Vorbereitung und Anreise
Nach der gelungenen Perseiden-Exkursion im Jahr 2018 war schnell klar, dass auch in diesem Jahr unsere Vereinsexkursion in den Sternenpark Rhön zur Hohen Geba in der Gemeinde Rhönblick gehen sollte. Der Sternenpark ist Teil des Biosphärenreservats Rhön in dem durch optimierte Beleuchtung die Lichtverschmutzung deutlich reduziert wird. Das dient dem Artenschutz und bietet optimale Bedingungen für astronomische Beobachtungen.
Bereits im Vorfeld begannen wir mit der Optimierung des Equipments. Es wurden gemeinsam die Beobachtungsplanung erstellt und Objekte vorbesprochen.
Die Anreise erfolgte tagsüber in kleinen Fahrgemeinschaften. Der bei Abfahrt klare Himmel wurde mit Erreichen des Ziels immer stärker bewölkt. Was die Nacht wohl bringen würde?
Im Hotel Träbeser Bauernstube übernachteten in diesem Jahr Uli, Robert S., Daniel, Stephan mit Tochter Martha sowie das Astrofoto-Duo Rainer und Roman. Christoph übernachtete wie im vergangenen Jahr in seinem Wohnmobil auf dem Berg. Hinzu gesellten sich in drei Zelten: Marco, Christian H.L. mit Sohn Philipp sowie Christian R. mit Sohn Benjamin. Peter und Robert W. wohnten ebenfalls auf dem Berg in der Ferienwohnung.
Die Hotelgäste und Peter trafen sich zum gemeinsamen Abendessen gegen 19:00 Uhr im Hotel. Die Bergbewohner bauten zunächst ihre Teleskope auf, machten Picknick an einer langen Tafel und genossen die Abendstimmung. Zum Ende der astronomischen Dämmerung gegen 22:15 Uhr hatten alle ihr Equipment aufgebaut und die Beobachtungsnacht konnte beginnen.
Auf der westlichen, 4. Plattform standen Stephan mit einem 5″ Apo und Christian H.L. mit einem 10“ Dobson. Daneben Robert S. mit einem Vixen Binokular und Benjamin mit einem 8″ Dobson. Auf der 3. Plattform Christoph mit einem 16″ Dobson, Christian R. mit einem 5″ Apo und daneben Robert W. mit einem Celestron C8. Auf der 2. Plattform hatte Christian R. einen Windschutz aufgebaut und versuchte sich nebenbei an Astrofotos mit Teleobjektiv. Daneben stand Marco und fotografierte durch sein Teleskop. Auf der 1. Plattform im Osten hatten Rainer und Roman hinter einem Windschutz ihre fotografische Ausrüstung aufgebaut, um Aufnahmen der Milchstraße zu machen. Etwas abseits des Trubels hatten sich im Süd-Osten Daniel und Peter mit ihren Fotoapparaten positioniert.
Gruppenfoto an den Teleskopen (mit Zelten im Hintergrund)
Beobachten bis zur Morgendämmerung
Obwohl sich die Wolken inzwischen verzogen hatten, war es zunächst leicht dunstig und die Sicht bis ca. 20° über dem Horizont nicht optimal. Sehr zur Freude von Uli, war es angenehm warm und fast windstill. Wir begannen mit der geplanten Beobachtungstour im Bereich der Schildwolke mit Objekten wie dem Lagunen Nebel (M8), Schwanennebel (M17) oder dem Adlernebel (M16). Benjamin hatte mit dem Auffinden von Ringnebel (M57) oder Herkuleshaufen (M13) seine ersten Erfolgserlebnisse am Dobson. Robert S. freute sich über Besucherinnen, denen er einige Paradeobjekte zeigen und Geschichten über die Astronomie erzählen konnte.
Warten auf den Sonnenuntergang Gleicht geht’s los…
Christian R. genoss die Ansicht des Wildentenhaufens bei ca. 50x Vergrößerung im 5“ Apo. Als die Sicht vor Allem im Zenit immer besser wurde (fst* 5,8), machten sich gegen 0:30 Uhr Christian H.L. und Christian R. auf die Suche nach dem Crescent Nebel (NGC 6888), den Christian R. im 5“ Apo früher bereits vergeblich gesucht hatte. Und tatsächlich: im 22mm Okular mit OIII Filter, etwas Geduld und indirektem Sehen erschien dieser leicht geschwungen um eine Sternkonstellation, die wir „kleines Herkules Trapez“ tauften. In diesem Bereich ist der Emissionsnebel, der von einem Wolf-Rayet-Stern zum Leuchten gebracht wird, im Visuellen am deutlichsten zu sehen. Die zentralen Bereiche des Nebels sind ebenfalls erkennbar und gegen den Hintergrund abgegrenzt.
Auch der Nordamerikanebel war leicht zu erkennen, selbst in den weniger hellen Bereichen. Ein „Abfahren“ der gesamten Struktur mit einem OIII-Filter war leicht möglich. Gegenüber dem Nordamerikanebel befindet sich der Pelikannebel. Dieser ist in den heimischen Gefilden im Odenwald nicht zu erkennen, hier aber ist er gegen den Hintergrund abgegrenzt und man erkennt einen nach außen auslaufenden Nebel.
Gegen 1:30 Uhr machte sich Christian R. auf den Weg zum Helixnebel (NGC 7293) der im 5“ Apo bei 20x Vergrößerung im 30mm Okular und UHC Filter aufgrund des Dunstes schwach zu erkennen war. Er zog weiter durch den Perseus zur Andromeda Galaxie, in der man sogar leichte die Dunkelwolken erkennen konnte.
von Christian Höhn-Lucht am 10“ Dobson mit 24mm + 14mm Okular.
Die meisten Teilnehmer waren inzwischen ins Bett gegangen.
Da die Sicht im Zenit inzwischen richtig gut war, trauten wir uns nun an primär fotografische Objekte. Bereits das erste Objekt, der Reflexionsnebel Irisnebel (NGC 7023) im Sternbild Cepheus war ein Volltreffer und für Christian R. das Beobachtungshighlight der Nacht: bei erster Ansicht im 5“ Apo und 21mm Okular fiel ein verwaschener, bläulicher Stern auf, dessen Umfeld erstaunlich „leer“ war. Stellte man diesen Stern etwas an den Rand des Okulars und näherte man sich diesem mit indirektem Sehen, erschien auf einmal ein blauer Nebel um den Stern. Zeitweise hatte man sogar den Eindruck eine kleine Dunkelwolke in Form eines Dreiecks zu erkennen.
Es war schon beeindruckend, was der dunkle Himmel im Bereich der Cassiopeia alles hergab: im 5“ Apo waren im Herz– und Seelennebel (IC 1805 / IC 1848) helle Segmente zu erkennen. Kopf und Mund des „Pacman“ Nebel (NGC 281) war deutlich sichtbar. Im C8 konnte Robert W. zudem die einzelnen Sterne des Mehrfachsternsystem Burnham 1 in der Mitte des Pacman-Nebels bei 120x Vergrößerung entdecken. Mit dem 5“ Apo gelang es Christian R., die Blase des Bubble-Nebels (NGC 7635) unter Einsatz eines OIII Filter zu beobachten.
Erst als das Sternbild Orion gegen 4:00 Uhr gut sichtbar im Osten stand bemerkten wir, dass die Beobachtungsnacht zu Ende geht. Noch ein letzter Blick auf Plejaden, Orionnebel und das Trapez. Dann bauten auch Robert W., Christoph sowie Christian H.L. und Christian R. ab und legten sich ins Bett.
Auf ins Dampflokwerk Meiningen
Für die meisten unserer Hotelgäste begann der Morgen mit einem festen Programmpunkt: Nach dem bekanntlich reichhaltigen Frühstück in der Träbeser Bauernstube ging es kurz nach 9:00 Uhr auf nach Meiningen. Dort stand eine Werksführung durch das Dampflokwerk Meiningen auf dem Programm. Zur Mittagszeit gab es Brotzeit auf der Hohen Geba mit anschließender Ruhepause im Rhönkulturgarten.
Uli und Robert S. hingegen starteten gegen 10:00 Uhr mit einer gemütlichen Rundwanderung zum Träbeser Loch, schauten sich ein paar Ortschaften an und waren rechtzeitig zu Kaffee und Kuchen zurück im Hotel.
Besichtigung des Dampflokwerk Meiningen Beobachtungsplanung für die zweite Nacht
Ein gemütlicher Samstag für die Bergbewohner
Der Morgen auf dem Berg begann gemächlich und bei schönem Wetter. Nach und nach machten wir uns fertig. Christoph kochte in seinem Camper leckeren Kaffee für unser Langschläfer-Frühstück. Gegen Mittag fuhren wir in die Stadt Meinigen und parkten am Parkplatz „Zentrum-West“. Durch die Fußgängerzone ging es zum Marktplatz vorbei an schönen, alten Häusern. Dort gab es zur Stärkung erst einmal eine Thüringer Bratwurst und ein leckeres Eis zum Nachtisch. Zurück ging es entlang der Werra durch den Schlosspark vorbei an der gusseisernen Bogenbrücke. Nach Ergänzung unseres Lebensmittelvorrats fuhren wir zurück auf den Berg.
Am Nachmittag war dann Ausruhen angesagt, um die notwendige Energie für die nächste Beobachtungsnacht zu sammeln. Es gab Kaffee und Kuchen an der Berghütte und eine Besprechung der Beobachtungsziele der kommenden Nacht. In aller Ruhe wurden die Teleskope aufgebaut und gegen 19:00 Uhr gab es Brotzeit in der Abendsonne. Etwas später trafen auch unsere Hotelbewohner ein, bauten ihr Equipment auf und es war Zeit für ein Gruppenfoto. Im Anschluss wurde der Sonnenuntergang genossen und fotografiert.
Klare Sicht in stürmischer Nacht
Das Equipment zur visuellen Beobachtung: 5″ Apo, 10″ Gitterrohr Dobson, Vixen Binokular, 8″ Dobson, 16″ Gitterrohr Dobson, 5″ Apo und Celestron C9. Im Hintergrund 2 Plattformen mit grünem Windschutz für die Astro-Fotografie.
Der zweite Beobachtungsabend begann deutlich windiger. Christian R. und Stephan verglichen die Abbildungen ihrer baugleichen 5“ Apos und versuchten den Doppelstern Zeta Herculis aufzulösen. Dieser lag mit ca. 1,1 Bogensekunden dicht bei der theoretischen Auflösungsgrenze der Teleskope. Evtl. konnten kurz vom Schärfepunkt zwei Beugungsringe erkannt werden. So ganz sicher waren sie sich aber nicht. Es wurden einige Objekte des Vorabends nochmal genauer ins Okular genommen. Die dunklen Bereiche des Lagunen Nebels (M8) waren im 5“ Apo bei ca. 40x Vergrößerung und UHC Filter deutlich sichtbar und auch Teile des Trifidnebels (M20) waren zu erkennen.
Ein besonderes Highlight war für R. Wagner die Beobachtung verschiedener Nebel im Sternbild Schützen: Besonders gut ließen sich die dunklen Bänder des Trifidnebels mit dem 16“ Dobson von Christoph ausmachen. Ein Vergleich von M17 im 5“ Apo, C8 und 16“ Dobson mit OIII-Filter war besonders reizvoll: Während im 5“ Apo der Nebel von der Form her an einen Schwan erinnerte, traten im C8 mit einem 35mm Panoptic-Okular noch weitere schwächere Nebelanteile nördlich davon zutage. Im 16“ Dobson schien der Hals des Schwans deutlich verlängert, was die von Herschel vorgeschlagene Bezeichnung Omeganebel erklärt.
Im „Körper“ des Schwans ließen sich zudem zahlreiche dunkle Strukturen erkennen. Die Nebelanteile nördlich davon traten noch stärker hervor als bei Beobachtung mit dem C8.
Am Katzenaugennebel (NGC 6543) im Drachen wurde diese vergleichende Beobachtung mit dem 5“ Apo, dem C8 und 16“ Dobson von Christoph und Robert W. wiederholt: Im 16“ Dobson war inmitten des blaugrünen, ovalen Nebelscheibchens dessen 10,9 mag heller Zentralstern besonders gut zu erkennen. Hier trat ein ähnlicher Blinkeffekt wie bei NGC 6826 auf: Direktes Beobachten ließ den Nebelanteil schwächer werden und den Zentralstern hervortreten, während bei indirektem Sehen der Nebel deutlicher wurde.
Ab 1:00 Uhr wurde der Wind immer stärker und im Süd-Westen waren Wetterleuchten zu sehen; vermutlich von einer Gewitterfront aus der Pfalz. Die Sicht war jetzt sehr gut und transparent. Wunderschön lag das Band der Milchstraße über uns und lud zu Beobachtung ohne Teleskop ein. Peter war begeistert nach langer Zeit einmal wieder die Milchstraße so deutlich zu sehen und Daniel freute sich über den „sauberen Himmel“.
Mit zunehmendem Wind wurden Teleskope abgebaut und für die meisten begann die Nachtruhe.
Christian H.L. und Christian R. beschlossen, die Beobachtung fortzusetzen und bauten ihre Teleskope an windgeschützter Stelle wieder auf. Nordamerika-Nebel (NGC7000) und der benachbarte Pelikan-Nebel (IC5070) erschienen vor dem dunklen Himmel im 5“ Apo bei 30x Vergrößerung mit UHC Filter noch kontrastreicher als am Vorabend. Problemlos konnten die Nebel mit dem Teleskop abgefahren werden.
Die Milchstraße war bereits mit bloßem Auge sehr strukturiert und verzweigt (fst* 5,8). Im Fernglas (15×50) zeigten sich viele weitere Details wie Sternenfelder und Dunkelnebel die über Filamente miteinander verbunden sind. Der Nordamerikanebel war als leicht erhelltes Gebiet zu erkennen. Nach Einschrauben von Nebelfiltern (OIII + UHC) in das Fernglas trat der Nebel deutlich und abgegrenzt aus dem Sternenmeer hervor. Der Pelikannebel war nicht eindeutig zu erkennen und nur bei indirektem Sehen zu erahnen.
Auch die Beobachtung von Standardobjekten mit dem Teleskop wie Ringnebel (M57) und Hantelnebel (M27, äußere Bögen des Nebels waren sichtbar) machten bei diesen Bedingungen viel Spaß. Im Cirrusnebel war die Struktur der Knochenhand (NGC6992) ausgeprägt und die Finger waren deutlich zu erkennen. Als Wolken von Westen aufzogen und der Himmel gegen 3:00 Uhr vollständig bewölkt war, bauten auch Christian und Christian ihre Teleskope ab und gingen ins Bett.
Heimfahrt mit Wanderung durchs Rote Moor
Der Morgen auf dem Berg begann wieder gemütlich mit gemeinsamem Frühstück und dem Abbau der Zelte. Die meisten Hotelgäste waren inzwischen abgereist als die Bergbewohner gegen 11:00 Uhr die Hohe Geba verließen. Peter, Daniel, Benjamin und Christian R. nutzten das gute Wetter und fuhren durch die Kernzone des Biosphären Reservats, dem Höhenzug „Lange Rhön“ noch ans Rote Moor. Dort war es mit 19 Grad kühl und Pfützen auf den Wegen deuteten darauf hin, dass es nur 40 Km vom Beobachtungsplatz aus in der vergangenen Nacht geregnet hatte. Nach einem Rundweg gab es am Nabu Haus noch Würstchen mit Kartoffelsalat, bevor auch sie die Heimreise antraten.
Es war ein sehr eindrucksvolles Beobachtungswochenende mit langen Nächten unter dunklem Himmel. Das Biosphärenreservat Rhön hat auch tagsüber einiges zu bieten. Und das alles nur 2 Autostunden von Darmstadt im lichtverschmutzen Rhein-Main Gebiet entfernt. Wir kommen auf jeden Fall wieder…
Gruppenfoto der Teilnehmer am 16″ Gitterrohr Dobson
Ein Bericht von Christian Höhn-Lucht, Robert Wagner und Christian Roßberg