Ein Schwarzes Loch in einem Röntgendoppelstern niedriger Masse

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine optische Aufnahme des Kugelsternhaufens 47 Tuc, aufgenommen von Hubble. In diesem und anderen Kugelsternhaufen kommen zahlreiche Röntgendoppelsterne niedriger Masse vor. Astronomen berichten von einer Entdeckung, bei der es sich um den ersten Röntgendoppelstern niedriger Masse handeln könnte, in dem der kompakte Partner eher ein Schwarzes Loch als ein Neutronenstern ist.
NASA / Hubble Space Telescope

Ein Kugelsternhaufen ist eine nahezu kugelförmige Ansammlung von Sternen (bis zu mehreren Millionen), die durch die Schwerkraft aneinander gebunden und normalerweise in den äußeren Regionen von Galaxien finden sind. Röntgendoppelsterne niedriger Masse (engl. low mass X-ray binary stars = LMXBs) sind Systeme, in denen ein Stern kompakt ist (ein Neutronenstern oder Schwarzes Loch) und Materie von einem Begleitstern akkretiert. Astronomen haben schon lange bemerkt, daß es in Kugelsternhaufen minimal mehr LMXBs als andernorts in der Galaxis gibt, ein Überschuß, der gewöhnlich der hohen Sterndichte in Kugelsternhaufen zugeschrieben wird. Doch dies lenkt die Aufmerksamkeit auf ein anderes ungewöhnliches Merkmal der LMXBs in Kugelsternhaufen. In der Galaxis selbst entstehen die meisten LXMBs aus Doppelsternen, wenn diese altern und sich entwickeln, aber für Kugelsternhaufen ist nachgewiesen worden, daß die meisten LXMBs entstehen, wenn sich kompakte Objekte begegnen und einen anderen Stern einfangen. Es gibt in Kugelsternhaufen viele Neutronensterne, aber Schwarze Löcher, die sich in diesem dichten stellaren Umfeld bilden, sollten entweder in das Zentrum des Kugelsternhaufens sinken oder durch die Schwerkraft nach ihrer Entstehung aus dem Haufen herausgeschleudert werden. Zusätzlich haben alle LMXBs, die in Kugelsternhaufen zu finden sind, einen Neutronenstern als Partner.

Der CfA-Astronom Javier Garcia war Mitglied eines Teams, das LMXBs im Kugelsternhaufen 47 Tuc untersuchte. Sie entdeckten einen X9 genannten LMXB, bei dem ein Schwarzes Loch der Partner zu sein schien, und falls diese Deutung richtig ist, wäre dies der erste derartige Fall in unserer Galaxis. Durch zeitgleiche Beobachtungen der Quelle mit Chandra, NuSTAR und dem Australia Compact Array sowie archivierten Datensätzen spürte das Team ein Signal mit einer 28 minütigen Modulation auf, die von einem Schwarzen Loch mit ungefähr einer Sonnenmasse hervorgerufen würde, das von einem Weißen Zwerg mit ungefähr 0.02 Sonnenmassen umkreist wird. X9 besitzt einige weitere ungewöhnliche Eigenschaften, wozu eine Präzessionsperiode von 6.8 Tagen und einer für LMXBs relativ hohen Massenübertragungsrate, ungefähr das Siebenmillionste der Erdmasse pro Jahr, gehört.

Literatur:

„The Ultracompact Nature of the Black Hole Candidate X-Ray Binary 47 Tuc X9“

Arash Bahramian,Craig O. Heinke, Vlad Tudor, James C. A. Miller-Jones, Slavko Bogdanov, Thomas J. Maccarone, Christian Knigge, Gregory R. Sivakoff, Laura Chomiuk, Jay Strader, Javier A. Garcia and Timothy Kallman

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 467, 2199–2216 (2017)