Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)
Der Transiting Exoplanet Survey Satellite, TESS, wurde im Jahr 2018 mit dem Ziel gestartet, Kleinplaneten um die nächsten Nachbarsterne der Sonne zu entdecken. TESS hat bis jetzt 172 bestätigte Exoplaneten entdeckt und eine Liste von 4703 Exoplaneten-Kandidaten erstellt. Seine empfindliche Kamera nimmt Bilder auf, die ein riesiges Sichtfeld abdecken, welches mehr als doppelt so groß ist als die Fläche des Sternbilds Orion, und TESS hat auch einen TESS-Input-Katalog (TIC) mit mehr als 1 Milliarde Objekten zusammengestellt. Folgeuntersuchungen von TIC-Objekten haben ergeben, daß diese auf stellare Pulsationen, Schockwellen von Supernovae, zerfallenden Planeten, Doppelsternen mit Eigengravitationslinseneffekt, sich bedeckenden Dreifachsternsystemen, Scheibenverdunklungen und mehr zurückzuführen sind.
Die CfA-Astronomin Karen Collins war Mitglied eines großen Teams, das das rätselhafte veränderliche Objekt TIC 400799224 entdeckte. Sie durchsuchten den Katalog mit auf maschinellem Lernen basierenden Rechenwerkzeugen, die aus dem beobachteten Verhalten von Hunderttausenden von bekannten veränderlichen Objekten entwickelt wurden; mit dieser Methode wurden bereits sich auflösende Planeten und Körper gefunden, die beispielsweise Staub ausstoßen. Die ungewöhnliche Quelle TIC 400799224 wurde zufällig entdeckt, weil sie innerhalb von nur vier Stunden fast 25 % an Helligkeit verlor, gefolgt von mehreren heftigen Helligkeitsschwankungen, die jeweils als Bedeckung interpretiert werden könnten.
Die Astronomen untersuchten TIC 400799224 mit einer großen Zahl an Einrichtungen, darunter einige, die den Himmel schon länger kartieren als TESS in Betrieb ist. Sie fanden heraus, daß es sich bei dem Objekt vermutlich um ein Doppelstern-system handelt und daß einer der Sterne mit einer Periode von 19,77 Tagen pulsiert, vermutlich durch einen umlaufenden Körper verursacht, der periodisch Staubwolken ausstößt, die den Stern verdecken. Doch während die Periodizität präzise ist, sind die Staubbedeckungen des Sterns in ihrer Form, Tiefe und Dauer unregelmäßig und (zumindest vom Boden aus) nur etwa ein Drittel der Zeit oder weniger nachweisbar. Die Beschaffenheit des umlaufenden Körpers selbst ist rätselhaft, denn die Menge des ausgestoßenen Staubs ist groß; würde der Staub durch den Zerfall eines Objekts wie des Asteroiden Ceres in unserem Sonnensystem entstehen, würde das Objekt vor seinem Verschwinden nur ungefähr achttausend Jahre überstehen. Bemerkenswerterweise ist die Periodizität in den sechs Jahren, in denen das Objekt beobachtet wurde, gleich geblieben, und das Objekt, das den Staub ausstößt, blieb offenbar intakt. Das Team plant, die Beobachtung des Objekts fortzusetzen und historische Himmelsbeobachtungen einzubeziehen, um zu versuchen, seine Veränderungen über viele Jahrzehnte zu be-stimmen.
Literatur:
“Mysterious Dust-emitting Object Orbiting TIC 400799224”
Brian P. Powell, Veselin B. Kostov, Saul A. Rappaport, Andrei Tokovinin, Avi Shporer, Karen A. Collins, Hank Corbett, Tamás Borkovits, Bruce L. Gary, Eugene Chiang, Joseph E. Rodriguez, Nicholas M. Law, Thomas Barclay, Robert Gagliano, Andrew Vanderburg, Greg Olmschenk, Ethan Kruse, Joshua E. Schlieder, Alan Vasquez Soto, Erin Goeke, Thomas L. Jacobs, Martti H. Kristiansen, Daryll M. LaCourse, Mark Omohundro, Hans M. Schwengeler, Ivan A. Terentev, and Allan R. Schmitt
The Astronomical Journal 162, 299, 2021
oder
arXiv: 2110.01019v1 [astro-ph.EP] 3 Oct 2021