Mikrolinsenereignis durch einen Riesenplaneten

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)

Hubble-Aufnahme einer roten Galaxie, die als Gravitationslinse für eine weiter entfernt liegende blaue Galaxie wirkt und deren Licht zu einem Bogen krümmt. Exoplaneten können durch einen ähnlichen Effekt, den Mikrogravitationslinseneffekt, entdeckt werden, wenn ein Vordergrundstern und sein ihn umkreisender Planet zufällig vor einem Hintergrundstern am Himmel vorbeiziehen und grelle Blitze erzeugen. Astronomen haben einen neuen Exoplaneten von der Größe Jupiters mit einem Mikrolinsenereignis um einen M-Zwergstern aufgespürt und benutzen dieses Ergebnis, um mit dessen Hilfe zwischen konkurrierenden Szenarien der Planetenentstehung zu entscheiden.
ESA/Hubble and NASA

Bis heute sind über 4300 Exoplaneten entdeckt worden, über neunzig Prozent von ihnen mit der Transit- oder Radialgeschwindigkeitsmethode. Von den verbleibenden zehn Prozent wurden 105 mit der Mikrolinsenmethode gefunden, die sich die Tatsache zu Nutze macht, daß der Weg eines Lichtstrahls durch die Anwesenheit eines massereichen Körpers gebeugt wird. Der Körper wirkt wie eine Linse (eine „Gravitationslinse“) und verformt das Bild eines Objekts, das hinter ihm zu sehen ist. Wenn ein massereiches Objekt zufällig vor einem Stern vorüberzieht, wirkt es wie eine Gravitationslinse und dadurch verursacht seine Bewegung über den Himmel, daß der Hintergrundstern kurz heller zu werden scheint. Wenn das Vordergrundobjekt ein Stern ist, der einen Planeten besitzt, können beide Objekte aufhellende Ereignisse hervorrufen, wenn sie vor dem Stern vorüberziehen. Die von ihnen verursachten Blitze, wie von der Erde aus gesehen, können modelliert werden, um Masse und Abstand der beiden Objekte zu bestimmen.

Die Mikrolinsenmethode hat gegenüber geläufigeren Techniken zum Auffinden von Exoplaneten zwei wichtige Vorteile. Der erste Vorteil ist, daß die Helligkeit des Mikrolinseneffekts nicht von der Helligkeit des sich bewegenden Körpers, sondern nur von dessen Masse, abhängt, was es ermöglicht, lichtschwache M-Zwergsterne von geringer Masse zu entdecken. Der zweite Vorteil ist, daß der den Mikrolinseneffekt bedingende Planet seinen Stern in einem großen Abstand, selbst bei vielen Astronomischen Einheiten, umkreisen kann. (Da normale Techniken wie die Transitmethode zum Auffinden von Exoplaneten viele Messungen über viele Umlaufperioden erfordert, Exoplaneten mit großen Umlaufbahnen jedoch Jahre benötigen, um ihren Zyklus zu vollenden, hat die übergroße Mehrheit aller gemessenen Exoplaneten bisher Umlaufbahnen, die kleiner als eine Astronomische Einheit sind.) Durch ihre großen Umlaufbahnen sind die entdeckten Riesenplaneten von ihren die Mikrolinsenereignisse verursachenden Heimatsterne weit genug entfernt, um sich jenseits der „Schneelinie“, dem Abstand, bei dem Oberflächenwasser gefrieren würde, aufzuhalten.

CfA-Astronomin Jennifer Yee arbeitet mit einer Gruppe von Astronomen des OGLE-Projekts (Optical Gravitational Lensing Experiment) zusammen, welche das Mikrolinsenereignis OGLE-2017-BLG-1049 entdeckte. Die Auswertung erfolgte unter Leitung ihrer Kollegen vom Korea Microlensing Telescope Network. Sie modellierten die aufhellenden Ereignisse unter Anwendung einiger glaubhafter Annahmen und folgerten, daß der Heimatstern ein M-Zwerg mit ungefähr 0.55 Sonnenmassen ist; der Planet besitzt ungefähr 5.5 Jupitermassen und umkreist seinen Stern in einer Entfernung von 3.9 Astronomischen Einheiten. Diese Resultate haben direkte Folgen für Modelle der Planetenentstehung. Vierundfünfzig der bekannten, durch Mikrolinsenereignisse entdeckten Exoplaneten sind, wie auch dieser, Riesen um M-Zwerge, ein Hinweis darauf, daß Planeten um M-Zwerge häufig sind. Im Kern-Akkretions-Modell der Planetenbildung, bei dem Planeten mit der Zeit aus kleineren Gesteinsbrocken aufgebaut werden, erwartet man dagegen nur sehr wenige Planeten um M-Zwergsterne zu finden. Das Ergebnis scheint stattdessen das alternative Scheiben-Instabilitäts-Modell zu stützen, in dem eine rotierende Scheibe zu Klumpen zerfällt, die Planeten bilden, und es sagt vorher, daß viele Planeten um M-Zwerge existieren.

Literatur:

“OGLE-2017-BLG-1049: Another Giant Planet Microlensing Event“

Yun Hak Kim et al.

Journal of the Korean Astronomical Society, 53, 161, 2020

oder

arXiv:2012.11080v3 [astro-ph.EP] 25 Feb 2021