Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)
Sternentstehung in Molekülwolken tritt in der Regel in einem 2-Stufen-Prozeß auf. Zuerst verdichten Überschallströmungen die Wolken zu dichten, Lichtjahre langen Filamenten, dann läßt die Schwerkraft das dichteste Material in den Filamenten zu Kernen kollabieren. Massereiche Kerne, jeder mit mehr als ungefähr zwanzig Sonnenmassen, bilden sich bevorzugt an Schnittstellen, an denen sich die Filamente kreuzen und sie Orte konzentrierter Sternentstehung bilden. Der Prozeß sollte effizient sein, jedoch beträgt die beobachtete Sternentstehungsrate in dichtem Gas nur wenige Prozent von der zu erwartenden Rate, wenn das Material wirklich ungehindert kollabieren würde. Um das Problem zu lösen, haben Astronomen vorgeschlagen, daß Turbulenz und/oder Magnetfelder den Kernen gegen einen gravitativen Kollaps Hilfestellung leisten.
Magnetfelder sind schwierig zu messen. Eine verbreitete Methode ist, das polarisierte Licht zu messen, da Magnetfelder längliche Staubkörner im interstellaren Medium ausrichten können, die dann Licht mit einer bevorzugten Polarisationsrichtung streuen; dies macht es möglich, die Feldstärken abzuschätzen. Die CfA-Astronomen Junhao Liu und Qizhou Zhang standen einem Team vor, das die Submillimeter-Anlage ALMA einsetzte, um die polarisierte Strahlung in drei massereichen Kernen in einer Dunkelwolke mit einer räumlichen Auflösung von ungefähr 0.7 Lichtjahren zu untersuchen; dies ist klein genug, um die räumlichen Strukturen der Kerne zu erforschen. Die Region liegt etwa fünfzehntausend Lichtjahre entfernt in unserer Galaxis und ist dafür bekannt, mehr als zehn potentielle sternbildende Kerne mit Massen zwischen einhundert und eintausend Sonnenmassen zu besitzen. Drei der Kerne zeigen Anzeichen dafür, daß Sternentstehung im Gang ist, und die Forscher beobachteten diese drei Kerne in ihrer Submillimeter-Kontinuumstrahlung sowie mit der Molekülstrahlung ihres Kohlenmonoxidgases und mehrerer anderer Moleküle.
Jeder der drei Kerne unterscheidet sich geringfügig in Masse, Temperatur, Gasbewegungen und Unterstrukturen, vielleicht zum Teil deshalb, weil sie sich in verschiedenen Stadien ihrer Sternentstehungsaktivität befinden. Die Astronomen finden in allen drei Klumpen Magnetfelder, aber die Stärken unterscheiden sich ebenfalls geringfügig und liegen zwischen 1.6 und 0.32 Milligauß (zum Vergleich: die Stärke des Magnetfelds an der Oberfläche der Erde beträgt durchschnittlich rund 500 Milligauß). Die Analyse der Energetik zeigt, daß Turbulenz in den Gasbewegungen die Effekte der Magnetfelder übertrifft (oder mit ihnen vergleichbar sind) und daß die magnetische Kraft alleine den gravitativen Kollaps nicht verhindern kann. Allerdings können die Felder auf anderem Wege eine wichtige Rolle spielen: Es gibt zwölf Abströmungen von den jungen Sternen in diesen Kernen und die Hälfte davon ist annähernd an den Magnetfeldrichtungen ausgerichtet. Da Abströmungen mit den Scheibenstrukturen um junge Sterne zusammenhängen, spricht dies dafür, daß die Felder eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Scheiben spielen, während sie sich in den frühen Stadien der Sternbildung entwickeln.
Literatur:
“Magnetic Fields in the Early Stages of Massive Star Formation as Revealed by ALMA”
Junhao Liu, Qizhou Zhang, Keping Qiu, Hauyu Baobab Liu, Thushara Pillai, Josep Miquel Girart, Zhi-Yun Li, and Ke Wang
The Astrophysical Journal 895, 142, 2020
oder
arXiv:2005.01705v2 [astro-ph.GA] 5 Jun 2020