Der Aufbau von Orion

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Falschfarben-Radiobild vom Molekülwolkenkomplex in Orion B. Es zeigt die Verteilung von molekularem Kohlenmonoxidgas (CO) für drei verschiedene Isotope: blau zeigt die normalen Isotope (12C und 16O), grün zeigt das Kohlenstoff-Isotop 13 und rot das Sauerstoff-Isotop 18. Der Pferdekopf-Nebel kann auf der rechten Seite deutlich erkannt werden.
Pety et al.

Die Orion-Molekülwolke ist ein großes Gebiet aus heißen, jungen Sternen, Nebeln sowie dunklen Wolken aus Gas und Staub im Sternbild Orion. Zwei besonders berühmte Sehenswürdigkeiten am Nachthimmel, der Orion-Nebel und der Pferdekopf-Nebel, sind Mitglieder in diesem relativ nah gelegenen, nur ungefähr 1.500 Lichtjahre entfernten Komplex. Trotz seiner Bekanntheit, Helligkeit und relativer Nähe ist dieser Komplex nicht besonders gut verstanden. Betrachten wir beispielsweise seine Sternbildung. Die jeweiligen Rollen von den lokalen als auch den der diesen gegenüberstehenden galaxienweiten Bedingungen sind unzureichend modelliert, insbesondere die Beiträge der kleinräumigen Prozesse wie Magnetfelder und Turbulenz im Vergleich zu großräumigeren Aktivitäten wie Gasdruck oder Strömungsbewegungen von Gas in den Spiralarmen der Galaxis. Ein Grund für diesen Mangel in Verständnis liegt darin, daß der Nebel mit Sternen und Aktivität dicht gepackt ist, während sein Staub viele Regionen vor einem optischen Blick verdeckt.

Die CfA-Astronomen Viviana Guzman und Karin Oberg gehörten zu einem Team von vierzehn Astronomen, die mit dem Millimeter-Teleskop des IRAM die in diesem Komplex gelegene riesige Molekülwolke (giant molecular cloud = GMC) Orion B in über einem Dutzend Moleküllinien in Emission über nahezu ein volles Grad kartierten (zum Vergleich: die Winkelausdehnung für den Mond beträgt ungefähr ein halbes Grad). Orion B ist eine repräsentative GMC und als Modell für andere GMCs andernorts in der Milchstraße und in anderen Galaxien nützlich. Man findet in diesem großen Gebiet (größenmäßig etwa 25 Lichtjahre) eine reiche Vielfalt an Bedingungen und so können die Wissenschaftler eine statistisch aussagekräftige Aufstellung der Aktivitäten in der Region erhalten. Eine der Schlüsselfragen, welche die Astronomen durch Messung sowohl der klein- als auch der großräumigen Gaseigenschaften an diesem Beispiel klären wollen, ist die lineare Beziehung der Gaseigenschaften zu den Moleküllinien und die für die korrekte Ableitung der Eigenschaften der Sternbildung erforderlich ist. In Untersuchungen der extragalaktischen Sternbildung sind Messungen auf kleinen räumlichen Abmessungen gewöhnlich nicht möglich: wieweit sind daher beispielsweise Interpretationen der Emissionslinienverhältnisse fragwürdig?

Die Untersuchung des molekularen Aufbaus dieses Komplexes durch die Astronomen enthüllt die genauen Beziehungen zwischen dem Gas und dem Staub und bestimmt quantitativ, wie die sich räumlich ändernden Intensitäten der Moleküllinien die physikalischen Bedingungen preisgeben. Die Abschwächung (Extinktion) im sichtbaren Licht ändert sich mit dem Ort mit Werten, die von fast keiner Abschwächung des sichtbaren Lichts bis nahezu völliger Undurchlässigkeit sogar bis hin zu langen Infrarot-Wellenlängen reichen. Das Team berichtet, daß die Menge an molekularem Gas an jedem Ort eng mit der Extinktion in Wechselbeziehung steht; dies stimmt mit dem Bild überein, daß mehr Extinktion mehr Staub und damit auch mehr Gas bedeutet. Sie finden zudem eine Beziehung mit der Illumination durch ultraviolettes Licht von massereichen jungen Sternen an den Rändern der Karte, aber keinen einfachen Ausdruck zwischen den Gasdichten und dem Anteil an abgestrahltem Licht. In der Arbeit kommt man zu dem Ergebnis, daß die Beziehungen zwischen der Linienemission und der Umgebung der GMC komplizierter sind als gewöhnlich angenommen; dies unterstreicht (zum Beispiel) die Bedeutung der örtlichen Chemie bei der Bestimmung der Stärke der Emission sowohl hier als auch in anderen Galaxien.

Literatur:

„The Anatomy of the Orion B Giant Molecular Cloud: A Local Template for Studies of Nearby Galaxies“

Jérôme Pety, Viviana V. Guzmán, Jan H. Orkisz, Harvey S. Liszt, Maryvonne Gerin, Emeric Bron, Sébastien Bardeau, Javier R. Goicoechea, Pierre Gratier, Franck Le Petit, François Levrier, Karin I. Öberg, Evelyne Roue, and Albrecht Sievers Astronomy & Astrophysics 599, A98 (2017)