Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Die künstlerische Darstellung eines Blazars. Astronomen haben eine Gammastrahlenquelle entdeckt, die, obwohl in vielen Dingen ein Blazar zu sein scheint, keine Radioemission zeigt – ein Merkmal, daß sie einzigartig (bis jetzt) und sehr schwer verständlich macht.
NASA – JPL
Ein Blazar ist eine Galaxie mit einem intensiv hellen zentralen Kern, der ganz wie ein Quasar ein supermassereiches Schwarzes Loch beherbergt. Der Unterschied besteht darin, daß ein Blazar Licht von extrem hochenergetischer Gammastrahlung aussenden kann, die manchmal mehr als 100 Millionen Mal energiereicher ist als die höchsten Energien, die das Chandra-Röntgen-Observatorium untersucht. Des Weiteren ändert sich die gesamte Strahlung eines Blazars auf spektakuläre Weise mit der Zeit und alle bekannten Blazare sind bei Radiowellenlängen hell.
Astronomen vermuten, daß das rätselhafte Verhalten von Blazaren damit zu erklären ist, daß Materie, die in die Nähe des massereichen Schwarzen Lochs fällt, mit hohen Geschwindigkeiten in Form energiereicher, eng gebündelter Jets aus geladenen Teilchen ausbricht. Die beobachtete starke Röntgen-, Gamma- und Infrarotstrahlung sowie zusätzlich die Änderungen der Strahlung sind vermutlich die Folgen unserer glücklichen Lage, bei der wir direkt von oben auf die Jets blicken können. In den meisten anderen Galaxien stammt die infrarote Strahlung von Staub, der entweder über die Sternentstehung oder durch ultraviolette Strahlung aus der Umgebung des massereichen Schwarzen Lochs und eben nicht durch den Jet eines Blazars erwärmt wird.
Alessandro Paggi, Raffaele D’Abrusco, Jonathan Grindlay und Howard Smith, Astronomen am CfA, haben jüngst gemeinsam mit Kollegen eine neue Methode veröffentlicht, um Blazare zu finden und zu untersuchen. Sie entdeckten, daß die Infrarotfarben von Blazaren, die von dem neuen NASA-Satelliten WISE gemessen wurden, so ungewöhnlich sind, daß Objekte mit diesen Farben höchstwahrscheinlich Blazare sind. Siebenundneunzig Prozent der bekannten Blazare wurden unter Tausenden von anderen WISE-Quellen leicht durch ihre Infrarotfarben erkannt.
Es gibt etwa 1.873 bekannte Gammastrahlenquellen. Etwa ein Drittel von ihnen sind ziemlich rätselhaft, zum Teil deshalb, da die sehr ungenauen räumlichen Position es nicht erlaubt haben, die Gammastrahlenquellen mit einzelnen Galaxien in Verbindung zu bringen, die mit optischen Teleskopen untersucht werden können. Die Astronomen entdeckten, daß ungefähr die Hälfte der unbekannten Gammastrahlenquellen vernünftigerweise mit Blazaren, die infrarotes Licht aussenden, identifiziert werden konnte; die durch den Satelliten WISE erhaltenen, viel genaueren Koordinaten erlauben nun ausführliche Folgebeobachtungen.
Unlängst flackerte eine nicht identifizierte Gammastrahlenquelle auf. Dies veranlasste das Team zu prüfen, ob auch diese Quelle ein infrarotes, Blazar-ähnlich gefärbtes Gegenstück hatte, das mit dieser Position vereinbar ist. Es gab tatsächlich ein Gegenstück. Jedoch gibt es ein Rätsel – das Gegenstück ist kein bekannter Blazar, noch besitzt es die charakteristischen Eigenschaften eines Blazars und das trotz einer für Blazare typisch infraroten Farbe: von diesem Gegenstück läßt sich keine Radiostrahlung messen, auch eine Änderung der Strahlung mit der Zeit ist nicht bekannt und obschon es ein Röntgenemitter ist, steht die restliche Energieverteilung im Gegensatz zur Energieverteilung der meisten Blazare. Es ist möglich, daß eine andere, nah gelegene Galaxie das tatsächliche Gegenstück zum Gammastrahler ist, aber all die in Frage kommenden Kandidaten weisen andere Widersprüche auf, die mit dem Verhalten eines Blazars unvereinbar sind. Sollte die mit WISE aufgenommene infrarote Quelle tatsächlich das Gegenstück zu dem Gammastrahlenausbruch sein, bedeutet das Fehlen von Radioemission, daß eine rätselhafte neue Klasse einer extragalaktischen Quelle auftritt, die irgendwie die Radiostrahlung unterdrückt. Wenn es sich bei der WISE-Quelle nicht um das Gegenstück zur Gammastrahlenquelle handelt, bleibt das Fehlen der Radiostrahlung immer noch ein Blazar-Rätsel. Weitere Forschungen sind notwendig, um das Rätsel zu lösen, doch hat die Arbeit die eindrucksvollen Möglichkeiten der Multi-Wellenlängen-Forschung bislang verdeutlicht.