Heizen der Sonnenkorona (Originalartikel vom 27.09.2019)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Ein koronales Schleifensystem in der Sonne, gesehen im Ultravioletten mit der Kamera des Solar Dynamics Observatory. Das Bild umfaßt etwa achtzigtausend Kilometer der Sonnenoberfläche. Der Interface Region Imaging Spectrograph maß kurzlebige Aufhellungen in der Schleife, die es Astronomen ermöglichte, erstmals die mögliche Bedeutung nichtthermaler Elektronen für die Aufheizung nicht flackernder, aber aktiver koronaler Regionen der Sonne zu identifizieren. Reale et al. 2019

Die heiße, äußere Schicht der Sonne, die Korona, hat eine Temperatur von über einer Million Kelvin, viel mehr als die Oberflächentemperatur der Sonne, die nur rund 5500 Kelvin beträgt. Die Korona ist zudem sehr aktiv und stößt einen Wind aus geladenen Teilchen mit einer Rate ab, die pro Jahr etwa einem Millionstel der Masse des Mondes entspricht. Einige dieser Partikel beschießen die Erde, erzeugen Polarlichter und unterbrechen sporadisch globale Verbindungen. Es gibt zwei wichtige, schon lange Zeit bestehende und verwandte Fragen zur Korona, an denen Astronomen arbeiten, um Antworten zu finden: Wie kann die Korona auf Temperaturen geheizt werden, die so viel heißer als die Oberfläche sind? Und wie erzeugt die Korona den Wind?

Man vermutet, daß die Rolle stoßartiger Ereignisse der Schlüssel zur Lösung dieses Problems ist. Flares (auch Fackeln genannt) sind die auffälligsten dieser Phänomene, aber man vermutet, daß Flaring sich bis auf kleinste Aktivitätsskalen abspielt – sogenannte Nanoflares. Die Herkunft und Eigenschaften der Mechanismen, die die Energie in Flares freisetzen, sind oft durch lokale Aufheizeffekte überdeckt und Meßinstrumente müssen ausreichende Empfindlichkeit, schnelle Ansprechzeit und etwas Glück besitzen, um nützliche Daten von Flares inmitten des komplexen, brodelnden Hexenkessels an Aktivität zu erhalten, während Nanoflares lichtschwach und schwer faßbar sind. Man vermutet, daß Ereignisse mittlerer Größenordnung wichtige Wege aufzeigen, die Prozesse der Energiefreisetzung zu untersuchen.

CfA-Astronom Paola Testa war Mitglied in einem Team von Astronomen, das Flares mit Hilfe von IRIS (Interface Region Imaging Spectrograph) untersuchte, einem Instrument an Bord des Solar Dynamics Observatory, einem kleinen Forschungssatelliten der NASA, der 2013 gestartet wurde (das Teleskop für IRIS wurde durch das SAO bereitgestellt). Kürzlich beobachtete IRIS mittelgroße Flaring-Ereignisse, die durch Aufhellungen an den Basisflächen koronaler Schleifen entdeckt wurden und durch hohe Geschwindigkeiten aufsteigender Bewegungen geprägt sind, die von stoßartigem Aufheizen verursacht werden. IRIS hat von hochionisiertem Silizium die ultraviolette Linie gemessen, um stark verändernde Aktivität über Zeitspannen von zwanzig bis sechzig Sekunden aufzudecken und belegt, daß magnetische Aktivitätsschleifen vorhanden sind.

Die offenkundige Übereinstimmung zwischen der von IRIS beobachteten Aufhellung und diesen koronalen Schleifen veranlaßte die Forscher, eine systematische Untersuchung dieser Ereignisse durchzuführen. Die Wissenschaftler berichten, daß die örtlich begrenzten Aufhellungen, an der Basis sehr heißer koronaler Schleifen gefunden, tatsächlich als Systeme von wechselwirkenden Schleifen behandelt werden können und folgern, daß die Wechselwirkungen der Schleifen die charakteristisch hohen Temperaturen und andere Verhaltensweisen verursachen, welche die Produktion von mittelgroßen Flares kennzeichnen.

Literatur:

„Impulsive Coronal Heating from Large-scale Magnetic Rearrangements: From IRIS to SDO/AIA“

Fabio Reale, Paola Testa, Antonino Petralia, and David R. Graham

The Astrophysical Journal, 882, 7, 2019

oder

arXiv:1907.02291v1 [astro-ph.SR] 4 Jul 2019