Die niedrige Dichte einiger Exoplaneten bestätigt (Originalartikel vom 21.06.2019)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine künstlerische Darstellung des Sternsystems Kepler-9 und zwei seiner Planeten. Astronomen haben die sehr geringen Dichten von zwei Planeten in Kepler-9 sowohl mit der Transit-Timing- als auch der Radialgeschwindigkeitsmethode bestätigt.
NASA, Jet Propulsion Laboratory/California Institute of Technology, Ames Research Center

Die Kepler-Mission und deren Verlängerung, genannt K2, entdeckte Tausende von Exoplaneten unter Verwendung der Transitmethode, bei der die Verringerung der Lichtintensität gemessen wurde, wenn ein umkreisender Planet aus Sicht von der Erde vor seinem Heimatstern vorbeizog. Über die Transits kann man nicht nur die Umlaufzeit messen, sondern aus der genauen Tiefe und Form seiner Transitkurve sowie den Eigenschaften des Heimatsterns oft auch die Größe des Exoplaneten bestimmen. Die Transitmethode mißt aber nicht die Masse des Planeten. Dagegen erlaubt die Radialgeschwindigkeitsmethode, die das Pendeln eines Sterns unter dem gravitativen Zug eines umlaufenden Planeten mißt, die Messung seiner Masse. Kennt man den Radius und die Masse des Planeten, erlaubt dies die Bestimmung der durchschnittlichen Dichte und daraus kann man Anhaltspunkte auf seine Zusammensetzung herleiten.

Vor ungefähr fünfzehn Jahren erkannten Astronomen, daß in Planetensystemen mit mehreren Planeten das regelmäßig wiederkehrende gravitative Zerren eines Planeten an einem anderen deren Bahnparameter ändern wird. Auch wenn die Transitmethode die Massen von Exoplaneten nicht direkt messen kann, kann sie die verursachten Bahnänderungen messen und diese können modelliert werden, um daraus Massen abzuleiten. Kepler hat hunderte Exoplanetensysteme mit Transit-Timing Variation* identifiziert und Dutzende Systeme wurden erfolgreich nachgestellt. Überraschenderweise schien dieses Verfahren auf eine Vorherrschaft von Exoplaneten mit sehr niedrigen Dichten zu stoßen. So scheint das System Kepler-9 zwei Planeten mit Dichten von 0.42 beziehungsweise 0.32 g/cm3 zu haben. (Zum Vergleich: die durchschnittliche Dichte der felsigen Erde beträgt 5.51 g/cm3, Wasser hat definitionsgemäß 1.0 g/cm3 und der Gasriese Saturn weist 0.69 g/cm3 auf.) Die verblüffenden Ergebnisse ließen erhebliche Zweifel an einer oder mehreren Annahmen der Transit-Timing Variation Methode aufkommen und rief jahrelange Unsicherheit hervor.

Die CfA-Astronomen David Charbonneau, David Latham, Mercedes Lopez-Morales und David Phillips sowie ihre Kollegen testeten mit der Radialgeschwindigkeitsmethode die Verlässlichkeit der Transit-Timing Variation Methode durch Messung der Planetendichten in Kepler-9, dessen zwei dem Saturn verwandte Planeten zu einer kleinen Gruppe von Exoplaneten gehören, deren Massen mit beiden Techniken gemessen werden können (wenn auch nur mühevoll). Sie nutzten bei sechzehn Beobachtungskampagnen das HARPS-N Spektrometer am Telescopio Nazionale Galileo auf La Palma; HARPS-N kann üblicherweise Geschwindigkeitsänderungen mit einem Fehler von nur etwa zweiunddreißig Kilometer pro Stunde messen. Ihre Resultate bestätigen die sehr geringen Dichten, die mit der Methode des Transit-Timing Variation erhalten wurden und weisen deren Leistungsfähigkeit nach.

Literatur:

„HARPS-N Radial Velocities Confirm the Low Densities of the Kepler-9 Planets”

L. Borsato, L. Malavolta, G. Piotto, L. A. Buchhave, A. Mortier, K. Rice, A. C. Cameron, A. Coffinet, A. Sozzetti, D. Charbonneau, R. Cosentino, X. Dumusque, P. Figueira, D. W. Latham, M. Lopez-Morales, M. Mayor, G. Micela, E. Molinari, F. Pepe, D. Phillips, E. Poretti, S. Udry, and C. Watson

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 484, 3233–3243 (2019)

oder

arXiv:1901.05471v1 [astro-ph.EP] 16 Jan 2019

* Transit-Timing Variation

Wenn ein Exoplanet entlang unserer Sichtlinie vor seinem Heimatstern vorbeizieht, wird dieser auf einer ungestörten Kepler’schen Umlaufbahn mit einer festen, vorherberechenbare Periode passieren. Wenn die Umlaufbahn eines Exoplaneten durch Interaktionen mit anderen Planeten gestört ist, führen die gestörten Umlaufbahnen zu Verschiebungen des Zeitabschnitts im Transit (Transit Timing Variations = TTVs). Diese TTVs können genutzt werden, die Anwesenheit von unsichtbaren Begleitern herzuleiten oder, falls der Begleiter ebenfalls Durchgänge hat, genaue Informationen über die Masse des begleitenden Planeten zu liefern.

Literatur:

„The Use of Transit Timing to Detect Terrestrial-Mass Extrasolar Planets”

Matthew J. Holman and Norman W. Murray

Science 25 Feb 2005: Vol. 307, Issue 5713, pp. 1288-1291