Messung des Drehimpulses eines Schwarzen Lochs

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Künstlerische Darstellung eines rotierenden Schwarzen Lochs, das von einer Akkretionsscheibe umgeben ist. Astronomen haben mittels Röntgenspektroskopie den Drehimpuls eines Schwarzen Lochs mit der Masse der Sonne in der Milchstraße gemessen.
ESO, ESA/Hubble, M. Kornmesser

Ein Schwarzes Loch zeichnet sich, zumindest nach unserem heutigen Verständnis, dadurch aus, daß es „keine Haare“ besitzt, daß heißt, es ist so einfach, daß es durch nur drei Größen, seine Masse, seinen Drehimpuls und seine elektrische Ladung, vollständig beschrieben werden kann. Selbst wenn es sich aus einer komplexen Kombination von Materie und Energie gebildet hat, gehen alle anderen Informationen verloren, wenn sich das Schwarze Loch formt. Sein gewaltiges Gravitationsfeld erzeugt eine umschließende Oberfläche, einen „Horizont“, und alles, was diesen Horizont (sogar Licht) überquert, kann nicht entkommen. Demzufolge erscheint die Singularität schwarz und jede Information über das einfallende Material geht ebenfalls verloren und in den drei bestimmbaren Größen auf.

Astronomen können die Massen von Schwarzen Löchern auf einem relativ unkomplizierten Weg messen: Man beobachtet, wie sich Materie (einschließlich anderer Schwarzer Löcher) in deren Nachbarschaft, durch das Gravitationsfeld beeinflußt, bewegt. Die Ladung Schwarzer Löcher ist vermutlich ohne Bedeutung, da sich einfallende positive und negative Ladungen normalerweise gegenseitig aufheben. Der Drehimpuls Schwarzer Löcher ist viel schwieriger zu bestimmen, und wie bei der Masse baut man auf die Interpretation der Röntgenstrahlung vom heißen inneren Rand der Akkretionsscheibe um das Schwarze Loch. Eine Methode modelliert das Profil des Röntgenkontinuums und beruht auf guten Abschätzungen der Masse, der Entfernung und des Blickwinkels. Die andere Methode modelliert das Röntgenspektrum, darunter die beobachteten atomaren Emissionslinien, die oft als Reflektion durch das heiße Gas zu sehen sind. Dies hängt nicht von der Kenntnis vieler weiterer Größen ab. Die beiden Methoden haben im Allgemeinen vergleichbare Ergebnisse erbracht.

CfA-Astronom James Steiner und seine Kollegen untersuchten erneut sieben Datensätze von Spektren, die vom Rossi X-Ray Timing Explorer von einem Ausbruch eines stellaren Schwarzen Lochs in unserer Galaxis, genannt 4U 1543-47, aufgezeichnet wurden. Frühere Bemühungen, den Drehimpuls des Objekts mit Hilfe der Kontinuumsmethode abzuschätzen, ergaben zwischen den Veröffentlichungen Unterschiede, die viel größer waren als die förmlichen Unsicherheiten (die Arbeiten gingen von 9.4 Sonnenmassen und einer Entfernung von 24.7 tausend Lichtjahren aus.) Durch die Verwendung sorgfältig überarbeiteter Spektren und verbesserter Algorithmen zur Modellierung erhielten die Wissenschaftler einen Drehimpuls, der größenmäßig zwischen den früheren Ergebnissen liegt, von der Größenordnung her moderat ist (etwa 0.67) und erzielen eine Sicherheitswahrscheinlichkeit von 90%. Da bisher nur für einige Dutzend Schwarze Löcher gut bestätigte Drehimpulse gemessen wurden, ist das neue Ergebnis eine wichtige Ergänzung.

Literatur:

„The spin measurement of the black hole in 4U 1543-47 constrained with the X-ray reflected emission“

Yanting Dong, Javier A. García, James F. Steiner, and Lijun Gou

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 493, 4409, 2020

oder

arXiv:2002.11922v1 [astro-ph.HE] 27 Feb 2020