Monitoring der Himmelshelligkeit mit einem TESS-W Photometer

Seit Juli 2023 befindet sich auf dem Dach der Volkssternwarte neben der Sternwarten Kuppel ein TESS-W Photometer zur Dauermessung der Himmelshelligkeit. Die Daten werden im Rahmen eines internationalen Messnetzwerkes der Initiative stars4all an die Universität Madrid übermittelt und dort visuell aufbereitet, archiviert und für Forschungszwecke bereitgestellt. Dies ermöglicht die Bestimmung der Himmelshelligkeit an Beobachtungsnächten in der Sternwarte sowie das Monitoring von Lichtverschmutzung in unserer Region. Die TESS-W Photometer wurden von der Universität Madrid kalibriert und ermöglichen somit den Vergleich mit anderen Standorten in Deutschland und weltweit.

Die Aufhellung des Nachthimmels über Darmstadt entsteht durch künstliches Licht, dass von Städten in unserer Region nach oben in die Atmosphäre abstrahlt und dort von Aerosolen wie Staub oder Wasserdampf gestreut und reflektiert wird.

Himmelshelligkeit (mag/arcsec²)

Das Messgerät ist in den Zenit ausgerichtet und mit einer Linse ausgestattet. Diese bündelt das Licht mit einer Halbwertsbreite (FWHM) von 17° Gesichtsfeld auf den Sensor. Die gemessene Flächenhelligkeit wird in der Einheit Magnitude pro Quadratbogensekunde (mag/arcsec² bzw. mpsas) ausgegeben. Höhere Messwerte bedeuten eine bessere Himmelsqualität (z.B. 21,6 mag/arcsec² über dem Sternenpark Rhön), niedrigere Messwerte (z.B. 19,5-20,2 mag/arcsec² über der Ludwigshöhe) eine stärkere Aufhellung des Himmels durch Kunstlicht und somit eine schlechtere Himmelsqualität.

Bis ca. 30 Grad über dem Horizont ist der Himmel insbesondere Richtung Rhein-Main Gebiet im Norden deutlich heller als im Zenit. Etwas dunkler ist er in Richtung Odenwald im Süd-Osten.

Die Messwerte werden beeinflusst von Dunst und Bewölkung, die zu einer stärkeren Reflexion des Stadtlichts und somit zu niedrigeren Messwerten führen. Starker Nebel kann andererseits zu einer Abdunklung des Fotometers und zu überhöhten Werten führen.

Aus diesem Grund verfügt das Messgerät über ein Thermometer zur Bestimmung der Umgebungstemperatur (tamb) und einem Infrarot-Sensor zur Messung der Himmelstemperatur (tsky). Der ungefähre Grad der Wolkenbedeckung wird berechnet mit der Formel: Cloud Cover [%] = 100 – 3* („tamb“ – „tsky“).

Bis unter 40% gilt der Himmel als klar (clear), 40-65% teilweise bewölkt (partly cloudy) und über 65% bedeckt (overcast). Aufgrund der diversen Einflussfaktoren ist es jedoch besser, den Himmel während der Messung vor Ort mit dem Auge oder einer All-Sky Kamera zu beurteilen und so repräsentative Messzeitpunkte zu bestimmen.

Weiteren Einfluss auf die Vergleichbarkeit von Messergebnissen haben Sonne und Mond. Die Sonne sollte mindestens 18° unter dem Horizont stehen, was in der Nacht nach Ende der astronomischen Abenddämmerung und vor Beginn der astronomischen Morgendämmerung der Fall ist. Messergebnisse im Zeitraum der „weißen Nächte“ um die Sommersonnenwende sind aus diesem Grund nicht repräsentativ. Des Weiteren darf der Mond noch nicht aufgegangen sein, da er den Himmel aufhellt und auf das Photometer strahlt.

Gesichtsfeld (FoV) des Photometers [1]
Spektralempfindlichkeit TESS-W Photometers (grün) und Unihedron SQM (blau). CIE Empflindlichkeitskurven des menschlichen Auges beim Nachtsehen (scotpic) und Tagsehen (photopic). [1]
Die Sommermilchstraße über der Sternwarte am 6.9.2023 22:25 Uhr (SQM 19,93).

Himmel ohne Lichtverschmutzung über Namibia am 22.6.2022 00:30 Uhr (SQM 21,78)

Auswertung und Visualisierung

Die unten dargestellte Grafik zeigt die Himmelshelligkeit während der Earth-Night am 15.9.2023. Sonnenuntergang war um 19:42 Uhr und der Mond ging um 20:02 Uhr unter. Mit Beginn der nautischen (=bürgerliche) Dämmerung um 20:15 Uhr betrugt die Himmelshelligkeit ca. 14 mag/arcsec² und es wurden die ersten hellen Sterne sichtbar. Zu dieser Zeit war der Himmel noch in Teilen bewölkt (vom Messgerät nicht erfasst). Um 21:34 Uhr war das Ende der astronomischen Dämmerung und die Sonne 18° unter dem Horizont. Die Himmelshelligkeit betrug 19,74 mag/arcsec². Ab 22:00 Uhr wird der Himmel dunkler (19,83 mag/arcsec²) mit einem sichtbaren Sprung um 22:30 Uhr (19,88 mag/arcsec²). Genau zu dieser Zeit wird in Darmstadt die Helligkeit von Teilen der Straßenbeleuchtung abgesenkt.

Ab 1:30 Uhr war der Himmel in dieser Nacht am dunkelsten mit 20,17 mag/arcsec². Ab 5:00 Uhr nimmt die Himmelshelligkeit wieder zu, bis um 05:11 Uhr die astronomische Morgendämmerung beginnt.

Interessant ist auch der direkte Vergleich zwischen dem Standort Ludwigshöhe in Darmstadt (Photometer „stars1045“) und der 6,5 km Luftlinie östlich gelegenen Gemeinde Roßdorf. Hier hat ein Vereinsmitglied ebenfalls ein Photometer („stars1046“) auf seinem Hausdach montiert. Zum Ende der astronmischen Abenddämmerung ist dort der Himmel mit 20,08 mag/arcsec² ca. 1,37x dunkler als auf der Ludwigshöhe. Ab 22:00 Uhr beginnt auch dort der Himmel dunkler zu werden. Um 0:05 Uhr nimmt die Helligkeit plötzlich ab und um 05:05 Uhr wieder zu. Dies könnte ebenfalls an Nachtabschaltungen und Nachtabsenkkung von Straßenbeleuchtung im östlichen Landkreis liegen. Die Ursache für den kurzzeitigen Helligkeitsanstieg um 4:54 Uhr in Darmstadt und im Landkreis muss noch gefunden werden. Vielleicht war es ein Meteorit oder Feuerball.

Direktlinks zu den Dashboards:

Download der Messwerte: https://fta-cloud.fis.ucm.es/index.php/s/WSswdLDA32BbBaE?path=%2F%2Fstars1045

Berechnung des Helligkeitsunterschieds

Die Magnituden-Skala ist logarithmisch. So ist der Himmel über der Ludwigshöhe mit ca. 20,00 mag/arcsec² ungefähr 2,5x so hell wie auf den Höhen des Fischbachtals mit 21,0 mag/arcsec² in guten Nächten. Im Sternenpark Rhön ist der Himmel mit ca. 21,60 mag/arcsec² in besten Nächten ca. 4,5x dunkler als über der Ludwigshöhe.

Der Faktor zum Vergleich zwischen Messergebnissen lässt sich mit folgender Formel berechnen:

Faktor = 10 0.4*(|Messwert1-Messwert2|)

Microsoft Excel: POTENZ(10;ABS(<messwert1>-<messwert2>)*0,4)

Visuelle Grenzgröße (NELM oder fst)

Die visuelle Grenzgröße ermittelt man üblicherweise anhand von Referenzsternen zum Beispiel im kleinen Wagen (Sternbild kleiner Bär) oder durch das Zählen von Sternen in Sternbildern. Sie entspricht der Magnitude des schwächsten, gerade noch mit bloßen Augen erkennbaren Sterns und ist stark vom Beobachter abhängig. Ein niedriger Wert bedeutet eine geringe Grenzgröße (schwächere Sterne und Himmelsobjekte sind nicht sichtbar), bei einem höherer Wert sind auch lichtschwächere Sterne und Objekte sichtbar. Gängige Abkürzungen sind NELM (Naked Eye Limiting Magnitude) oder fst (faintest star).

Für die ungefähre Umrechnung der mit dem Photometer gemessenen Himmelshelligkeit (mag/arcsec² bzw. mpsas) in die visuelle Grenzgröße (mag) gibt es einen Online Rechner basierend auf folgender Formel:

NELM (mag) = 7,93 – 5 * log(10(4.316-(<Messwert>/5))+1)

Microsoft Excel: 7,93-5*LOG(POTENZ(10;(4,316-(<Messwert>/5)))+1)

Hieraus ergibt sich für die Ludwigshöhe im Zenit Bereich eine visuelle Grenzgröße mit ca. 5,5 Magnituden (bei 20,0 mag/arcsec²) die unseren Beobachtungserfahrungen und der Bortle Klasse 6 („helle Vorstadt“ – 5,5 bis 5,1mag) an der Grenze zu Klasse 5 („Vorstadt“ 5,6 bis 6,0mag) entspricht. Der umgerechnete Wert von ca. 6,4mag (bei 21,6 mag/arcsec²) für den Sternenpark Rhön scheint hingegen etwas zu pessimistisch zu sein, hier schätzen wir die Bortle Klasse 3 („Land“ – 7,0 bis 6,6 mag).

Weiterführende Informationen und Quellen

[0] Bedienungsanleitung (Englisch): TESS Photometer Manual

[1] Technische Details (Englisch): STARS4ALL Night Sky Brightness Photometer

[2] Bauanleitung (Englisch): https://www.instructables.com/TESS-W-Night-Sky-Brightness-Photometer/

[3] Kalibrierung (Englisch): Absolute Radiometric Calibration of TESS-W and SQM Night Sky Brightness Sensors

Veröffentlichungen (Englisch): TESS-W Publications

Komponenten des Photometers

(1) dichroitischer Filter
(2) Platine mit Elektronik und Sensor (TSL237)
(3) WiFi Modul
(4) Nah-Infrarot Sensor zur Messung der Himmelstemperatur
(5) Heizung gegen Beschlag
(6) Fenster

Aufnahme des Photometers ([1])