Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Seit 1926 Edwin Hubble sein Klassifikationsschema für Galaxien vorschlug, haben zahlreiche Studien die physikalischen Mechanismen untersucht, die für die Formen von Spiralgalaxien und elliptischen Galaxien verantwortlich sind. Da aber die Prozesse vielschichtig sind, stützen sich Untersuchungen immer wieder auf Computersimulationen als ihr wichtigstes Hilfsmittel. Die Scheiben von Galaxien sollen sich durch den Kollaps von Gas formen, das seinen anfänglichen Drehimpuls im frühen Universum erwirbt. Während ihrer späteren Entwicklung durchlaufen Galaxien eine Vielzahl von Phänomenen, beginnend bei der Akkretion von Materie – oder ihrer Abströmung – bis hin zu Verschmelzungen mit anderen Galaxien, die alle den Drehimpuls der Scheibe ändern.
Astronomen sind der Auffassung, daß sich Spiralgalaxien mit den größten galaktischen Scheiben bevorzugt in Protogalaxien mit dem höchsten Drehmoment bildeten, obwohl frühere Versuche, diese Vorhersage mit Hilfe von Computersimulationen zu bestätigen, fehlschlugen. (In jüngerer Zeit können Simulationen diesen Trend nachweisen.) Andererseits sollen elliptische Galaxien die Überreste von wiederholten Galaxienverschmelzungen sein, aber ihre Form hängt von vielen Einzelheiten, wie den Massen der Galaxien, dem Gehalt an Gas und den Kollisionsparametern ab. Daher müssen diese Verschmelzungen in kosmologischem Zusammenhang mit einer großen Zahl an Beispielen betrachtet werden, um ihre Entwicklung aus einem statistischen Blickwinkel zu bewerten.
Die CfA-Astronomen Vicente Rodriguez-Gomez, Annalisa Pillepich und Lars Hernquist leiteten ein Team, das die Erscheinungsbilder von ungefähr achtzehntausend Galaxien in der Computersimulation Illustris untersuchte. Sowohl scheiben- als auch kugelförmige Galaxien entstanden in dieser Simulation auf natürliche Weise. Sie fanden, daß massereiche verschmelzende Galaxien sich in Abhängigkeit von ihrem Gasgehalt zu Spiralen oder kugeligen Formen entwickeln, (wie abzusehen, da die Sternentstehungsaktivität entscheidend vom Gas abhängt). Unerwarteterweise entdeckten sie, daß für Galaxien mit geringerer Masse – in etwa die Masse der Milchstraße oder geringer – Verschmelzungen scheinbar keine wichtige Rolle bei der Festlegung der Morphologie spielen. Der Grund scheint zu sein, daß bei Verschmelzungen mit größerer Masse eine Galaxie viel mehr Sterne von dem Kollisionspartner übernimmt und dieses eine kritische Rolle spielt. Die wichtigste Schlußfolgerung der Gruppe besteht darin, daß nur bei massereichen Galaxien Verschmelzungen der beherrschende Faktor in der Formgebung des Systems ist.
Literatur:
“The Role of Mergers and Halo Spin in Shaping Galaxy Morphology”
Vicente Rodriguez-Gomez, Laura V. Sales, Shy Genel, Annalisa Pillepich, Jolanta Zjupa, Dylan Nelson, Brendan Griffen, Paul Torrey, Gregory F. Snyder, Mark Vogelsberger, Volker Springel, Chung-Pei Ma, and Lars Hernquist
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 467, 3083–3098 (2017)