Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff
In dem Beitrag „Warum Wasser?“ konnte die Vorstellung untermauert werden, daß – obwohl zahl-reiche Lösemittel vorhanden sind, um außerirdische biochemische Abläufe zu unterstützen – Wasser höchstwahrscheinlich das am weitesten verbreitete Lösemittel überhaupt ist, und das nur auf Grund-lage seines schier unerschöpflichen Vorkommens. Es hat zudem vorteilhafte chemische Eigenschaften, die für außerirdische Biochemien förderlich sein dürften – besonders da es in flüssiger Form in einem höheren Temperaturbereich als jedes andere Lösemittel auftritt.
Man kann die Zahl möglicher gelöster Stoffe, die geeignet sind, in biochemische Abläufe einzugreifen, durch die Annahme einschränken, daß Leben (besonders komplexes und möglicherweise intelligentes Leben) strukturelle Bausteine benötigt, die in einer Lösung chemisch stabil sind und ihre strukturelle Unversehrtheit aufrecht erhalten können. Dies aber trotz (aber nur geringer!) Änderungen in ihrer Umgebung; als da wären Änderungen in Temperatur, Druck und Säuregrad.
Obgleich die DNA oft als das Kernelement für das Leben auf der Erde betrachtet wird, ist es vorstell-bar, daß diese replizierende Biochemie erst später auftrat. Die molekulare Maschine, die den Abbau von Kohlehydraten betreibt, setzt relativ einfache Carbonsäuren und Phospholipid-Membranen ein – auch wenn heute der ganze Ablauf durch komplexe Proteine erleichtert wird, die jedoch wohl kaum spontan aufgetaucht sind. Die gegenwärtige Diskussion dreht sich darum, ob Leben zuerst durch Vervielfältigung (Replikation) oder Stoffwechsel (Metabolismus) entstand – oder ob beide Systeme je wirklich getrennt waren, bis sie schließlich in einer symbiotischen Allianz zusammenfanden.
In jedem Fall ist trotzdem eine Vielfalt von Biochemien auf der Grundlage kleiner Einheiten, mit oder ohne Kohlenstoff, möglich, denn es ist vermutlich so, daß sich das Gerüst von Organismen jedweder Größe unter Verwendung von Polymeren aufbaut. Polymere sind große Molekülstrukturen, die sich durch den Zusammenschluß kleinerer Einheiten bilden.
Auf der Erde finden wir Proteine, die sich aus Aminosäuren aufbauen sowie DNA, die sich aus Nukleotiden und Desoxyribose-Zucker aufbaut – daneben verschiedene Polysaccharide (wie Zellulose und Glykogen), die sich aus anderen Zuckern zusammensetzen. Mit dieser winzigen biochemischen Maschinerie, die in der Lage ist, solch kleine Einheiten aufzubauen und sie dann miteinander zu ver-binden, kann man Organismen von der Größe eines Blauwals erhalten.
Kohlenstoff ist in seinem Bindungsverhalten außerordentlich vielseitig – er bildet mehr Verbindungen als jedes andere Element. Er ist zudem viel weiter verbreitet als der nächste Anwärter für polymere Verbindungen – das Silizium. Es ist bedenkenswert, daß Silizium auf der Erde typischerweise 900-mal häufiger vorkommt als Kohlenstoff, aber letztlich nur eine kleine Rolle in der irdischen Biochemie spielt. Bor ist ebenfalls ein guter Polymerbildner, aber ein äußerst seltenes Element im Universum.
Es erscheint sinnvoll anzunehmen, daß eine makroskopische außerirdische Lebensform – deren strukturelle Bauweise es ermöglicht, uns die Hand zu schütteln – diese Lebensform höchstwahrschein-lich einen vorwiegend auf Kohlenstoff beruhenden Aufbau besitzen wird.
Weiterführende Literatur (im Internet zu finden unter):
The NASA Astrobiology Institute
Habitability and Astronomical Biosignatures Focus Group
Victoria S. Meadows et al.
The Search for Habitable Environments and Life in the Universe (2009)