Die Bildung von Riesenplaneten

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine Hubble-Aufnahme der protoplanetaren Scheibe um TW Hydra. Bei Beobachtungen mittels Submillimeter-Wellen konnte die Verteilung von Material in der Scheibe und ihre Folge für das Wachstum von Gasriesen gemessen werden.
NASA / Hubble Space Telescope

Die Planeten unseres Sonnensystems bildeten sich auf Umlaufbahnen, die von der anfänglichen Verteilung der Materie im solaren Nebel abhing. Insbesondere behauptet die gängigste Theorie zur Bildung von Gasriesen, daß ihre aus Stein und Eis bestehenden Kerne sich nach und nach durch Aneinanderhaften kleinerer Planetesimale formten, bis sie schließlich massereich genug wurden, um die gasförmigen Hüllen zu akkretieren. Die räumliche Verteilung von Gas in einem primitiven Nebel ist daher nicht nur für die Akkretion der Atmosphäre seiner Riesenplaneten ausschlaggebend, sondern auch für die Bildung dieser frühen Planetesimale. Viele junge Sterne sind von Staubscheiben umgeben, aus denen sich neue Planeten bilden werden. Da dieser Staub im Infraroten strahlt, haben Astronomen die Scheiben im Infraroten untersucht, um die Modelle zur Entwicklung des Sonnensystems einzuschränken. Allerdings liegt nur etwa ein Prozent der Materie in Form von Staub vor; den Hauptanteil bildet Gas, das viel schwieriger zu messen ist. Astronomen haben es versucht, können aber bislang in erster Linie nur die Oberflächenschicht des Gases, die über dem Großteil des Massevorrats liegt, messen.

Ilse Cleeves vom CfA und ihre Kollegen benutzten ALMA, um die ersten räumlich aufgelösten Beobachtungen der Strahlung von Gas in einer protoplanetaren Scheibe, der zu uns am nächsten gelegenen Scheibe um TW Hydra, zu erhalten. Sie beobachteten das Gas in einer recht seltenen Isotopenspezies des CO, die es ihnen ermöglichte, die komplette Dicke der Scheibe zu sondieren. Durch Kombination ihrer Ergebnisse mit anderen Datensätzen konnten sie die Temperatur sowie die Häufigkeit von Gas und Staub in der gesamten Scheibe eingrenzen. Sie konnten zudem bestimmen, wie sich diese Zahlenwerte mit der Entfernung vom Stern ändern, insbesondere in der wichtigen Zone von etwa fünf bis zwanzig Astronomischen Einheiten, wo man die Bildung von Riesenplaneten erwartet (eine AE ist die durchschnittliche Entfernung Erde – Sonne).

In der Zeitschrift Nature Astronomy berichten die Forscher, daß das Verhältnis von Gasmasse zu Staubkornmasse (für Körner in der Größe von Millimetern) etwa 140 beträgt. Da das nominale Massenverhältnis von Gas zu Staub bei ungefähr 100 liegt, vermutet das Team, daß mindestens 2.4 Erdmassen an Staub sich bereits zu größeren Teilchen, ein Zentimeter oder mehr, verbunden haben und zu groß sind, um von ALMA gesehen zu werden. Sie stellen fest, daß die vom Stern wegführende Verteilung von Gas viel flacher als die nominellen Erwartungen für unser Sonnensystem ist, auch wenn es mit einigen anderen theoretischen Modellen übereinstimmt. War die Masseverteilung des solaren Nebels ungefähr so wie in der Scheibe von TW Hydra, bedeuten die Ergebnisse, daß die Bildung von Riesenplaneten unabhängig von der Masseverteilung des Gases gewesen sein muß.

Literatur:

„Mass Inventory of the Giant-Planet Formation Zone in a Solar Nebula Analogue“

Ke Zhang, Edwin A. Bergin, Geoffrey A. Blake, L. Ilsedore Cleeves, and Kamber R. Schwarz

Nature Astronomy Volume 1 Issue 6, June 2017