Die Enthüllung kosmischer Bewegungen mit Hilfe der Chemie

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine Aufnahme des sternlosen Kerns Barnard 68 im sichtbaren Licht. Astronomen haben chemische Analysen mit Beobachtungen bei Submillimeter-Wellenlängen kombiniert, um zu ermitteln, daß diese dunkle Wolke pulsiert. FORS-Arbeitsgruppe, 8.2-Meter-VLT Antu, ESO

Eines der Ziele in der modernen Astronomie ist es, ein besseres Verständnis für die Entstehung von Sternen zu bekommen – Wissen, welches uns dabei hilft zu modellieren, wie sich unsere eigene Sonne verhält, sich entwickeln wird und wie die Erde entstanden ist. Man vermutet, daß alle Sterne in etwa auf die gleiche Weise in ihr Dasein treten. Die Schwerkraft bindet Gas und Staub in einer interstellaren Wolke aneinander, bis das Material Klumpen formt, die dicht genug sind, um Sterne zu bilden. Wie die Sternbildung selbst ausgelöst wird, ist jedoch noch mit Fragen behaftet. Manchmal kann der Kollaps, zum Beispiel durch eintreffende Schockwellen, plötzlich ausgelöst werden; andererseits kann er, durch innere Magnetfelder verursacht, stetig ablaufen.

Sternlose Kerne sind Wolken aus Gas und Staub, die keine Hinweise auf Sterne zeigen. Sie sind für gewöhnlich klein, kalt und oft wertvolle Exemplare, weil sie die frühesten Stadien der Sternentstehung darstellen könnten. Der sternlose Kern Barnard 68 liegt etwa 300 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Schütze. Barnard 68 dehnt sich über nur etwa 1.000 astronomische Einheiten aus (eine astronomische Einheit ist die durchschnittliche Entfernung Erde – Sonne) und enthält ungefähr nur eine bis eineinhalb Sonnenmassen an Material. Die darin vorkommenden Moleküle zeigen Hinweise auf großräumige, organisierte Bewegungen. Vor ein paar Jahren argumentierten einige Astronomen, daß die Bewegungen in Einklang mit sich radial nach innen und außen bewegendem Material stehen, ähnlich der Pulsation eines Herzens.

In einer im November 2007 erschienenen neuen Veröffentlichung berufen sich Charles Lada, Sébastien Maret und Edwin A. Bergin auf Grundsätze der Chemie, um die Astrophysik von sechs in Barnard 68 zu findenden Molekülspezies aufzuklären. Ihre Untersuchung zeigt, daß die Anwesenheit dieser verschiedenen Moleküle auf systematische Weise in der Wolke variiert; und das für jedes Molekül auf einzigartige Weise. Die Bewegungen dieses Gases, aufgedeckt durch die Submillimeter-Beobachtungen der Moleküle, können folglich mit konkreten Abständen vom Zentrum des sternlosen Kerns in Verbindung gebracht werden. Die Ergebnisse bekräftigen und ergänzen die ursprüngliche Theorie über oszillierendes Gas. Mit dem Wissen, daß die Molekülbewegungen geordnet und nicht zufällig sind, berechnen die Astronomen, daß der Kern ziemlich alt ist, wohl einige Millionen Jahre, und folglich bedeutend älter, als es ein durch Schockwellen ausgelöstes Bewegungsszenario voraussagen würde. Das Ergebnis hilft nicht nur aufzuklären, wie Sterne entstehen, es unterstreicht zudem, wie interdisziplinäres Denken wesentliche Beiträge liefern kann.