Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter https://www.cfa.harvard.edu)
Ultraleuchtkräftige Infrarotgalaxien (ultraluminous infrared galaxies = ULIRGs), angetrieben von Sternentstehungsausbrüchen, sogenannte Starbursts, oft verbunden mit supermassereichen Schwarzen Löchern, die im Kern der Galaxie Material akkretieren, enthalten riesige Mengen an molekularem Gas. Dies ist erwartbar: Molekulares Gas ist das Rohmaterial für neue Sterne und auch das Vorkommen von dem im Infraroten leuchtkräftigen Staub läßt auf eine große Menge an molekularem Gas schließen. Galaxienkollisionen lösen oft Sternentstehungsaktivität aus und Simulationen zeigen, daß, während die beiden Galaxien verschmelzen, ihr Gas dazu tendiert, in Richtung der Kernregion zu fallen, wo sich eine Scheibe mit einem Radius von etwa 1500 Licht-jahren herausbildet. Bei vielen dieser Galaxien beobachtet man dadurch allem Anschein nach heftige zirkumnukleare Starbursts. In ULIRGs beobachtetes Kohlenmonoxidgas (CO), einem häufig, aber mit niedriger Dichte vorkommendes Molekül, hat tatsächlich Belege für zirkumnukleare Scheiben geliefert, in denen das Gas ein breites Spektrum an Geschwindigkeiten zeigt, ein für rotierende Scheiben kennzeichnendes Verhalten. Astronomen ist allerdings bekannt, daß Sternentstehung das Vorkommen von Gas voraussetzt, das 10 – 100 Mal dichter ist als dasjenige, das über CO ausfindig gemacht wird; sie sind sich über die Verteilung von dichterem Material und auch über die Rolle nicht sicher, die der aktive Kern bei der Formgebung der Scheibe spielen könnte.
Das wieder neu einsatzfähige Large Millimeter Telescope Alfonso Serrano (LMT) ist das größte, nur aus einer Schüssel bestehende, steuerbare Teleskop für Submillimeter-Wellenlängen (sein Durchmesser beträgt fünfzig Meter) und ein Projekt zwischen Mexiko und den USA. Für die Untersuchung des kalten, dichten molekularen Gases mit Hilfe von Molekülen wie HCN und CS sind Submillimeter-Wellenlängen bestens geeignet. CfA-Astronom Giovanni Fazio war Mitglied in einem Team, das mit dem LMT das dichte molekulare Gas in der zirkumnuklearen Scheibe in der ULIRG UGC 5101 untersuchte. Die Astronomen beobachteten neun Moleküle und stellten fest, daß diese das dichte Gas ausfindig machenden Molekülarten ebenfalls breite, etwa 800 km/s umfassende Geschwindigkeitsprofile zeigten, alle mit einem doppelten Spitzenwert, bezeichnend bei einer geringfügig geneigten Betrachtung eines rotierenden Torus.
Wird die Rotation einer Scheibe durch gravitative Kräfte beherrscht, bewegt sich ihr Material entsprechend den Kepler’schen Gesetzen (die gleichen Gesetze bestimmen die Umlaufbahnen der Planeten), wobei sich das Material im Innersten am schnellsten bewegt – umgekehrt zum Verhalten einer rotierenden starren Scheibe. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluß, daß die zirkumnukleare Scheibe in UGC 5101 dem Kepler’schen Verlauf folgt; da die verschiedenen Moleküle geringfügig unterschiedlich dichtes Material anzeigen, können die Wissenschaftler die Keplergeschwindigkeit jeder Spezies nutzen, um die Verteilung der Dichte entlang der Scheibe zu modellieren, wobei sich die inneren Regionen mit höherer Dichte schneller bewegen. Das neue Resultat, eines der ersten für das neue LMT, hilft, detaillierter den Aufbau des zirkumnuklearen Starburst-Rings, seine Entwicklung während der Verschmelzung und sein Zusammenspiel mit dem aktiven Kern zu modellieren.
Literatur:
“Early Science with the LMT: Molecular Torus in UGC5101”
I. Cruz-González, A. I. Gómez-Ruiz, A. Caldú-Primo, E. Benítez, J. M. Rodríguez-Espinosa, Y. Krongold , I. Aretxaga, R. Snell, O. González-Martin, C. A. Negrete, G. Narayanan, D. H. Hughes, M. S. Yun, G. G. Fazio, V. Chavushyan, D. Hiriart, E. Jiménez-Bailon, M. Herrera-Endoqui, M. Martínez-Paredes, and J. J. González
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 499, 2042–2050 (2020)