichtbar. Der nördliche Teil ist heller und hat die Form eines Fisches mit Maul und Stern als Auge, hinter dem Fisch auslaufend mit feinen Strukturen. Folgt man der südlichen Fischflosse in Richtung Süd-Westen erreicht man nach 1 ½ Grad NGC 3324, einen offenen Sternhaufen mit Reflexions- und Emmissionsnebel. ½ Grad weiter in diese Richtung dann der kleine offene Sternhaufen NGC 3293 („Little Jewel Box“ oder “Gem Cluster”). Östlich von Eta-Carinas Zentrum eine breitere Dunkelwolke und ein kleines Fragment. In Richtung Süd bis West breiter und ebenfalls leicht dreieckig, außen durch Dunkelwolken getrennt. Hier werde ich noch öfters vorbeischauen und vielleicht zeichnen. Im 17mm ist der „Fisch“ okularfüllend und es zeigen sich noch mehr Details. Feine Kräuselungen und dunklere Bereiche ähnlich denen des Orionnebels. An der Spitze des Fisches eine größere, flächige Struktur. Im 13mm Okular bei 139x zeigten sich noch feinere Details. Aufgrund des stärker werdenden Windes verschlechterte sich das Seeing deutlich und höhere Vergrößerungen lohnten sich nichts mehr.
Es war 22 Uhr und 9 °C bei SQM-L 21,55 als ich im 17mm Okular beim orangen Stern DY Crux (nahe Beta Crux) vorbeischaute. Ebenfalls im Kreuz des Südens schaute ich nochmal bei der Jewel-Box („Herschels Schmuckkästchen“, NGC 4755) vorbei. Ich sah einen orange/rötlichen Stern am Ende einer 3er Kette in Zentrum als das Bild anfängt immer mehr zu wabern. Der Wind nimmt stark zu und drückt gegen den Hut des Teleskops, so dass ich nicht mehr gut beobachten kann. Gegen Mitternacht musste ich die Beobachtungsnacht abbrechen und ging ins Bett.
Verwaiste Teleskope und der erste Dobson-Umzug (Samstag, 25. Juni)
Nach einer stürmischen Nacht montierten wir nach dem Frühstück die Teleskope ab und brachten sie zum Schutz vor dem feinen Sand, der jetzt überall in der Luft war, in die Zimmer. Die Montierungen wurden mit Folien gut abgedeckt. Der Tag verging mit Fachsimpeln bei Kaffee und Kuchen sowie Gesprächen mit den Farmern und den aus Windhoek angereisten Eigentümern, Axel und Yrida. Ich unterhielt mich mit dem Hobbyastronom Ian aus Nordengland, der zum Abschluss einer Namibia Rundreise seine Frau an den Flughafen gebracht hatte und noch ein paar Tage auf der Astrofarm verbrachte. Er erzählte mir, dass er an der Grenze zu Schottland in einem Dark-Sky Park wohnt und die nächste Straßenlampe kilometerweit entfernt sei – beneidenswert.
Nach einem opulenten Abendessen mit Lamm begann ich meine Dobson-Beobachtungsstation von der Betonplattform (mit niedrigem Windschutz) abzubauen und vor mein Zimmer auf der Terrasse des Wohngebäudes aufzubauen. Dann lief ich um die Farm, um außerhalb des Zauns meine Kamera Richtung Südpol auszurichten und das Stativ mit einer schweren Stahlplatte des Farmers zu beschweren. Als das Setup lief, ging ich zurück zur Beobachtungsstation. Währenddessen machten sich Kamila, Klaus und Robert mit Hilfe einer UV-Lampe auf die Suche nach irdischen Skorpionen in den Steinrabatten der Anlage. Nach kurzer Zeit hatten sie etwa 10 kleine Exemplare gefunden, die im Licht der UV-Lampe gelb-grünlich fluoreszierten. Wie uns German später erzählte, erreichen die Skorpione innerhalb der Anlage kein hohes Alter und bleiben damit klein, da sie vorher von den freilaufenden Hühnern gefressen werden.
Der Sturm pfeifte ums Gebäude aber der Windschatten reichte für eine entspannte Beobachtungsnacht. Das Seeing war zu Beginn sehr schlecht (V) und verbessert sich später vorübergehend (IV). Ich maß SQM-L 21,50 und 14° Celsius als ich um 20:00 Uhr die Beobachtungsnacht mit einem erneuten Besuch der Antennen Galaxien (NGC 4038/NGC 4039) im Sternbild Rabe (Corvus) begann. Sie stand 65° über dem Horizont und ich vergrößerte grenzwertig auf 180x im 10mm Okular, um sie besser zeichnen zu können. Irgendwann verlor ich sie aus dem Gesichtsfeld und entdeckte bei der Suche eine weitere Galaxie nebenan, vermutlich NGC 4027.
Danach folgte meine geplante Tour durch das Sternbild Zentaur (Centaurus), die am Stern λ-Centauri mit dem Galaktischem Nebel IC 2944 „Running Chicken Nebula“ begann. Visuell ist zwar kein rennendes Huhn, dafür aber im 31mm Okular eine pfeilförmige Struktur zu erkennen. Eine Sternenkette verläuft in der Lücke des Nebels. Im 17mm Okular mit OIII Filter erscheint der Nebel etwas zu dunkel, mit UHC schon etwas besser. 139x Vergrößerung (13mm Okular) war grenzwertig und zeigte nicht mehr Struktur. Ich fertigte eine Skizze an.
Um 22:20 Uhr beobachtete ich den offenen Sternhaufen NGC 3766 zwischen λ-Cen und δ-Cen (nahe IC 2944). Dieser erscheint 31mm Okular lose und mit zwei orangen Sternen. Die Himmelshelligkeit betrug SQM-L 21,40 und die Temperatur 13° Grad. Der Wind nahm wieder zu, aber mein Platz südlich vom Wohngebäude brachte ausreichend Schutz. Ian und Klaus schauten am Dobson vorbei und ich zeigte ihnen ein paar Objekte. Dann um 23:00 Uhr der erste Blick auf die Galaxie Centaurus A (NGC 5128): Sie zu finden war gar nicht so schwer, die Rückseite eines markanten Dreiecks im Zentauren zeigt den Weg. Besonders interessant war sie im 13mm Okular anzusehen, aber wegen des Seeings grenzwertig. Im 17mm Okular sieht die Galaxie aus wie der „Pacman“: ein Auge im Kopf, ein Punkt im Mund – oder wie ein Hamburger. Ich fertigte eine Zeichnung an, um den Beobachtungseindruck festzuhalten. Es folgten kurze Ausflüge zum Eta Carinae Nebel und dem Omega Centauri Kugelsternhaufen (NGC 5139). Letzterer ist schon der Hammer. Zu gerne würde ich bei gutem Seeing einmal höher vergrößern und tiefer in den Haufen eintauchen.
Der Blue Planetary Nebula (NGC 3981) erschien leider matschig und nicht so schön wie am Mittwoch. Weiter zur Galaxie NGC 4945, die im 13mm Okular bei 139x als kleines Fleckchen erschien. Höhere Vergrößerungen und mehr Details waren leider nicht drin. Auch die Galaxie NGC 4696 war als kleines nebliges Fleckchen mit weiteren Galaxien im Umfeld zu sehen.
Da war der Kugelsternhaufen NGC 5286 im 13 mm Okular eine nette Abwechslung: klein und kompakt mit dem südöstlich etwas abseits liegenden Stern M-Cen der schön gelb-orange leuchtete. Den Planetarischen Nebel NGC 5307 gleich nebenan konnte ich erst am nächsten Abend bei 383x Vergrößerung gut beobachten. Er sah aus wie ein unscharfer Planet; leicht elongiert.
Der Wind pfiff um mich, aber die Hauswand gab Schutz. Als schließlich die Batterie des Telradsuchers leer war, wanderte ich nochmal kreuz und quer im Übersichtsokular durch das Sternbild Schütze, das jetzt im Zenit stand und nicht mehr von der Hauswand verdeckt war. Ein phantastischer Anblick: Das Sternenmeer der Milchstraße, unzählige Dunkelwolken und der Lagunennebel zum Abschluss. Um 0:30 Uhr trug ich den 16“ Dobson ins Zimmer und lief zu meinem Fotoapparat, der am anderen Ende der Farm stand. Ich machte noch ein paar Milchstraßenaufnahmen bevor diese stürmische Nacht um 2:00 Uhr zu Ende ging.
Meine Kollegen Kamila, Klaus, Matthias und Robert hatten in dieser diese Nacht wegen des Windes eine Astrofotografiepause eingelegt und sich nach ein paar Glühwein im Kaminzimmer zurückgezogen.
Astrotreff, Sundowner und die perfekte Beobachtungsnacht (Sonntag, 26. Juni)
Nach dem Frühstück machten Kamila, Ian, Klaus und ich mit den Geländewagen einen Ausflug zum Chalet auf dem Berg. Wir unterhielten uns mit den dort untergebrachten Gruppen von Hobbyastronomen aus Polen, genossen die Aussicht und fuhren weiter zu einem Wasserloch. Wir sahen viele Paviane und Oryxantilopen und fuhren am Rückweg nochmal am Campingplatz vorbei.
Am Nachmittag unterhielten wir uns mit Dr. Wolfgang Steinicke, der mit seiner Frau Gabi auf der Durchreise war und fuhren vor dem Abendessen gemeinsam mit ihm, Klaus, Robert und German zum Sundowner Platz und genossen den Sonnenuntergang bei Snacks und Getränken. Nach dem Sonnenuntergang wurde Klaus unruhig und wollte möglichst schnell zurück an seine Astrofoto-Station. Zurück auf der Farm gab es erst einmal Abendessen, Klaus genoss die gesellige Runde und war dann irgendwie als letzter am Teleskop.
Gemeinsam mit Wolfgang und Gabi begann die Beobachtungsnacht am 16“er Dobson windgeschützt vor dem Wohnhaus. Gemeinsam tauchten wir in den Eta Carinae-Nebel (NGC 3372) ein. Zunächst im 31mm Okular mit OIII Filter. Dann mit 17mm und 13mm. Immer mehr Details waren zu sehen. Der Nebel wirkte plastisch mit hellen und dunklen Bereichen. Der Schlüsselloch-Nebel, war deutlich zu sehen. Das Seeing war diesmal gut (II) und die Sterne erschienen schön punktförmig. Die Transparenz (5/7) war besser als an den windigen Tagen zuvor und die Himmelshelligkeit erreichte um 21:30 Uhr den bisherigen Bestwert von SQM-L 21,78 bei 13° Celsius.
Im Sternbild Zentraur (Centaurus) beobachteten wir die Galaxien NGC 5102 und NGC 5253 (letztere wirkte wie ein kleiner Klecks) im 8mm Okular (225x).
Nach ein paar weiteren Standard-Objekten schwenkte ich gegen 22:30 Uhr auf die Southern Pinwheel Galaxie (M83) im Sternbild Wasserschlange (Hydra). Eine beeindruckende „Grand-Spiral-Galaxy“ mit umschlungenen Armen, ein wunderschönes Objekt zum Zeichnen für die nächste Nacht.
Die Transparenz wurde etwas schlechter und damit der Himmel etwas aufgehellter (SQM-L 21,60) als ich um 23:00 Uhr den Spiral Planetary Nebula (NGC 5189) im Sternbild Fliege (Musca) beobachtete. Zunächst dachte ich, es handele sich um eine Galaxie, sah dann aber in meiner Beobachtungliste seine Bezeichnung. Das Seeing war in dieser Nacht richtig ruhig bis perfekt (I-II). Ich konnte bis auf 300x (im 6mm Okular) und sogar 383x (im 4,7mm Okular) vergrößern und entschied mich, dass ca. 2,2‘ große spiralförmige Fleckchen zu zeichnen.
Zurück in den Zentauren um meine Objektliste abzuarbeiten: der offenen Sternhaufen NGC 5460 sieht im 31mm Okular sehr weit und locker aus, mit Sternenketten, NGC 5617 locker und unauffällig. Der offene Sternhaufen NGC 5281 wirkte der klein und unspektakulär.
Die nächsten Objekte ab 1:00 Uhr lagen im Sternbild Wolf (Lupus). Der Retina Nebel (IC 4406) erscheint bei hoher, 383-facher Vergrößerung leicht elongiert und in der Mitte kompakt. Ein Zentralstern ist nicht zu erkennen. Der Kugelsternhaufen NGC 5927 ist im Vergleich zu den Sternen im Umfeld dunkel; es lassen sich einzelne Sterne auflösen. Das gute Seeing ließ weiterhin hohe Vergrößerungen zu und der Planetarische Nebel „Ghost of Uranus“ (NGC 5882) ist als kleines cyanfarbenes Scheibchen sichtbar. Der Kugelsternhaufen NGC 5986 ist konzentriert und im 8mm Okular lassen sich bei 225x Einzelsterne auflösen.
Eine halbe Stunde später ging es in den Skorpion (Scorpius). Der Doppelstern Beta Scorpii lässt sich im 8mm Okular locker trennen und erscheint bläulich. Der optische doppelte Doppelstern bestehend aus Xi Scopii (Struve 1998, Graffias) und dem benachbarten Struve 1999 sind im 17mm Okular (0,9° Gesichtsfeld) gemeinsam zu sehen. Jeweils ein orangefarbener Stern mit gelblichem Begleiter.
Vom doppelten Doppelstern Nu Scorpii (14 Sco) neben Beta Scorpii lassen sich die 2,3“ entfernten Komponenten gut auflösen. Der zweite Doppelstern mit 0,9“ entfernten Komponenten erscheint leicht elongiert, ließ sich aber nicht komplett trennen. Scheinbar war das Seeing wieder schlechter geworden. Der Kugelsternhaufen M80 lässt sich im 8mm Okular bei 225x teilweise auflösen, es verbleibt ein dichter Kern mit einigen auflösbaren Einzelsternen. Interessant ist, bei gleicher Vergrößerung, der Kugelsternhaufen M4, der wie ein offener Sternhaufen wirkt und aus interessanten Ketten und Bögen besteht. Nach dem etwas lichtschwächeren Kugelsternhaufen NGC 6144 bei Antares fuhr ich auf den offenen Sternhaufen M7 süd-östlich vom Schwanz des Skorpions, der mit dem bloßen Auge sichtbar und bei 31mm sehr offen und okularfüllend ist.
Es war 2:00 Uhr als Sterne im Skorpion auf einmal dunkler wirkten und teilweise verschwanden. Stimmt, ich bin in Namibia, wo durchziehende Wolken den Himmel abdunkeln und nicht aufhellen. Ich warf einen letzten Blick auf den großen weiten „Schmetterlingshaufen“ M6, der im 31mm Okular hell und mit interessanten Dreiecken, Ketten und Sternpaaren bestückt ist. Die Schmetterlingsform konnte ich nachvollziehen. Der Wind hatte stark zugenommen, als ich bei 18° Celsius und SQM-L 21,66 um 2:10 Uhr diese bislang beste Beobachtungsnacht beendete.
Sabotierten Buschmechaniker die Mineralientour? (Montag, 27. Juni)
Nach dem Frühstück wäre es eigentlich mal an der Zeit in Ruhe die Beobachtungsnotizen vom Diktiergerät auf Papier zu bringen, aber mit einer Mineralientour stand schon der nächste Programmpunkt auf dem Plan. Die Abfahrt verzögerte sich, da Klaus auffiel, dass der Hebel an der Rektaszensionsachse seines Teleskopes fehlte. Er hatte zunächst die „Buschmechaniker“ in Verdacht. So nennt Farmer German die Paviane, welche an Solar-Paneelen und allen möglichen anderen Dingen herumfummeln. Maja fand den Hebel schließlich in Klaus Teleskopabdeckung und wir hatten alle etwas zu lachen. Mit dem voll besetzten Safari-Geländewagen ging es mit German auf eine interessante Entdeckungsreise mit vielen Hintergrundinformationen zu den auf Rooisand vorkommenden Mineralien. German erzählte uns, dass es leider immer wieder vorkäme, dass Mineraliensucher ohne Erlaubnis auf das Farmgelände eindringen würden, um im Gestein nach Bergkristallen, Amethysten und Citrinen zu suchen. Leider gingen sie dabei aber meist sehr dilettantisch vor und würden viele Fundstücke zerstören. An einer dieser Stellen fanden wir eine schöne Citrinstufe mitten im Gelände liegen. Leider war sie zu groß für unsere Koffer.
Laut Vorhersage sollte der Wind in dieser Nacht wieder weniger werden und ich zog mit meiner Beobachtungstation wieder vom Wohnhaus auf die Beobachtungsplattform am Südende der Farm um. Robert und Wolfgang halfen mir freundlicherweise beim Tragen. Auf dem Plan für die kommende Nacht standen 180° Zeitraffer-Aufnahmen (Canon EOS 6D mit Sigma 8mm Objektiv), sowie das erneute Beobachten und Zeichnen einiger Objekte.
Davor stand um 17:30 Uhr noch ein besonderes Abendessen auf dem Programm: Eine „Buschmannfondue“. Frisches Zebra- und Oryxfleisch, wurden zusammen mit Gemüsestücken auf einen Spieß gesteckt und dann 45 Sekunden in einem Topf mit heißem Fett auf offener Flamme gegart – mit ein paar leckeren Saucen war dies schlichtweg ein köstliches Mahl!
Um 20:00 Uhr bei SQM-L 21,60 begann der nächtliche Streifzug erneut im Sternbild Kiel des Schiffes (Carina). Der Planetarische Nebel NGC 3211 erscheint im 13mm und 6mm Okular als kleines, außen etwas diffuses Nebelscheibchen. Das Seeing war diese Nacht wieder schlechter (III) und ließ keine Beobachtung weiterer Details zu. Der „Nadelkissenhaufen“ (NGC 3532) ist im 31mm Okular bildfüllend und die südlichen Plejaden (IC2602) passen nicht mehr ins Gesichtsfeld.
Ab 22:00 Uhr sah ich mir den bipolaren Emissionsnebel NGC 6164 / NGC 6165 im Westen des Rim Nebula (NGC 6188) an der Grenze des Sternbild Altar (Ara) zum Winkelmaß (Norma) an. Im 13mm Okular ein leuchtendes Glühen um einen Stern. Weiter im Sternbild Wasserschlange (Hydra) zeichnete ich ca. 1 Stunde lang die Southern-Pinwheel-Galaxy (M83) im 13mm, 10mm und 8mm Ethos Okular. Ab Mitternacht machte ich eine längere Pause, legte mich einfach nur auf den Boden und erfreute mich am Band der Milchstraße, das jetzt über den Zenit verlief.
Circa eine Stunde später ging es weiter in das Sternbild Skorpion. Der Doppelstern Nu Sco erscheint elongiert, aber lässt sich nicht vollständig trennen. Der Bipolare planetarische Bug-Nebula (NGC 6302) spricht gut auf OIII-Filter an und erscheint im 8mm Okulare ähnlich einer Galaxie. Im 4,7mm Okular ist die Westseite etwas länger, dann folgt eine senkrechte Trennung und an der Ostseite befindet sich ein zangenartiges Gebilde. Um 2:00 Uhr ging es in den Katzenpfotennebel (NGC 6334), der im 31mm Okular vollständig zu sehen ist. Ohne Filter ist ein leichter Nebenschleier um 2 helle Sterne zu sehen. Der UHC Filter erhöht die Sichtbarkeit, der OIII Filter dunkelt zu sehr ab. Auch der h-beta Filter bringt etwas mehr Details. Im 17mm Okular mit UHC Filter sah ich mir den Nebel genauer an. Im Osten zwei weiter auseinander stehende Sterne die von einem Nebel umgeben sind, ebenso ein Stern im Süden – die „Tatzen“. in der Mitte ein „Knäul“ und hinten eine größere Fläche.
Ich genoss erneut eine ganze Weile den Himmel mit bloßen Augen, bis es gegen 3:00 Uhr zum Planetarischen Cheerio Nebel (NGC 6337) weiter ging. Er ist bereits im 17mm Okular als feiner, gleichförmiger Ring an einem Dreieck aus Sternen zu erkennen. Bei höherer Vergrößerung befindet sich ein weiterer Stern in (bzw. vor) dem Ring. Ich fertigte eine Skizze an und schwenkte dann weiter zum Hummernebel (NGC 6357). Im 13mm Okular mit OIII Filter sah ich an einer Sternenkette eine Aufhellung in der Form einer Rose, den „Rosennebel“.
Um 3:30 Uhr wurde es Zeit mal einen Blick auf die Planeten zu werfen. Ich begann mit Saturn, der im Zenit stand. Die Cassini-Teilung war nur phasenweise zu sehen, scheinbar war das Seeing wieder schlechter geworden. Auf Jupiter sehe ich Bänder und der Mars lag noch hinter dem Windschutz. Ich zog weiter in die Kleine Magellansche Wolke (SMC) und das Sternbild Tukan (Tucana). Im 17mm Okular werden im Kugelsternhaufen 47 Tucanae (NGC 104) Einzelsterne aufgelöst aber das Zentrum bleibt diffus. Leider machte eine höhere Vergrößerung bei der Luftunruhe keinen Sinn. Als der Wind stärker wurde, sah ich mir das Sternbild Schwan an, das sich über dem Nord-West-Horizont befand. Zum Abschluss einen Blick in den Cirrusnebel (NGC 6960 / NGC 6992), der jetzt ca. 35° hoch stand bis ich nach 4:00 Uhr abbaute und ins Bett ging.
Besuch des H.E.S.S. Teleskops und der Hakos Farm (Dienstag, 28. Juni)
Es war eine unruhige Nacht bei starkem Wind. Irgendwann gegen 7:00 Uhr stand ich kurz auf, um meine Kamera vom Feld neben der Farm zu holen und legte mich nochmal ins Bett. Jetzt bräuchte ich eigentlich mal einen Tag Pause zum Nachbereiten, Ausruhen und Vorbereiten! Aber es stand ein selbst organisierter Tagesausflug auf dem Programm. Da muss man durch 😉
Gegen 10:00 Uhr fuhren wir mit zwei Geländewagen über den Gamsberg-Pass in Richtung Windhoek zum ca. 1 Autostunde entfernten H.E.S.S. Teleskop, bei dem wir uns vorab für eine Besichtigung angemeldet hatten. Auf dem Weg dorthin sahen wir Paviane und Springböcke. Das „High Energy Stereoscopic System“ besteht aus 4 kleinen und einem großen Tscherenkow-Teleskop, die ab dem Jahr 2002 in Betrieb genommen wurden. Toni Hanke, der leitende Ingenieur, führte uns kurz in das Forschungsgebiet zur kosmischen Gammastrahlung ein und erklärt die Funktionsweise der Teleskope. Er zeigt uns die riesigen, hochempfindlichen Photomultiplier eines ausgemusterten Sensormoduls. Die Detektoren sind tagsüber lichtdicht eingeschlossen und nachts ist die Zufahrt zum Gelände untersagt. Bereits der Blitz eines Smartphones würde ausreichen, um die Sensoren zu beschädigen.
Die Tankuhr unseres Geländewagens zeigte nur noch etwas mehr als eine halbe Tankfüllung an und wir machten uns Sorgen, ob es für den restlichen Aufenthalt reichen würde. Die nächste Tankstelle war ca. 90km (1 ½ Stunden Fahrt) entfernt. Wir entschieden uns, langsamer und sparsamer zu fahren. Auf dem Rückweg begutachteten wir ein riesiges, schildkrötenförmiges Webervogelnest und sahen Warzenschweine an der Schotterpiste. Jetzt stand ein Besuch der HAKOS Gästefarm mit der Internationalen Amateursternwarte (IAS) an, die unser Astrofreunde Resa organisiert hatte. Die 7 km lange Zufahrt zur Farm war abenteuerlich und wir schalteten den Allradantrieb zu. Unsere Gastgeberin, Waltraud Straube und Resa begrüßten uns bei Kaffee und Kuchen. Jetzt bei Sonnenschein wirkt die Anlage mitten in den Hakosbergen fast mediterran. Man kann sich nicht vorstellen, dass es hier auf 1.800 m über N.N. in den vorangegangenen Tagen noch kälter und windiger gewesen war als auf der 600 m tiefer liegenden Rooisand Farm. Es folgte eine interessante Führung von Friedhelm Hund über das Farm-Gelände mit Besichtigung der IAS-Teleskope und seines neuen Remote-Sternwarten-Projekts. Dazu gab es Geschichten aus den Anfangszeiten der Astronomie in Namibia auf dem Gamsberg und den Farmen Hohenheim und Hakos. Rechtzeitig vor dem Abendessen um 17:30 Uhr waren wir zurück auf der Farm. Die Tanknadel zeigte noch immer ca. die Hälfte an. Puuh, das reichte locker für die Rückfahrt zum Flughafen am Freitag.
Als die Kamera lief, begann um 20:00 Uhr bei SQM-L 21,58 und 10°C eine kurze Beobachtungsnacht. Die Große Magellansche Wolke stand ca. 12° über dem Horizont, als ich sie ungeplant unter dem 16“er auf dem Boden sitzend ins Visier nahm. Im 31mm Okular erwischte ich nord-östlich ein interessantes, großes Gebilde. Da ich mich auf dies Himmelsregion nicht vorbereitet hatte, bat ich Klaus um Bestätigung. Der Astrofotograf blickt ins Okular uns sagt: „Ja, das ist er. Der Tarantel Nebel“. NGC 2070 im Sternbild Dorade sprach sehr gut auf UHC und OIII Filter an. Ich sah Ausläufer und Verästelungen in alle Richtung. Ein lohnendes Objekt bei höherem Stand.
Um 21:00 Uhr zog ich weiter in das Sternbild Segel (Vela) und suchte Herschels Bleistift (NGC 2736) im 31mm Okular. Beim Bewegen des Teleskops sah ich den länglichen, hellen Streifen und schob den OIII Filter vors Okular. Bei mittelmäßigen Seeing zeichne ich dieses helle Fragment des Vela-Supernova-Überrest und zeigte ihn Robert, der am Teleskop vorbeischaute
Ich versuche das Sternbild Luftpumpe (Antlia) mit seinen schwachen Sternen zu erkennen, um die Position des „Eight-Burst-Planetary Nebula“ (NGC 3132) in der Grenzregion des Segels (Vela) abschätzen zu können. Die Luftpumpe sah ich irgendwann, den Nebel nicht. Um 23:00 Uhr zog ich weiter in den Skorpion (Scorpius) und sah mir dort nochmal den „Tintenklecks“ (Barnard 86), sowie im Schützen (Sagittarius), den Lagunennebel (M8) und Trifidnebel (M20) im 17mm und 13mm Okular an. Gegen Mitternacht nahm der Wind wieder zu und das Teleskop begann erneut zu wackeln. Ich war müde und entschloss mich, heute mal etwas früher ins Bett zu gehen.
Eine Abschlusstour bei guten Beobachtungsbedingungen (Mittwoch, 29. Juni)
Den Tag verbrachte ich gemütlich auf der Farm. Mit dem Abhören meines Diktiergerätes und dem Schreiben von Beobachtungsberichten. Da es am Donnerstag bewölkt werden sollte, plante ich, für die kommende Beobachtungsnacht letztmalig die interessantesten Objekte der vergangenen Tage zu besuchen. Damit mich der Wind nicht wieder überraschte, schleppte ich Teleskop und Zubehör mit Klaus Hilfe erneut in den Windschatten des Wohnhauses.
Um 19:45 Uhr startete ich meinen Fotoapparat für Milchstraßenaufnahmen. Die Himmelshelligkeit betrug SQM-L 21,54, der Himmel war klar (5/7) und das Seeing ausnahmsweise gut (II). Um 20:00 Uhr besuchte ich den Rabe (Corvus) mit der Sombrero Galaxie (M104) und versuchte diese erneut im 10mm Okular zu skizzieren. Der Kegel des Zodiakallichts im Westen verlief bis fast in den Zenit, störte die Beobachtung aber nur ein wenig. Ich besuchte nochmal die beiden embryoartig aussehenden Antennengalaxien (NGC 4038/9).
An der Grenze vom Segel (Vela) zur Luftpumpe (Antlia) suchte ich erneut mit dem Telrad eine ganze Weile nach dem „Eight-Burst-Planetary Nebula“ (NGC 3132) und wurde schließlich fündig. Ich fertigte eine Zeichnung im 4,7mm Okular (383x) an, kam beim Aufstehen mehrfach gegen das Teleskop und suchte erneut. Ich warf einen Blick auf Herschels Bleistift (NGC 2736) und suchte dann weitere Fragmente des Vela Supernova Überrestes – leider vergeblich. Definitiv ein Ziel für zukünftige Namibiareisen zu einer anderen Jahreszeit.
Im Sternbild „Kreuz des Süden“ (Crux) schaute ich mir den offenen Sternhaufen NGC 4755 (Herschels Schmuckkästchen) an und skizzierte diese strichmännchenartige Figur. Ich schwenkte ins Sternbild Wasserschlange (Hydra), sah mir die Southern Pinwheel Galaxy (M83) an und verglich sie mit meinen Zeichnungen. Dann ging es in den Kiel des Schiffes (Carina). Eine ganze Weile beobachtet ich den Eta-Carinae-Nebel (NGC 3372) in diversen Vergrößerungen und warf dann ohne Filter bei 383x im 4,7mm Okular einen Blick auf den Stern Eta-Carinae. Ich sah einen leichten Nebenschleier auf zwei Seiten um den Stern Eta-Carinae, darunter tauchte immer wieder kurz ein kleines Dreieck aus 3 Sternen auf. Ich freute mich über die Sichtung des „Homunculus Nebel“ und zog passenderweise weiter zum Emissionsnebel „Carinas Smile“ (NGC 3199).
Im Altar (Ara) sah ich mir den Rim-Nebula (NGC 6188) („Krümelmonster“) an und fuhr die Region im 31mm Okular ab.
Ich schwenkte nach Südwesten in das Sternbild Zentaur (Centaurus) und sah mir am Stern λ-Centauri den „Running Chicken Nebula“ (IC 2994) an. Die Galaxie Centaurus A (NGC 5128) beobachtete ich bei verschiedenen Vergrößerungen. Mir fiel auf, dass das dunkle Band in der Mitte durch etwas Helles durchzogen erscheint. Ich fuhr 4,3° nach Süden zum Omega Centauri Kugelsternhaufen und war vom Anblick begeistert. Ich begann im 31mm Okular (58x) in Übersichtsvergrößerung und stieg immer weiter bis zu 300x Vergrößerung in den Haufen ein. Das Seeing war gut und er ließ sich immer mehr in einzelne Sterne auflösen, aber der Kern blieb neblig.
Als ich weiter ins Sternbild Fliege (Musca) zog, kam Klaus vorbei. Ich zeigte ihm den Spiral Planetary Nebula (NGC 5189) und folge ihm zu den Beobachtungsplattformen, um meinen Fotoapparat auf ein anderes Objekt auszurichten. Auf dem Rückweg stärkte ich mich mit Kaffee und Keksen an der Snack-Station, die jede Nacht für uns aufgebaut war.
Ab Mitternacht nahm der Wind wieder etwas zu und das Seeing wurde schlechter, als ich ins Sternbild Skorpion (Scorpius) schwenkte. Ich sah mir nochmal den Hummernebel (NGC 6357) an und machte als Erinnerung eine Skizze von der „Rose an einer Sternkette“. 2 Grad südwestlich erkannte ich vom Katzenpfotennebel (NGC 6334) im 31mm Okular mit UHC Filter 3 Tatzen mit Ballen und fertigte auch hiervon gegen 1:15 Uhr eine Zeichnung an.
Im Schützen (Sagittarius) sah ich mir den Lagunennebel (M8) an der mich nach wie vor begeistert. Ein offener Sternhaufen hinter dem ein heller Nebel von Dunkelwolken geteilt wird. Leider verpasste ich es, den Eindruck zeichnerisch festzuhalten. Robert kam um 2:00 Uhr zu Besuch und wir warfen einen gemeinsamen Blick in den Adlernebel (M16). Wir vergrößerten bis 383x im 4,7mm Okular und suchten die dunkle Struktur am Hals des Adlers nach den Säulen der Schöpfung ab. Ob wir sie gesehen haben? Wir sind uns unsicher. Ein Projekt für einen zukünftigen Namibiaurlaub…
Wir schwenkten in den Schwanennebel (M17) und beobachten ihn in unterschiedlichen Vergrößerungen. Im 13mm Okular (0,7° Gesichtsfeld) ist die von zuhause bekannte Schwanen-Struktur zu erkennen. Was uns begeistert ist ein nebliger Bogen unterhalb (nördlich) sowie hinter (östlich) des Schwans. Oberhalb des Schwanenkopfes ist ein Glimmen um einen Stern zu sehen. Im unteren Teil des Halses und vorne im Bauch ein heller Bereich mit dunkler Trennung. Ich fertigte eine Zeichnung im 13mm Okular an (mit UHC, OIII und ohne Filter), um den Eindruck festzuhalten.
Als nächstes beobachtete ich den Trifid-Nebel (M20) und probierte unterschiedliche Vergrößerungen aus: Bei 300x im 6mm Okular sieht man erstaunlich viel Struktur – auch ohne Filter. In der Mitte teilen Dunkelwolken den Nebel, der nach außen langsam ausläuft. Interessanterweise ist der Reflexionsnebelteil im Norden auch mit Filter weiterhin sichtbar.
Gegen 4:00 Uhr lief ich zu den Plattformen und schraubten meinen Fotoapparat von der Montierung ab. Amüsiert sah ich Klaus bei seiner Weißlicht-Show zu, als er sein Astro-Foto Equipment abbaute. Ich lief zurück zum 16“ Dobson vor meinem Zimmer und genoss die Dunkelheit und Natur. Mir fiel auf, dass das Milchstraßenband mit dem „Dark Horse“ im Westen quer über dem Himmel lag. Die Sterne um Antares in den Scheren des Skorpions zeigten nach unten und sollten später hinter in den Bergen am Horizont untergehen. Ich baute meinen Fotoapparat mit Stativ vorm Wohngebäude hinter meinem Rücken auf und startete eine Zeitraffer-Sequenz.
Die Kleine Magellansche Wolke (NGC292) stand jetzt 35° über dem Südhorizont. Ich fuhr sie mit dem Teleskop an und sah im OIII Filter mehrere kleine Knoten (HII-Regionen). Weiter zum Kugelsternhaufen 47 Tucanae (NGC 104). Ich stieg mit 60x Vergrößerung (31mm Okular) ein und erhöhte auf 106x (17mm). Der Kugelsternhaufen sah jetzt aus wie eine Sonne mit Strahlen in allen Richtungen. Ich tauchte weiter ein und vergrößerte immer höher, bis bei 225x im 8mm Okular das Wabern zu stark störte. Gegen 4:45 Uhr warf ich im 10mm Okular einen letzten Blick in den Tarantel Nebel (NGC 2070) unterhalb der großen Magellanschen Wolke. Ab 5:00 Uhr baute ich ab und ging ins Bett.
Ein bewölkter Tag vor der Abreise (Donnerstag, 30. Juni)
Als es draußen hell wurde, wachte ich kurz auf und schaltete meinen Fotoapparat ab, der immer noch lief. Ich legte mich wieder ins Bett und schlief bis 11:30 Uhr. Auf dem Weg zum Frühstückbuffet kam mir eine Mitarbeiterin der Farm mit Tablett entgegen. Ich befürchtete schon, das Frühstück würde gerade abgebaut werden, aber sie nahm gewohnt freundlich meine Omlette-Bestellung auf.
Der Himmel war bewölkt und auch für den Abend war keine Besserung vorhergesagt. Ich begann damit die Ausrüstung zu reinigen und aufzuräumen. Mit Blasebalg und Pinsel entfernte ich Sand von den Okularen, Objektiven und Sternkarten. Ian kam vorbei und nahm mich mit seinem Geländewagen zu einer Spontantour zu Sedimentgesteinen auf dem Farmgelände mit, um nach Versteinerungen zu suchen. Zurück in der Lodge notierte ich mir Rundfahrt-Tipps für eine zukünftige Namibia-Rundreise mit meiner Familie und begann die Koffer zu packen. Nach dem Abendessen verbrachte ich fast eine Stunde mit dem Online-Checkin unseres Fluges. Die Internetverbindung lief über „GPRS“, war stark schwankend und brach immer wieder ab. Dass man die Starlink Satelliten hier nicht nur kritisch sieht, kann ich jetzt verstehen. Wir setzen uns nochmal alle gemütlich zusammen und gingen gegen Mitternacht ins Bett.
Abreisetag (Freitag, 1. Juli)
Nach dem Frühstück und Abgabe des gemieteten Astro-Equipments in Farieds Lagerraum traten wir um 11:00 Uhr die Rückfahrt nach Windhoek an. Klaus und Robert bei Faried im Auto, Kamila und Matthias mit mir. Wir erfreuten uns ein letztes Mal am Anblick des Gamsbergs und der Hakosberge und sahen unterwegs Antilopen. Durch die Innenstadt von Windhoek ging es zum Flughafen, den wir nach insgesamt 3 ½ Stunden Fahrt erreichten. Wir tankten den Leihwagen und ich fuhr falsch herum in einen Kreisel; ich hatte den Linksverkehr ganz vergessen. Am Flughafen gaben wir das Fahrzeug zurück und verabschiedeten uns von Faried. Es folgten Gepäckaufgabe, Formulare mit winzigen Feldern für die Ausreise ausfüllen und die Sicherheitskontrolle. Im Wartebereich des Flughafens aßen und tranken wir, bis kurz vor dem Boarding eine weitere Sicherheitskontrolle durchgeführt wurde. Als die Zeit bis zum Abflug immer knapper wurde, wurden Passagiere der Business-Class und ältere (schwächere) Reisende kurzerhand an der Kontrolle vorbeigelassen. Das zu letzterer Gruppe auch Klaus gehörte, führte zu einigen Lachern unter uns. Um 18:45 Uhr saßen wir im Flugzeug und verließen kurz darauf Namibia. Der Flug verlief ruhig und um 5:00 Uhr landeten wir 30 Minuten früher als geplant auf dem Frankfurter Flughafen.
Fazit
Vor circa einem Jahr hatten wir den Entschluss gefasst, mit 5 Hobbyastronomen nach Namibia zu reisen. Aber welche Farm ist die richtige? Unser Dank gilt Resa, der uns die unterschiedlichen Astro-Möglichkeiten Namibias in mehreren Zoom-Sitzungen vorgestellt hatte, sowie Faried von Deep Sky Safaris, der uns bei der Auswahl der Astro-Ausrüstung beraten und über den die Reiseplanung und -Buchung gelaufen war.
Die Anreise mit Eurowings Discover verlief problemlos. Wenn man sich einen Platz mit mehr Beinfreiheit wählt und vor Abflug noch etwas Ordentliches am Flughafen isst, übersteht man den 10 1/2 stündigen Economy-Flug problemlos. Die Fahrt nach Rooisand im gemieteten Toyota Hilux über die Sand- und Schotterpisten war kein Problem. Koffer sollte man besser in Plastikfolie einpacken, um sie gegen Staub im Hardtop des Pickups zu schützen und sich während der Fahrt an die empfohlene Maximalgeschwindigkeit von 70 km/h halten.
Die Rooisand Dessert Ranch mit ihrer schönen Lage und dem abwechslungsreichen Ausflugsprogramm hat uns überzeugt: Nette Besitzer und die gastfreundlichen Farm-Manager, German und Maja. Ordentliche Zimmer mit sehr gutem Service. Sogar Wäsche kann man waschen lassen und bekommt sie am gleichen Tag gebügelt zurück. Die Farm ist praktisch autark: Trinkwasser stammt aus eigenen Brunnen. Strom und Warmwasser werden mit Solarzellen erzeugt und gespeichert. Von daher ist der sparsame Umgang mit den Ressourcen entscheidend! Einiges an Gemüse wird auf der Farm angebaut. Das Fleisch stammt aus eigener Tierhaltung und der Jagd. Was will man mehr!
Und wie sieht es mit gefährlichen Tieren aus? Als wir ankamen, hatte German gerade eine Speikobra an den Wassertanks des Berg-Chalet erschossen und in Kamilas Zimmer hatte sich einmal eine kleine Schlange verirrt. Mir selbst sind keine gefährlichen Tiere begegnet und ich würde zukünftig sogar den Camping -Platz nutzen oder Nächte im abseits gelegenen Berg-Chalet verbringen.
Das Astronomie-Angebot von DeepSkySafaris.com sollte ursprünglich im Jahr 2019 starten, wurde aber durch die Covid-19 Pandemie bis zum Frühjahr 2022 ausgebremst. Die Auswahl an Astro-Equipment und Zubehör ist groß und an weiteren Verbesserungen wird kontinuierlich gearbeitet. So wurden erst kurz vor unserer Anreise vier neue Betonplattformen mit Windschutz und Stromanschluss für die Astrofotografie eingerichtet. Weitre Säulen mit fest eingesüdeten Montierungen sollen folgen.
Die ersten Nächte eines längeren Astrourlaubs sollte man einplanen, um die geliehene Ausrüstung in Ruhe einzurichten und zu optimieren, bis alles perfekt läuft. Man ist im Urlaub und sollte sich keinen Stress machen!
Die intensive Vorbereitung zuhause mit Büchern wie „Southern Gems“ oder dem „The Night Sky Observers Guide“ (Band 1-4) hat sich gelohnt. Besonders hilfreich waren die Beobachtungsberichte vom meinem Astrofreund Timm, sowie die Planung der Objekt-Sichtbarkeiten mit der Software Eye & Telescope. Die Astro-Bücher und diverses Zubehör hätten wir gar nicht mitschleppen müssen. Dafür haben sich Winterkleidung zum Schutz vor Kälte, Wanderschuhe zum sicheren Laufen, Sonnencreme und eine Kappe, sowie Lippenbalsam und Augentropfen gegen die trockene Wüstenluft bewährt. Der Wind war teilweise sehr stark, was zu schlechtem Seeing und viel Sand in der Luft geführt hat. Die Ausrüstung muss auf jeden Fall gegen Umfallen gesichert und die Teleskope nach Gebrauch gegebenenfalls mit auf die Zimmer genommen werden. Ein Blasebalg war hilfreich, um den Sand von den Objektiven oder Spiegeln zu entfernen.
Die Beobachtung im 16“ Dobson hat mir riesigen Spaß gemacht. Ich habe meinen ruhigen Lieblingsplatz am Haus vorm Zimmer (abseits der Astrofotografen) gefunden und viele Objekte meiner Beobachtungsliste gesehen und einige davon gezeichnet. Die Nebel des Südhimmels, der erste Blick auf das Kreuz das Südens mit dem „Kohlensack“ und das Band der Milchstraße mit dem „Emu“ und dem Zentrum im Zenit werden mir lange in Erinnerung bleiben. Ich freue mich schon jetzt auf zukünftige Astroreisen nach Namibia und auf die Rooisand Dessert Ranch mit DeepSkySafaris.com.
Ein Bericht von Christian Roßberg (mit Ergänzungen von Dr. Robert Wagner).