Astronomie ohne Teleskop – Unser alterndes Universum

Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff

Alles begann voller Optimismus. Plötzlich erschien unser Universum auf der Bildfläche. Doch schon nach einem kurzen Augenblick zerstreute sich das Meiste von dem, was am Anfang in die Welt kam, in Form von Hintergrundneutrinos und -photonen. Und seitdem macht unser Universum nur eines: noch mehr Energie verschwenden. Gelegentliche, energiereiche Supernova-Ausbrüche und andere himmlische Extravaganzen können nicht verschleiern, daß unser Universum altert.

Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik (er führt die Entropie ein) fordert, daß die Entropie mit der Zeit wächst – da jeder denkbare Vorgang nutzbare Energie vernichtet (dissipiert).

Das Universum ist voller Energie und sollte immer in diesem Zustand verbleiben. Aber Energie kann nur etwas von Interesse ablaufen lassen, wenn es ein thermisches Ungleichgewicht gibt. Ein Ei aus dem Kühlschrank in siedendes Wasser gelegt, wird gekocht. Eine sinnvolle, lohnende Tätigkeit, wenn auch nicht unbedingt eine sehr effektive, denn jede Menge Wärme geht verloren und kann nicht für das Kochen von weiteren Eiern gespeichert werden.

Doch wenn man ein bereits gekochtes, heißes Ei in das gleiche siedende Wasser gibt – was bewirkt man dann? Nützliche Arbeit wird nicht verrichtet und Interessantes ereignet sich nicht.

Das steht in etwa hinter dem Gedanken einer wachsenden Entropie. Was auch immer im Universum abläuft beinhaltet einen Energietransfer und bei jeder derartigen Umwandlung verliert das betroffene System etwas Energie (die Entropie wächst). Mit dem 2. Hauptsatz kann man logisch ableiten, daß man schließlich bei einem Universum anlangt, das mit sich selbst im thermischen Gleichgewicht steht. An diesem Punkt gibt es keine Temperaturunterschiede mehr, die einen Energietransport antreiben könnten – oder Eier kochen. Nichts von Bedeutung wird je wieder geschehen – ein Zustand, der unter der Bezeichnung „Hitzetod“ bekannt wurde.

Es ist wahr, daß das frühe Universum zunächst im thermischen Gleichgewicht war, doch es gab auch sehr viel gravitative Lageenergie (potentielle Energie). Daher „verklumpte“ die Materie (leuchtende wie dunkle) – was zu großem thermischen Ungleichgewicht führte – und von nun an konnten alle möglichen interessanten Vorgänge ablaufen. Doch die Fähigkeit der Gravitation, nützliche Arbeit im Universum zu verrichten, hat auch ihre Grenzen.

In einem statischen Universum ist das Ende aller Zusammenballung eine Ansammlung Schwarzer Löcher. Es sind Objekte mit einem hohen Entropiegehalt, die, aus was auch immer sie bestehen, einen Energietransfer nicht mehr eingehen. Das Schwarze Loch existiert einfach – und abgesehen von ein bißchen Hawking-Strahlung wird es existieren, bis es schließlich (in unvorstellbaren 1050 bis 10100 kosmologischen Dekaden) verdampft.

Der Inhalt eines expandierenden Universums kann nie einen Zustand maximaler Entropie erreichen, da die Expansion selbst den Wert der maximalen Entropie für ein solches Universum vergrößert – es wird aber mit nicht mehr als einer Ansammlung aus isolierten und alternden weißen Zwergen enden, die schließlich verdampfen.

(Anmerkung des Übersetzers: Auch ein expandierendes Universum wird nicht in Weißen Zwergen, sondern letztlich in Schwarzen Löchern enden. Die Begründung hierfür findet sich in einem Artikel von Fred C. Adams und Gregory Laughlin mit dem Titel „A DYING UNIVERSE: The Long Term Fate and Evolution of Astrophysical Objects“).

Eine Zusammenfassung der Verursacher von Entropie in unserem Universum. Supermassereiche Schwarze Löcher stehen an der Spitze. Quelle: Egan und Lineweaver (deren Artikel merkt einige Warnungen und Empfehlungen für weitere Arbeiten an, um diese Abschätzungen zu verbessern).

Es ist möglich, die gegenwärtige Entropie unseres Universums abzuschätzen, indem man einfach die unterschiedlichen Entropiebeiträge der verschiedenen Komponenten zusammenzählt. An der Spitze stehen Schwarze Löcher – am Ende der Skala stehen leuchtkräftige Sterne. Sterne erscheinen als lokale Enthalpiespitzen – so wärmt zum Beispiel die Sonne die Erde und ermöglicht auf diesem Weg alle möglichen interessante Dinge. Doch handelt es sich hierbei um einen zeitlich begrenzten Prozess und zudem strahlt die Sonne das Meiste ihrer Energie nutzlos in den leeren Raum ab.

Egan und Lineweaver haben kürzlich die gegenwärtige Entropie im beobachtbaren Universum neu berechnet und erhielten einen Wert, der um eine Zehnerpotenz höher liegt als zuvor veranschlagt (wir sprechen hier von 1×10104 anstelle von 1×10103). Dies ist zum überwiegenden Teil auf die Einbeziehung der Entropie von kürzlich erkannten, supermassereichen Schwarzen Löchern zurückzuführen. Die Entropie eines Schwarzen Lochs ist proportional zu seiner Ereignishorizont-Oberfläche.

Das Ergebnis von Egan und Lineweaver deutet darauf hin, daß unser Universum dem Hitzetod doch ein bißchen näher ist, wie wir vorher gedacht haben.

Weiterführende Literatur (im Internet zu finden unter):

arXiv:0909.3983v3
C.A. Egan und C.H. Lineweaver
A Larger Estimate of the Entropy of the Universe (2010)
arXiv:astro-ph/9701131v1

Fred C. Adams und Gregory Laughlin

A DYING UNIVERSE: The Long Term Fate and Evolution of Astrophysical Objects (1996)