Die Entwicklung massereicher Galaxiencluster

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein bei mehreren Wellenlängen entstandenes Bild des entfernten, massereichen Galaxienclusters IDCS J1426.5+3508 (Daten für Röntgenstrahlung von Chandra in blau, für sichtbares Licht von Hubble in grün und Daten für infrarotes Licht von Spitzer in rot). Eine neue Untersuchung bei Millimeter-Wellenlängen mit dem Südpol-Teleskop erbrachte eine gute Übereinstimmung mit den heutigen Vorstellungen über die Entwicklung der Galaxiencluster.
NASA: Chandra, Spitzer, Hubble

Galaxiencluster sind seit langem als wichtige Laboratorien für die Untersuchung der Entstehung und Entwicklung von Galaxien erkannt worden. Das Aufkommen der neuen Generation von Teleskopen zur Durchmusterung des Himmels bei Millimeter- und Submillimeterwellen, wie das Südpol-Teleskop (SPT), hat es ermöglicht, lichtschwache Galaxiencluster über große Gebiete des Himmels durch einem Effekt zu erkennen, von dem erstmals 1969 Rashid Sunyaev und Jakow Seldowitsch Notiz nahmen: wenn heiße Elektronen im Clustergas mit Licht des allgegenwärtigen kosmischen Mikrowellen-Hintergrunds in Wechselwirkung treten, erhöhen sie ganz geringfügig dessen Helligkeit.

Das SAO ist eine Partnerinstitution am Südpol-Teleskop, das eine große, ungefähr sechs Prozent des gesamten Himmels abdeckende Durchmusterung ausgeführt hat, wobei Empfindlichkeit und Winkelauflösung für die Suche nach Galaxiencluster bis zu einer Zeit von etwa vier Milliarden Jahre nach dem Urknall geeignet war. Ein Vorteil der Untersuchung dieser Clusterauswahl liegt darin, daß, da sie an ihren Signaturen des heißen Gases identifiziert wurden (und eben nicht am Sternlicht ihrer Mitgliedsgalaxien), die Entwicklung des Clusters und seiner Gesamtpopulation leichter zu entwirren ist.

CfA-Astronom Brian Stalder hat mit einem Team von Arbeitskollegen in den Daten der SPT-Durchmusterung sechsundzwanzig der massereichsten bekannten Cluster aufgespürt, jeder mit einer Masse von über etwa einer Million Milliarde Sonnenmassen. Sie finden, daß die Cluster weitgehend mit den heutigen Vorstellungen über die Entwicklung massereicher Cluster und den Sternen in diesen Galaxien in Übereinstimmung stehen. Die Modelle legen eine im Allgemeinen ruhige Entwicklung (also ohne besondere Störungen durch Zusammenstöße oder Rückkopplung mit einem zentralen Schwarzen Loch) nahe und besagen, daß ein Großteil der Sternentstehung und Galaxienverschmelzungen zu einer noch viel früheren Zeit stattfinden als diese Auswahl erfaßt. Die Wissenschaftler vermerken jedoch, daß eine größere Zahl an Clustern notwendig ist, um die Schlußfolgerungen weiterzuentwickeln; zurzeit wird dies mit anderen großen optischen Teleskopen, wie dem aus zwei 6.5 m messenden Spiegeln bestehenden Doppel-Teleskop Magellan in Chile unternommen, bei dem das SAO auch ein führender Partner ist.

Literatur:

„Galaxy Populations in the 26 Most Massive Galaxy Clusters in the South Pole Telescope SPT-SZ Survey“

Zenteno, A.; Mohr, J. J.; Desai, S.; Stalder, B.; Saro, A.; Dietrich, J. P.; Bayliss, M.; Bocquet, S.; Chiu, I.; Gonzalez, A. H.; Gangkofner, C.; Gupta, N.; Hlavacek-Larrondo, J.; McDonald, M.; Reichardt, C.; Rest, A.

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 462, 830–843 (2016)