Unterdrückte Sternentstehung im frühen Universum (Originalartikel vom 10.05.2019)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Karte eines Galaxienclusters, welche die Dichte der galaktischen Mitglieder in dem massereichen Cluster SPT-CLJ0421 abbildet. Astronomen, die fünf solche Cluster aus der Zeit um ungefähr 4.5 Milliarden Jahre nach dem Urknall untersuchten, kommen zu dem Ergebnis, daß die dortige Sternentstehung unterdrückt ist. Symbole zeigen die Positionen einzelner Galaxien an und das Kreuz kennzeichnet den Ort der SPT-Messung.
Strazzullo et al. 2019

Massereiche Galaxiencluster, einige mit einer Masse von mehr als einhundert Milchstraßen, sind bereits in kosmischen Epochen von ungefähr drei Milliarden Jahren nach dem Urknall entdeckt worden. Ihre fortwährende Sternentstehung macht sie hell genug, um bei diesen Entfernungen entdeckt zu werden. Diese Art von Cluster wurde durch Simulationen der kosmologischen Entwicklung vorausgesagt, aber ihre Eigenschaften sind ungewiß. Astronomen, die die Entwicklung von Sternen im Universum zusammenfügen, sind besonders an diesen Clustern angesichts deren Reichtums an Sternen und Aktivität interessiert.

Sternbildung in Galaxien ist keinesfalls ein konstanter Prozeß. Nicht nur, daß es zu Ausbrüchen an Aktivität kommen kann, möglicherweise durch einen Zusammenstoß mit einer benachbarten Galaxie ausgelöst, auch das Gegenteil kann eintreten. Sternbildung kann selbstbegrenzend sein, da die massereichen jungen Sterne der Galaxien Winde und Supernovae hervorbringen, welche die für ihre Entstehung notwendigen Molekülwolken auseinanderreißen können und zukünftige Sternentstehung verhindern. In Verbindung mit Störungen, die durch Jets von aktiven zentralen supermassereichen Schwarzen Löchern verursacht werden, nennt man diesen unterdrückenden Prozeß „Quenching“ und man vermutet, daß er Sternentstehung zum Erliegen bringen kann. Ob Quenching im frühen Universum auftritt oder nicht, und wann und wie es verläuft, ist ein wichtiges Arbeitsgebiet in der kosmologischen Forschung.

Die CfA-Astronomen Matt Ashby und Esra Bulbul sind Mitglieder des Südpol-Teleskop-Teams (SPT), das massereiche Galaxiencluster im frühen Universum entdeckte und untersucht. Jüngst beendeten sie eine Folgestudie zur Sternentstehung und den Sternbeständen in den entferntesten Clustern, die in den SPT-Durchmusterungen gefunden wurden. Sowohl die IRAC-Kamera an Bord des Spitzer-Weltraum-Teleskops als auch die Wide Field Kamera des Hubble-Weltraum-Teleskops nutzend, untersuchten sie fünf Cluster, die aus einer Zeit von ungefähr 4.5 Milliarden Jahren nach dem Urknall stammen, einer Epoche, in der Galaxien generell besonders aktiv bei der Produktion von neuen Sternen waren. Cluster dieser Größe sind bei diesen Entfernungen äußerst selten und dies ist die erste, jemals durchgeführte Untersuchung von solchen Clustern. Unter Verwendung der infraroten Farben für die Galaxien in den ausgewählten SPT-Clustern konnten die Wissenschaftler die Sterne und die Sternbildungsaktivität bestimmen. Die Forscher fanden heraus, daß, seltsamerweise, die massereichen Cluster während dieser Zeit dazu neigen, eine Konglomerat von Galaxientypen zu beheimaten, in der stille Galaxien ziemlich häufig sind. Augenscheinlich ist in diesen stillen Mitgliedern der Cluster das Unterdrücken (Quenching) der Sternentstehung bereits eingetreten. Die Astronomen folgern, daß Sternbildung in den zentralen Regionen der massereichsten Cluster sogar in diesen frühen kosmischen Zeitabschnitten, als die intensivste Sternentstehung aufgetreten ist, wirksam unterdrückt werden kann.

Literatur:

„Galaxy Populations in the Most Distant SPT-SZ Clusters: I. Environmental quenching in massive clusters at 1.4. – z -.1.7“

V. Strazzullo, M. Pannella, J. J. Mohr, A. Saro, M. L. N. Ashby, M. B. Bayliss, S. Bocquet, E. Bulbul, G. Khullar, A. B. Mantz, S. A. Stanford, B. A. Benson, L. E. Bleem, M. Brodwin, R. E. A. Canning, R. Capasso, I. Chiu, A. H. Gonzalez, N. Gupta1, J. Hlavacek-Larrondo, M. Klein, M. McDonald, E. Noordeh, D. Rapetti, C. L. Reichardt, T. Schrabback, K. Sharon, and B. Stalder

Astronomy & Astrophysics 622, A117, 2019

oder

arXiv:1807.09768v2

[astro-ph.GA]

6 Feb 2019