Räumlich ausgedehnte harte Röntgenstrahlung aus einem galaktischen Kern

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine Aufnahme der Galaxie ESO 428-G014 im nahen Infrarot. Astronomen haben mit Chandra entdeckt, daß die harte Röntgenstrahlung aussendende Kernregion in der Ausdehnung mehr als das zehnfache größer ist als herkömmliche Modelle erklären können und das Grundverständnis für solche Kernregionen in Frage stellt.
2MASS

Supermassereiche Schwarze Löcher, die Millionen oder gar Milliarden Sonnenmassen enthalten, werden in den Kernen von nahezu allen Galaxien gefunden. Unsere Milchstraße beispielsweise hat einen Kern mit einem Schwarzen Loch von ungefähr vier Millionen Sonnenmassen. Um das Schwarze Loch herum befindet sich ein Torus aus Staub und Gas. Fällt Materie in Richtung des inneren Randes dieser Scheibe am Schwarzen Loch, kann das Material auf Millionen Grad aufgeheizt werden und gibt Röntgenlicht ab. Das durch die Akkretion verursachte Aufheizen kann auch zu spektakulären Phänomenen, wie bipolare Jets aus sich schnell bewegenden geladenen Teilchen, führen. Man vermutet, daß die innerhalb dieser Region entdeckten geladenen Teilchen und die intensive Röntgenstrahlung, die auch deren energiereichste Form, die sogenannte „harte Röntgenstrahlung“ einbezieht, mit Material im Torus wechselwirken und so die Strahlung von hochionisierten, heißen Eisenatomen anregen. Die mit dem Chandra-Röntgen-Observatorium gewonnenen hochaufgelösten Röntgenbilder scheinen zu bestätigen, daß die äußerst extremen Bedingungen, die die harte Röntgenstrahlung hervorbringen, sich in einer kleinen Region von nur mehreren Hundert Lichtjahren Ausdehnung um das Schwarze Loch im Kern befinden.

Nur ungefähr siebzig Millionen Lichtjahre entfernt ist ESO 428-G014 ein vergleichsweise nahes Beispiel für eine Galaxie mit aus dem Kern stammender, harter Röntgenstrahlung. Der Kern ist tatsächlich fast vollständig im optischen und niederenergetischen Röntgenlicht durch Staub abgedunkelt, da wir die Galaxie seitlich durch ihre Spiralarme betrachten; unsere Sichtline könnte auch durch den, den Kern umgebenden Torus, verlaufen. Die Galaxie ist jedoch von besonderem Interesse, da sich aus dem Kern heraus ein Radiojet ausbreitet. Gemeinsam mit zwei Kollegen haben Pepi Fabbiano, Martin Elvis, Alessandro Paggi, Margarita Karovska, Pete Maksym und John Raymond vom CfA diese Galaxie mit Chandra untersucht und die schärfsten Aufnahmen erhalten, die bis jetzt erzielt wurden. Die Gruppe entdeckte, daß die harte Röntgenstrahlung aus einem größeren Gebiet stammt und nicht nur auf eine innere Region beschränkt ist, und sich über eine Entfernung von mehreren tausend anstatt über einige hundert Lichtjahre erstreckt. Obwohl es Berichte über harte Röntgenstrahlung außerhalb der Kernumgebung für zwei andere Galaxien gegeben hat, ist dies das erste Mal, daß solch eine harte Strahlung über diese enormen Größenordnungen gefunden worden ist. Ohne Zweifel stellt diese Entdeckung die grundlegende Annahme in Frage, daß die harte Röntgenstrahlung nur von den schnellsten geladenen Teilchen innerhalb des Torus stammt. Die Forscher bieten einige auf Vermutung beruhende Erklärungen an, wozu auch die mögliche Beschleunigung von Teilchen in dem Radiojet zählt, und planen ihre Arbeit mit weiteren Beobachtungen fortzusetzen.

Literatur:

„Discovery of Kiloparsec Extended Hard X-ray Continuum and Fe-Kα from the Compton Thick AGN ESO 428–G014“

G. Fabbiano, M. Elvis, A. Paggi, M. Karovska, W. P. Maksym, J. Raymond, G. Risaliti, and Junfeng Wang

The Astrophysical Journal Letters, 842:L4 (6pp), 2017 June 10