Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Die Venus ist in Größe und Zusammensetzung der Erde so ähnlich, daß sie manchmal als deren Schwester bezeichnet wird. Aber sie unterscheidet sich zumindest in einem ganz entscheidenden Punkt von der Erde: sie besitzt sehr wenig Wasser. Wissenschaftler halten es für möglich, daß dieses Fehlen von Wasser helfen könnte zu erklären, warum die Venus eine dichte Wolkendecke aus Kohlendioxid besitzt und weshalb unter anderem ihre Oberfläche so heiß (etwa 750 Kelvin) ist. Obwohl Wasser auf der Venus selten ist, fehlt es nicht vollständig. Es gibt etwa 50 Wassermoleküle pro Million Teilchen in der Atmosphäre der Venus; im Vergleich dazu beträgt dieser Wert in der Erdatmosphäre circa 2.500 Wassermoleküle pro Million Teilchen (dies macht rund 0.25 % der irdischen Gase in der Atmosphäre aus). Ein besseres Verständnis der Abläufe in der Venusatmosphäre wird uns auch zu einem besseren Verständnis über die Vorgänge in unserer eigenen Atmosphäre führen.
Die Astronomen Mark Gurwell, Gary Melnick, Volker Tolls und Brian Patten haben gemeinsam mit einem weiteren Kollegen den Submillimeter Wave Astronomy Satellite (SWAS) eingesetzt, um Wasserdampf in der Atmosphäre der Venus zu untersuchen. (SWAS ist eine kleine NASA-Erkundungsmission, die von einem Team des SAO unter Leitung von Gary Melnick vorgeschlagen, geplant und betrieben wurde.) In der Zeitschrift Ikarus berichten die Wissenschaftler von der ersten Messung einer wichtigen Wasserlinie in der Atmosphäre der Venus. Die Emission tritt vor allem in einer Höhe von 70 – 100 km, der Mesosphäre, auf; sie ist eine Übergangsregion zwischen den unteren Wolkendecken mit ihren gewaltigen Schwefelsäurewolken und der oberen Atmosphäre mit ihren heftigen, durch die Sonnenwärme angetriebenen Winden.
Die zwischen 2002 und 2004 aufgezeichneten SWAS-Daten zeigen dramatische Änderungen der Wasserdampfhäufigkeit in der Atmosphäre um mehr als das 100-fache. Genauso interessant war der Zeitraum dieser Änderungen – um einen Faktor von etwa 50 in nur zwei Tagen, wobei auch längere zeitlichen Änderungen beobachtet wurden.
Die Wissenschaftler merken an, daß man vermutet, daß die Wassermenge in der Atmosphäre insgesamt verhältnismäßig konstant bleibt – nur der Anteil an Wasserdampf verändert sich. Die Gründe für diese raschen Änderungen sind noch unklar. Allerdings scheint es wahrscheinlich, daß Temperaturänderungen von allenfalls 10 – 15 Kelvin in der Mesosphäre chemische Reaktionen mit den Schwefelsäure-Aerosolen auslösen können, die für die Änderungen am Anteil des Wasserdampfs verantwortlich sind. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, daß die Atmosphäre der Venus ausgesprochen dynamisch ist. Es treten ziemlich große Änderungen in Temperatur und globaler Zirkulation auf kurzen Zeitskalen auf. Die Resultate werden den Wissenschaftlern helfen, das Wettergeschehen auf der Venus, unserem Schwesterplaneten, und vielleicht auch die Entwicklung der irdischen Atmosphäre zu enträtseln.