Beeindruckendes Porträt: NASA’s Webb enthüllt Staub und Strukturen in den Säulen der Schöpfung

Originalveröffentlichung am 28.10.2022 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases

Zusammenfassung: Webb hebt die samtartige Auskleidung aus Staub in der gesamten Sternentstehungsregion hervor, einschließlich der Hüllen um aktiv entstehende Sterne

Im mittleren Infrarotlicht erscheinen die Säulen der Schöpfung wie aus einer anderen Welt. Das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA hat eine Szene geliefert, die groß und erhaben ist – und von flackernden Laternen beleuchtet scheint. Ein „Geist“ spukt am Felsen unten links, eine einem Wasserspeier ähnelnde Gestalt schlängelt sich zur Bildmitte, und ein dunkler Pferdekopf ragt aus dem Rand der zweiten Säule heraus. Das Unheimlichste von allem? Neu entstandene Sterne sehen aus wie hervorstehende, blutunterlaufene Augen. Und im Hintergrund tanzt der Staub wie schwere, uralte Vorhänge, die zugezogen werden. Hier gibt es keinen Raben, der flüstert: „Nimmermehr“, um das klassische Gedicht von Edgar Allan Poe zu zitieren.

Stattdessen ist der Staub in Webb‘s Bild wie die Morgendämmerung. Er ist eine unentbehrliche Zutat für die Sternentstehung. Obwohl sie verhüllt sind, sind diese Säulen voller Aktivität. Neu entstehende Sterne verstecken sich in diesen dunkelgrauen Kammern, und andere, wie rote Rubine, sind ins Blickfeld gesprungen. Im Laufe der Zeit wird das im mittleren Infrarot gewonnene Webb-Bild es den Forschern ermöglichen, das Gas und den Staub in dieser Region genauer zu erforschen und präziser zu modellieren, wie sich Sterne über Millionen von Jahren bilden.

Dies ist keine ätherische Landschaft von mit der Zeit vergessenen Gräbern. Es sind auch keine rußverschmierten Finger, die sich hier ausstrecken. Diese mit Gas und Staub gefüllten Säulen umhüllen Sterne, die sich im Laufe vieler Jahrtausende langsam bilden. Das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA hat diesen unheimlichen, außerordentlich staubhaltigen Blick auf die Säulen der Schöpfung im mittleren Infrarotlicht aufgenommen – und zeigt uns damit einen neuen Blick auf eine vertraute Landschaft.

Warum erzeugt das Licht im mittleren Infrarot auf dem Bild des Mid-Infrared Instruments (MIRI) von Webb eine so düstere, unheimliche Stimmung? Interstellarer Staub umhüllt die Szene. Und während Licht des mittleren Infrarots besonders gut erkennen läßt, wo sich der Staub befindet, sind die Sterne bei diesen Wellenlängen nicht hell genug, um zum Vorschein zu kommen. Stattdessen schimmern die sich abzeichnenden, bleifarbenen Säulen aus Gas und Staub an ihren Rändern und weisen auf die Aktivität im Inneren hin.

Abertausende Sterne sind in dieser Region entstanden. Dies wird deutlich, wenn man das jüngste Bild der Nahinfrarotkamera (NIRCam) von Webb betrachtet. In der Ansicht von MIRI scheint die Mehrzahl der Sterne zu fehlen. Und warum? Viele neu entstandene Sterne sind nicht mehr von genügend Staub umgeben, um im mittleren Infrarotlicht erkannt zu werden. Stattdessen beobachtet MIRI junge Sterne, die ihre staubigen „Hüllen“ noch nicht abgelegt haben. Das sind die purpurnen Kugeln am Rande der Säulen. Im Gegensatz dazu sind die blauen Sterne in dieser Szenerie älter geworden, was bedeutet, daß sie einen Großteil ihrer Gas- und Staubschichten abgestreift haben.

Mit Licht des mittleren Infrarots läßt sich Gas und Staub bis in die feinsten Details beobachten. Dies ist auch überall im Hintergrund unübersehbar. Die dichtesten Staubbereiche sind in den dunkelsten Grautönen gehalten. Der rote Bereich ganz oben, der ein unheimliches V bildet, wie eine Eule mit ausgebreiteten Flügeln, ist der Bereich, in dem der Staub diffus und kühler ist. Man beachte, daß keine Hintergrundgalaxien zu sehen sind – das interstellare Medium im dichtesten Teil der Milchstraßenscheibe ist zu sehr mit Gas und Staub angereichert, als daß ihr entferntes Licht durchdringen könnte.

Wie groß ist diese Landschaft? Man folge der obersten Säule und man landet bei dem hellen roten Stern, der wie auf einem Besenstiel aus ihrem unteren Rand herausragt. Dieser Stern und sein staubiger Mantel sind größer als unser gesamtes Sonnensystem.

Diese Szene wurde erstmals 1995 vom Hubble-Weltraumteleskop der NASA aufgenommen und 2014 erneut besucht; auch viele andere Observatorien, wie NASA‘s Spitzer-Weltraumteleskop, haben die Säulen der Schöpfung sehr genau beobachtet. Mit jeder Beobachtung gewinnen die Astronomen neue Informationen und entwickeln durch ihre laufende Forschung ein tieferes Verständnis für diese Sternentstehungsregion. Mit jeder neuen Wellenlänge des Lichts und jedem fortschrittliche Instrument erhalten die Forscher präzisere Zählungen des Gases, des Staubs und der Sterne, die Aufschluß darüber geben, wie Sterne entstehen. Dank der neuen MIRI-Aufnahme verfügen die Astronomen nun über höher aufgelöste Daten im mittleren Infrarot als je zuvor und werden die weitaus genaueren Staubmessungen analysieren, um ein vollständigeres dreidimensionales Bild dieser weit entfernten Region zu erstellen.

Die Säulen der Schöpfung befinden sich inmitten des riesigen Adlernebels, der 6.500 Lichtjahre entfernt ist.

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).

Säulen der Schöpfung (MIRI Image)

Joseph DePasquale (STScI), Alyssa Pagan (STScI)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): M16, Adlernebel, NGC 6611
  • Objektbeschreibung: Emissionsnebel
  • Rektaszension: 18:18:48.17
  • Deklination: -13:48:26.03
  • Sternbild: Serpens
  • Entfernung: 6.500 Lichtjahre (2.000 Parsec)
  • Abmessung: Das Bild hat einen Durchmesser von etwa 7 Lichtjahren
  • Daten
  • Instrument: MIRI
  • Filter: F770W, F1130W, F1500W
  • Bild
  • Farbinformation: Diese Bilder sind eine Zusammenstellung von Einzelaufnahmen, die das James-Webb-Weltraumteleskop mit dem Instrument MIRI gemacht hat. Es wurden mehrere Filter verwendet, um verschiedene Infrarot-Wellenlängenbereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
  • Blau: F770W Grün: F1130W Rot: F1500W

Über das Bild: Der Blick von NASA‘s James-Webb-Weltraumteleskops im mittleren Infrarot auf die Säulen der Schöpfung ist unheimlich. Tausende von Sternen, die es in dieser Region gibt, verschwinden – und scheinbar endlose Schichten von Gas und Staub werden zur Hauptattraktion.

Die Entdeckung von Staub durch Webb‘s Mid-Infrared Instrument (MIRI) ist äußerst wichtig – Staub ist ein wichtiger Bestandteil der Sternentstehung. Viele Sterne bilden sich in diesen dichten blaugrauen Säulen. Wenn sich in diesen Regionen Verdichtungen aus Gas und Staub mit ausreichender Masse bilden, beginnen sie unter ihrer eigenen Anziehungskraft zusammenzufallen, heizen sich langsam auf – und bilden schließlich neue Sterne.

Obwohl die Sterne zu fehlen scheinen, ist dem nicht so. Sterne strahlen in der Regel nicht viel Licht im mittleren Infrarotbereich ab. Stattdessen sind sie am einfachsten im ultravioletten, sichtbaren und nahen infraroten Licht auszumachen. In dieser MIRI-Ansicht lassen sich zwei Arten von Sternen erkennen. Die Sterne am Ende der dicken, staubigen Säulen haben vor kurzem das sie umgebende Material abgetragen. Sie erscheinen in Rot, da ihre Atmosphären noch von Staubmänteln umhüllt sind. Im Gegensatz dazu weisen blaue Farbtöne auf Sterne hin, die älter sind und den größten Teil ihres Gas- und Staubmantels weggeblasen haben.

Mittleres Infrarotlicht läßt zudem dichte Gas- und Staubregionen detailreich erkennen. Der rote Bereich oben, der eine zarte V-Form bildet, ist die Region, in welcher der Staub sowohl diffus als auch kühler ist. Und obwohl es scheint, als würde sich die Szene unten links bei diesem Anblick aufhellen, befinden sich die dunkelsten grauen Bereiche dort, wo die dichtesten und kühlsten Staubregionen liegen. Beachten Sie, daß es viel weniger Sterne und keine Hintergrundgalaxien gibt, die ins Blickfeld geraten.

Die von Webb gelieferten Daten im mittleren Infrarotbereich werden den Forschern helfen, genau zu bestimmen, wie viel Staub sich in dieser Region befindet – und woraus er besteht. Diese Details werden die Modelle der Säulen der Schöpfung wesentlich präziser machen. Mit der Zeit werden wir besser verstehen, wie Sterne entstehen und über Millionen von Jahren aus diesen Staubwolken hervorbrechen.

Vergleichen Sie diese Ansicht mit dem Bild von Webb im nahen Infrarotlicht vom 19.10.2022.

MIRI wurde von der ESA und der NASA beigesteuert, wobei das Instrument von einem Konsortium aus staatlich finanzierten europäischen Instituten (dem MIRI European Consortium) in Zusammenarbeit mit der University of Arizona und dem JPL entwickelt und gebaut wurde.

Säulen der Schöpfung (MIRI Compass Image)

Joseph DePasquale (STScI), Alyssa Pagan (STScI)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): M16, Adlernebel, NGC 6611
  • Objektbeschreibung: Emissionsnebel
  • Rektaszension: 18:18:48.17
  • Deklination: -13:48:26.03
  • Sternbild: Serpens
  • Entfernung: 6.500 Lichtjahre (2.000 Parsec)
  • Abmessung: Das Bild hat einen Durchmesser von etwa 7 Lichtjahren
  • Daten
  • Instrument: MIRI
  • Filter: F770W, F1130W, F1500W
  • Bild
  • Farbinformation: Diese Bilder sind eine Zusammenstellung von Einzelaufnahmen, die das James-Webb-Weltraumteleskop mit dem Instrument MIRI gemacht hat. Es wurden mehrere Filter verwendet, um verschiedene Infrarot-Wellenlängenbereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
  • Blau: F770W Grün: F1130W Rot: F1500W

Über das Bild: Dieses Bild der Säulen der Schöpfung, aufgenommen von Webb‘s vom Mid-Infrared Instrument (MIRI) von Webb, zeigt Kompasspfeile, einen Maßstabsbalken und einen Farbschlüssel als Referenz. Es liegt innerhalb des Adlernebels, der auch als Messier 16 (M16) bekannt ist.

Die Kompasspfeile nach Norden und Osten zeigen die Ausrichtung des Bildes am Himmel an. Beachten Sie, daß die Beziehung zwischen Norden und Osten am Himmel (von unten gesehen) im Vergleich zu den Richtungspfeilen auf einer Karte des Bodens (von oben gesehen) umgekehrt ist.

Der Maßstabsbalken ist in Lichtjahren angegeben, was der Entfernung entspricht, die das Licht in einem Erdjahr zurücklegt. (Es dauert 2 Jahre, bis das Licht eine Strecke zurückgelegt hat, die der Länge des Maßstabsbalkens entspricht.) Ein Lichtjahr sind etwa 9,46 Billionen Kilometer. Das auf diesem Bild gezeigte Sichtfeld hat einen Durchmesser von annähernd 7 Lichtjahren.

Dieses Bild zeigt unsichtbare Wellenlängen des Lichts im mittleren Infrarot, die in Farben des sichtbaren Lichts umgewandelt wurden. Der Farbschlüssel zeigt, welche MIRI-Filter bei der Aufnahme des Lichts verwendet wurden. Die Farbe jedes Filternamens ist die Farbe des sichtbaren Lichts, die verwendet wird, um das infrarote Licht darzustellen, das durch diesen Filter fällt.

Die Säulen der Schöpfung im mittleren Infrarotlicht

VIDEO: Danielle Kirshenblat (STScI) – DESIGN: Leah Hustak (STScI) – MUSIK: Soundstripe Productions

Vergleichen Sie das Bild der Säulen der Schöpfung im mittleren Infrarotlicht des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA mit dem Bild im nahen Infrarotlicht in dieser kurzen Videotour. Tausende von Sternen haben sich in dieser Region gebildet, aber interstellarer Staub verdeckt die Szene im mittleren Infrarotlicht, weshalb die meisten Sterne zu fehlen scheinen. Eine schnelle Überblendung auf das Bild im nahen Infrarot beweist, daß sie natürlich noch da sind.

Während das Licht des mittleren Infrarots darauf spezialisiert ist, Staub zu erkennen – und diese Säulen sind voll mit Staub und Gas – sind viele Sterne in dieser Region nicht staubig genug, um bei diesen Wellenlängen zu erscheinen.

Stattdessen verrät das Licht im mittleren Infrarot, welche der jungen Sterne noch ihre staubigen „Hüllen“ haben. Das sind die purpurnen Kugeln an den Rändern der Säulen. Im Gegensatz dazu altern die blauen Sterne, die sich in der Szene befinden, was bedeutet, daß sie die meisten ihrer Gas- und Staubschichten bereits abgestreift haben.

Wie groß ist diese Landschaft? Dieser helle rote Stern und sein staubiger Mantel sind größer als unser gesamtes Sonnensystem.