Das Megamaser Cosmology Project mißt das Alter des Universums

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Das Hubble Ultra Deep Field der Galaxien; die kleinsten und rötesten hier zu sehenden Galaxien stammen aus einer Zeit, als das Universum nur ungefähr 800 Millionen Jahre alt war. Der Wert einer wichtigen Größe in der Urknall-Kosmologie, die Konstante, die das Alter des Universums liefert, ist kürzlich in Frage gestellt geworden, da unterschiedliche Meßmethoden voneinander beträchtlich abweichende Resultate ergeben haben. Astronomen haben nun eine neue Methode, Megamaserstrahlung von sechs fernen Galaxien, angewandt, um einen dritten und womöglich genaueren Wert zu erhalten.
NASA, ESA, and S. Beckwith (STScI) and the HUDF Team

Ein Maser ist wie ein Laser Quelle einer hellen, einfarbigen elektromagnetischen Strahlung, mit dem Unterschied, daß Maserstrahlung nicht optisches Licht, sondern eine längerwellige Mikrowellenstrahlung ist. Dichte Molekülwolken im interstellaren Raum erzeugen bisweilen natürliche Maser, wenn besondere Moleküle (Wasser und OH sind zwei Beispiele) oder Atome durch die örtlichen Bedingungen angeregt werden, Strahlung in sehr engen Grenzen auszusenden.

Solch astronomische Maser wurden das erste Mal vor über fünfzig Jahren im Weltraum erkannt und sind seitdem an vielen Orten in unserer Milchstraße wie auch in anderen Galaxien entdeckt worden, wobei die spektakulärsten Beispiele in Regionen mit heftiger Sternentstehung gefunden wurden. In einigen Fällen übertrifft die in einer einzelnen Maserlinie abgegebene Energie die der Strahlung der Sonne über ihr gesamtes sichtbares Spektrum und macht Maser zu geschätzten Untersuchungssonden ihrer lokalen Bedingungen. Solche „Megamaser“ kann man im Zentrum von Galaxien mit aktiven supermassereichen Schwarzen Löchern finden. Deren Helligkeit macht sie unter Umständen zu dienlichen Werkzeugen für kosmologische Untersuchungen.

Neunzig Jahre, nachdem Edwin Hubble die systematischen Bewegungen von Galaxien entdeckte und George Lemaitre diese mit Hilfe der Einsteinschen Gleichungen der Relativitätstheorie als kosmisches Auseinanderstreben erklärte, sieht sich die beobachtende Kosmologie heute einer Herausforderung gegenüber. Es ist kein genauer und einheitlicher Wert für die Expansion, wie durch die Hubble-Konstante („H0“) beziffert, gefunden worden. Werte, die aus Eigenschaften von Galaxien oder der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung abgeleitet wurden, sind jede für sich genommen genau – aber untereinander stimmen sie um nahezu zehn Prozent nicht überein, und Beobachtungsfehler, obschon möglich, scheinen zu klein, um für die Unterschiede verantwortlich zu sein. Viele Astronomen vermuten, daß der Unterschied real ist und offenlegt, das in unserem Bild vom kosmischen Expansionsprozess derzeit etwas fehlt, vielleicht verbunden mit der Tatsache, daß die Daten der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung aus einer ganz anderen Epoche der kosmischen Zeit stammen als die Daten von den Galaxien und dies etwas wiederspiegelt, das bislang über die Vorgänge unbekannt ist, die den Urknall antreiben.

Das Megamaser Cosmology Project ist eine über viele Jahre gehende Kampagne, um Systeme mit dem Ziel zu finden, zu verfolgen und zu kartieren, um H0 auf eine Genauigkeit von mehreren Prozent mittels genauer geometrischer Entfernungsmessungen zu Wasser-Megamaser-Galaxien einzugrenzen, deren bekannte Fluchtgeschwindigkeiten auch nochmals genau gemessen wurden. Die CfA-Astronomen Dom Pesce und Mark Reid waren führende Mitglieder des Teams, das nun ihren verbesserten Wert für H0 von 73.9 ±3.0 (in üblichen Einheiten) entsprechend einem Alter des Universums (mit einigen Annahmen) von 12.9 ±0.5 Milliarden Jahren veröffentlicht hat. Für dieses Ergebnis verwendete das Team seine Untersuchungen von Megamasern in sechs Galaxien. Andere Projekte, die Messungen von Galaxien nutzten, haben von einem vergleichbaren Wert für H0 von etwa 74.0 berichtet, jedoch ergeben die Ergebnisse aus der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung des Satelliten Planck einen Wert von rund 67.4 für H0 und demgemäß ein Alter, das beträchtlich weiter zurückreicht: 14.2 Milliarden Jahre. Das Team merkt an, daß ihre zukünftigen Megamaser-Beobachtungen diese Genauigkeit weiter verbessern und Astronomen helfen werden, diesen bedenklichen Unterschied anzugehen.

Literatur:

„The Megamaser Cosmology Project. XIII. Combined Hubble Constant Constraints“

D. W. Pesce, J. A. Braatz, M. J. Reid, A. G. Riess, D. Scolnic, J. J. Condon, F. Gao, C. Henkel, C. M. V. Impellizzeri, C. Y. Kuo, and K. Y. Lo

The Astrophysical Journal Letters, 891, L1, 2020

oder

arXiv:2001.09213v2 [astro-ph.CO] 18 Feb 2020