Die rätselhafte Messung von Röntgenstrahlung von Pluto

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Bild des Chandra-Röntgen-Observatoriums von Pluto (und seiner Umgebung). Das Bild ist aus mehreren Schnappschüssen mit Pluto im Zentrum zusammengesetzt, um seine Messung zu maximieren, einige andere Objekte stellen sich deshalb aber als Striche dar. Astronomen waren überrascht und irritiert zu entdecken, daß die Röntgenstrahlung so kräftig ist wie bei Objekten des Sonnensystems mit viel beträchtlicheren Atmosphären.
Chandra; Lisse et al. 2017

Pluto ist der größte bekannte Körper, der zum Kuiper-Gürtel gehört, eine rotierende Scheibe aus kleinen Objekten, die sich annähernd von der Umlaufbahn des Neptun bis auf fünfzig AE von der Sonne weg erstreckt (eine AE ist die durchschnittliche Entfernung Erde – Sonne). Von Pluto ist bekannt, daß er eine Atmosphäre besitzt, die ihre Ausdehnung und Dichte mit seinen Jahreszeiten ändert und vorläufige Ergebnisse vom Vorbeiflug der Sonde New Horizons zeigten, daß die Atmosphäre hauptsächlich aus Stickstoff aufgebaut ist. Pluto ist wie alle Objekte des Sonnensystems vom interplanetaren Sonnenwind umgeben und die Art, wie er mit dem Wind in Wechselwirkung steht, hängt von den Eigenschaften seiner Atmosphäre ab. Die meisten Modelle zur Atmosphäre des Pluto vor dem Vorbeiflug der Sonde New Horizons sagten voraus, daß sie ziemlich ausgedehnt ist. Wenn der Sonnenwind mit neutralem Gas wie Stickstoff wechselwirkt, soll Röntgenstrahlung hervorgerufen werden; solch eine Strahlung ist bei anderen Körpern des Sonnensystems, wie Kometen, Venus und Mars zu beobachten. Daher beschlossen Astronomen, mit dem Chandra-Röntgen-Observatorium nach gleichartiger Strahlung von Plutos Atmosphäre zu suchen.

CfA-Astronom Scott Wolk war Mitglied eines Teams, das die Chandra-Messungen durchführte. Bei ihrem dichten Vorbeiflug entdeckte New Horizons, daß die Atmosphäre des Pluto nicht so ausgedehnt war, als man es erwartet hatte und das Gas eine Entweichrate in den Weltraum aufwies, die hunderte Mal niedriger lag als gedacht. Aber zur Überraschung der Forscher war die Röntgenstrahlung dennoch hoch, deutlich höher als für die nicht so ausgedehnte Atmosphäre erwartet werden konnte. Röntgenstrahlung von anderen Objekten des Sonnensystems stammt beispielsweise von starken Aurorae oder von Streuung der solaren Röntgenstrahlung an kleinen Staubkörnern, die aus Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff aufgebaut sind. Doch von diesen ist die von Pluto stammende Röntgenstrahlung, obwohl ziemlich stark, in ihrer Energieverteilung verschieden. Der Grund für die Röntgenstrahlung bleibt rätselhaft, aber die Astronomen überlegen, ob sich die Röntgenstrahlung aus einem Prozeß/einigen Prozessen ergeben könnte, der den Sonnenwind nahe bei Pluto bündelt, um die Wirkung seiner bescheidenen Atmosphäre zu verstärken.

Literatur:

„The Puzzling Detection of X-rays from Pluto by Chandra“

C.M. Lisse, R.L. McNutt Jr. , S.J. Wolk, F. Bagenal, S.A. Stern, G.R. Gladstone, T.E. Cravens, M.E. Hill, P. Kollmann, H.A. Weaver, D.F. Strobel, H.A. Elliott, D.J. McComas, R.P. Binzel, B.T. Snios, A. Bhardwaj, A. Chutjian, L.A. Young, C.B. Olkin, and K.A. Ennico

Icarus Volume 287, 1 May 2017, Pages 103-109