Das Rätsel der Röntgenstrahlung aus protostellaren Jets

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Falschfarbenaufnahme eines Teils der Region um den Protostern L1551 im abgestrahlten Licht von Wasserstoff und Eisen, mit verschiedenen beschrifteten Jets und Verdichtungen. Röntgenbeobachtungen lassen vermuten, daß starke Magnetfelder im innersten Bereich um den jungen Stern intensive Schockfronten mit Energie versorgen. Hyashi and Pyo


Ein neuer Stern entwickelt sich über Akkretion von Material aus einer zirkumstellaren Scheibe; beide sind ihrerseits in eine viel größere, nahezu kugelförmige Hülle aus einfallendem Staub und Gas eingebettet. Der Protostern ist im Optischen durch den dichten Staub in seiner Umgebung verborgen, obgleich er mit seiner Radio-, Infrarot- und harter Röntgenstrahlung gemessen werden kann, die das Material durchdringen. Der junge Protostern dreht sich und eine Folge dieser Rotationen ist, daß der Stern bipolare Jets aus ionisiertem und molekularem Gas ausstößt. Diese Abströmungen können leicht erkannt werden und sind wichtige Belege für die stellare Jugend. Jedoch sind die Mechanismen, die diese protostellaren Abströmungen antreiben – einschließlich der Beschleunigungs- und Bündelungsprozesse – nur wenig verstanden.
Die spektakulärsten Erscheinungsformen dieser Abströmungen werden Herbig-Haro-Objekte (HH-Objekte) genannt; sie sind durch Schockwellen erzeugte Verdichtungen der Abströmungen. Manchmal lassen sich diese Materieverdichtungen mit Geschwindigkeiten von Hunderten von Kilometern pro Sekunde messen. In zehn bekannten Fällen ist um HH-Objekte auch Röntgenstrahlung zu beobachten; dies deutet darauf hin, daß sie Stoßgeschwindigkeiten von über 500 Kilometer pro Sekunde besitzen. Damit offenbart sich allerdings ein Rätsel: um solch hohe Stoßgeschwindigkeiten innerhalb der Jets zu erreichen, setzen Modelle voraus, daß das Material bei noch höheren Geschwindigkeiten – etwa 1.000 Kilometer pro Sekunde – ausgestoßen wird, doch sind solch hohe Geschwindigkeiten bisher nie gemessen worden.
Der Protostern L1551 ist solch ein Fall von Röntgenemission aus einem bipolaren Jet. Mit dem Chandra-Röntgen-Observatorium untersuchten drei Astronomen die mit L1551 in Verbindung stehenden HH-Objekte. Vergleichen sie ihre neuen Messungen mit älteren Messungen, kommen sie zu dem Schluß, daß die Röntgenemission für über ein Jahrzehnt gleichbleibend gewesen ist. Aus ihren Modellen folgern sie, daß Masseauswurf durch den Stern in Anwesenheit von starken Magnetfeldern um die Basis der Abströmung herum eine ununterbrochene Schockwelle aufrecht erhalten kann und die beobachtete Röntgenstrahlung erzeugt. Das betroffene Gebiet hat eine Ausdehnung von nur etwa 10 AE (eine Astronomische Einheit ist die durchschnittliche Distanz der Erde von der Sonne), klein genug, daß Material mit hoher Geschwindigkeit nur schwer auf direktem Weg entdeckt werden würde. Die Ergebnisse helfen nicht nur, die Emission bei diesem Protostern zu erklären, sie helfen auch dabei, das allgemeinere Rätsel um die Röntgenstrahlung von Protosternen aufzulösen.