Die Natur verdeckter aktiver galaktischer Kerne (Originalartikel vom 11.10.2019)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Ein Radiobild der Galaxie 3C 062 und der Jets aus dem Kern mit seinem superleuchtkräftigen, supermassereichen Schwarzen Loch. Die leuchtkräftigsten AGN, so wie dieser hier, besitzen eine Leuchtkraft von mehr als einer Billion Sonnen. Astronomen haben Beobachtungen bei mehreren Wellenlängen von achtundzwanzig dieser Objekte zusammengefaßt, um ihre Ähnlichkeiten zu bestimmen und fanden keine weiteren gemeinsamen, markanten Eigenschaften. Sie folgern, daß die Strahlung mit Episoden heftiger Verschmelzungen verbunden ist. VLA

Die meisten Galaxien beheimaten in ihrem Kern ein supermassereiches Schwarzes Loch (engl.: supermassive black hole = SMBH), eines, dessen Masse eine Million Sonnenmassen übersteigt. Sobald Material kräftig auf ein SMBH akkretiert, können damit einhergehende Prozesse einen aktiven galaktischen Kern (engl.: active galactic nucleus = AGN) mit einem heißen Torus und eindrucksvollen bipolaren Jets aus sich schnell bewegenden, geladenen Teilchen hervorbringen. Die leuchtkräftigsten AGN, die man kennt, strahlen über zehn Billionen Sonnenleuchtkräfte ab. Astronomen versuchen zu verstehen, was AGN antreibt, wie sie sich entwickeln und wie ihre Jets und Strahlung ihr Umfeld beeinflussen, und diese extremen Objekte sollen wichtige Einsichten liefern.

Quasare sind wohl die bekanntesten leuchtkräftigen AGN. Ihre Kerne sind sichtbar und durch Staub relativ wenig verdeckt. Aber es gibt Fälle, bei denen der um den Kern gelegene Torus aus Materie zufällig unsere Sichtlinie blockiert. Diese unsichtbaren AGN haben keine sichtbaren Emissionslinien und fehlen daher oft bei Untersuchungen, aber sie sind notwendig, um einen vollständigeren Blick auf die Population zu liefern. Eine herausragende Frage ist, ob diese sehr leuchtkräftigen AGN durch nicht sehr heftige Akkretion auf sehr massereiche Schwarze Löcher oder stattdessen durch extreme Akkretionsraten auf Schwarze Löcher von mäßiger Masse oder vielleicht von irgendetwas dazwischen angetrieben werden.

CfA-Astronom Fabio Pacucci war Mitglied eines großen, internationalen Wissenschaftlerteams, das Beobachtungen aus dem X-Ray Burst Alert Telescope AGN Spectroscopic Survey (BASS) des Satelliten Swift mit optischen, Radio- und Infrarot-Datensätzen zusammenführten. Das Team untersuchte achtundzwanzig der leuchtkräftigsten, relativ nah gelegenen AGN, von denen die meisten in elliptischen Galaxien gefunden werden. Abgesehen von ihrer spektakulären Kernaktivität haben diese Objekte keine weiteren auszeichnende Eigenschaften; zum Beispiel umfaßt der Bereich ihrer Radioemission einen Faktor von zehntausend und die abgeleiteten Massen ihrer supermassereichen Schwarzen Löcher überspannen ebenfalls einen großen Bereich. Einige der Ergebnisse sind überraschend: Da die Jets für die Radiostrahlung verantwortlich sind, war man der Meinung, daß die Intensität im Radiobereich stärker mit der Röntgenstrahlung oder den Massen der Schwarzen Löcher in Verbindung stehen würde. Die Autoren folgern auf der Grundlage ihrer Probengröße, daß, wenn die Ergebnisse durch umfangreichere Untersuchungen bestätigt werden, das starke Wachstum von supermassereichen Schwarzen Löchern und damit einhergehend die intensive Strahlung keine Eigenschaft irgendeines besonderen Typs an Galaxie ist, sondern mit dem Übergang von Galaxien von sternbildenden Spiralen in stille elliptische Galaxien während Zeiten größerer Verschmelzungen verbunden ist.

Literatur:

„BAT AGN Spectroscopic Survey – XIII. The nature of the most luminous obscured AGN in the low-redshift universe“

Rudolf E. Bär, Benny Trakhtenbrot, Kyuseok Oh, Michael J. Koss, O. Ivy Wong, Claudio Ricci, Kevin Schawinski, Anna K. Weigel, Lia F. Sartori, Kohei Ichikawa, Nathan J. Secrest, Daniel Stern, Fabio Pacucci, Richard Mushotzky, Meredith C. Powell, Federica Ricci, Eleonora Sani, Krista L. Smith, Fiona A. Harrison, Isabella Lamperti, and C. Megan Urry

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 489, 3073, 2019

oder

arXiv:1908.07546v1 [astro-ph.GA] 20 Aug 2019