Massereiche Sterne in der Nähe des galaktischen Zentrums

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Falschfarben-Infrarotbild der Zentralen Molekülzone in unserer Milchstraße. Astronomen haben Infrarot-Spektroskopie eingesetzt, um erstmals das Vorkommen von sehr jungen, massereichen Sternen in dieser ungewöhnlichen Region zu bestätigen. NASA / JPL-Caltech


 
Die Zentrale Molekülzone (ZMZ) unserer Galaxis ist ein gewaltiger Komplex aus molekularem Gas sowie Staub, der in den innersten 700 Lichtjahren der Milchstraße liegt. Obwohl die Galaxis über 100.000 Lichtjahre groß ist, findet sich nahezu 10% ihres molekularen Gases in der ZMZ. Den Astronomen ist bekannt, daß Gebiete mit dichtem Gas und Staub dazu neigen, neue Sterne hervorzubringen, weil das Material unter dem Einfluß der Schwerkraft zusammenfällt und sich aufheizt. Folglich sollte in der ZMZ eine beträchtliche Sternbildung ablaufen und in der Tat ist die ZMZ dank ihrer Sternentstehungsaktivität die Quelle von etwa 5% – 10% des infraroten und ultravioletten Lichts der Galaxis. Indizien sprechen dafür, daß sich in der ZMZ die Bedingungen für die Entstehung von Sternen von anderen Regionen erheblich unterscheiden – zum Beispiel sind Gasdrücke und Temperaturen höher als anderswo. Außerdem ist die Anwesenheit starker Magnetfelder, Gezeitenscherungen und Turbulenzen eine Herausforderung für das Standardmodell vom langsamen Schwerkraftkollaps der Verdichtungen in Molekülwolken. Astronomen, die das komplexe Puzzle der Sternbildung zusammenfügen, betrachten die ZMZ-Region als eine Umgebung zum Testen ihres Verständnisses der Sternbildung.
Es gibt viele indirekte Hinweise auf massereiche Sterne in der ZMZ; der Einfluß ist quer durch das Spektrum, vom Radio- bis zum Röntgenbereich, zu sehen. Doch gibt es zwischen uns und der ZMZ eine gewaltige Menge Staub – zum Beispiel wird optisches Licht um einen Faktor von etwa einer Billion abgeschwächt – und so war es schwer, dort junge, neue massereiche Sterne oder Protosterne sicher zu identifizieren. Spektroskopische Beobachtungen im Infraroten liefern eine wichtige Technik zur Identifizierung dieser Sterne, denn sie sind hierbei nicht so leicht zu verwechseln als bei Methoden, die auf stellaren Farben beruhen (entwickelte Sterne können, wenn sie stark von Staub abgeschwächt werden, farblich wie junge Sterne erscheinen). Diese jungen Sterne sind vermutlich diejenigen, die das Meiste über die wie auch immer gearteten, speziellen Entstehungsbedingungen oder der am Werk befindlichen Prozesse offenbaren können.
Zehn Wissenschaftler haben mittels des Spitzer-Weltraum-Teleskops das galaktische Zentrum, also die ZMZ und ihre Sterne, untersucht. Im Astrophysical Journal vom 10.09.2009 berichtet die Gruppe von dem ersten überzeugenden spektroskopischen Beweis für massereiche junge Sterne in der ZMZ. Sie identifizierten drei solcher Objekte aus dem Vorkommen von spektralen Eigenheiten für warmes molekulares Gas in deren Photosphären (oder Hüllen), Eigenschaften, die aus Untersuchungen junger Sterne vertraut sind, die der Erde viel näher stehen. Obschon für die Bestimmung der in Konkurrenz stehenden Einflüsse der verschiedenen physikalischen Prozesse in der ZMZ eine weitaus größere Zahl an jungen Sternen und weitere Modellentwicklungen erforderlich sind, bedeuten die neuen Ergebnisse dennoch einen entscheidenden Schritt mit dem Ziel, die große Bandbreite der Umgebungen, in denen die massereichen, jungen Sterne entstehen können, besser zu verstehen.