Cyanamid (NH2CN)

(Originalartikel unter https://www.astrochymist.org)

Cyanamid (NH2CN) wurde erstmals in Sgr B2 Mitte der 70er Jahre von Turner et al. mit dem 11-Meter-Radioteleskop der NRAO auf Grundlage zweier Rotationsübergänge entdeckt. Da die Lage der Linien eher abgeschätzt denn gemessen waren, diente eine spätere Laboruntersuchung durch Johnson et al. als wichtige Bestätigung der Entdeckung und als Grundlage für nachfolgende Bestimmungen. Nach der im Jahr 2002 erschienen Neuauflage von Frank Lovas‘ NIST Recommended Rest Frequencies for Observed Interstellar Molecular Microwave Transitions sind nahezu 30 Linien dem Cyanamid zugeordnet worden. Viele davon wurden dem Cyanamid in den Liniendurchmusterungen von Sgr B2 durch Cummins et al. (1986) und durch Nummelin et al. (1998) zugewiesen. Spätere Experimentalarbeiten durch Read et al. haben zu vielen dieser Zuordnun-gen beigetragen. Während die meisten Beobachtungen von Cyanamid auf Sgr B2 beschränkt blieben, wurde eine Mischlinie bei Beobachtungen der Orion-Molekülwolke von Jacq et al. im Jahr 1990 dem Cyanamid zugeordnet.

Cyanamid ist in mindestens zwei extragalaktischen Quellen beobachtet worden: durch Martín et al. in NGC 253 (der Sculptor– oder Silberdollar-Galaxie) und durch Aladro et al. in M82 (der Zigarren-Galaxie).

Cyanamid wird in der Landwirtschaft, zum Beispiel um die Winterruhe von Weinreben zu überwachen, als Rohstoff bei der Herstellung von Pharmaka und als Abschreckungsmittel gegen Alkohol eingesetzt.