Geschocktes Gas bei Galaxienkollisionen

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Bild der kollidierenden Galaxien, die als Antennen bekannt sind, im Optischen und nahen Infrarot aufgenommen. Astronomen haben mit dem ALMA Submillimeter Array Hinweise auf geschocktes Gas nahe dem Kern der nördlichen (oberen) Galaxie gefunden und stellen die These auf, daß die Ursache dafür in die Kernregion einfallendes Material ist.
ESA / Hubble & NASA

Zusammenstöße zwischen Galaxien, besonders bei solchen, die reich an molekularem Gas sind, können Sternentstehungsausbrüche auslösen, die den Staub aufheizen und das zu ihrem hellen Leuchten im Infraroten führt. Astronomen vermuten, daß es zudem große Gasströme hin zu den zentralen Regionen der Galaxien gibt, welche die Sternentstehungsaktivität antreiben können. Einströmendes Gas sollte, sobald es mit dem Gas in den inneren Bereichen kollidiert, gewaltige Schockwellen hervorrufen, die das Gas selbst zum Leuchten bringen sollten. Einige Hinweise für Gaszuflüsse auf galaktischen Größenordnungen sind entdeckt worden, aber es hat nur wenige, durch Beobachtung bestätigte Effekte des einströmenden Materials in die innere Region des galaktischen Kerns gegeben.

Die Astronomen Junko Ueda, David Wilner und Giovanni Fazio vom CfA benutzten das ALMA Submillimeter Array, um mit Kollegen das Gas in den Zentralregionen der Antennen-Galaxien, dem nächstgelegenen, halb verschmolzenen Galaxiensystem (ungefähr 72 Millionen Lichtjahre entfernt) zu untersuchen. Die Sternentstehungsrate in diesem System wird auf ungefähr zehn Sonnenmassen pro Jahr geschätzt, wovon vieles außerhalb der zentralen Region beider Galaxien (der sogenannten „Überlappungsregion“) umgesetzt wird; die beiden galaktischen Kernregionen selbst scheinen niedrigere Sternentstehungsraten aufzuweisen.

Die Astronomen untersuchten die Sternentstehung in einer der beiden Kernregionen, deren Gasmenge dem 100-fachen im Zentrum der Milchstraße entspricht. Sie maßen die Emission von fünf organischen Molekülen: CN, HCN, HCO+, CH3OH (Methanol) sowie HNCO (Isocyansäure) und suchten nach Hinweisen für eine durch Schockwellen ausgelöste Aktivität. Und sie konnten diese nachweisen. Insbesondere Methanol und Isocyansäure wurden in diesem Objekt zum ersten Mal belegt und zeigen in ihren Intensitäten, Verhältnissen und Geschwindigkeiten deutliche Hinweise auf eine Anregung durch Schockwellen. Der Befund zur räumlichen Verteilung der Strahlung legt nahe, daß die Schockwellen eher durch Einfall als durch die Kollision verursacht werden. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, daß der angeregte Sternentstehungsausbruch regionale Schockwellen hervorruft, die zur Schockwellenaktivität beitragen. Auch wenn weitere Arbeiten notwendig sind, deuten die Ergebnisse bislang darauf hin, daß einfallendes Material vermutlich für die Beobachtungen verantwortlich ist.

Literatur:

„ALMA Observations of the Dense and Shocked Gas in the Nuclear Region of NGC4038 (Antennae Galaxies)“

Junko Ueda, Yoshimasa Watanabe, Daisuke Iono, David J. Wilner, Giovanni G. Fazio, Satoshi Ohashi, Ryohei Kawabe, Toshiki Saito, and Shinya Komugi

Publications of the Astronomical Society of Japan (2017), Vol. 69, No. 1