Astronomie ohne Teleskop – Orientierung bekommen

Das ist uns allen schon einmal passiert. Man hat einen attraktiven Menschen getroffen aber aus unerklärlichen Gründen versteht er nichts von Astronomie. Wie kann man diese nette Bekanntschaft behutsam an die eigene Leidenschaft (was natürlich die Astronomie ist) heranführen, ohne sie gleich wieder abzuschrecken?
Zuerst muss man verstehen, dass nicht jeder sofort voller Bewunderung erfahren möchte, dass man der stolze Besitzer eines 14-inch Schmidt-Cassegrain-Teleskops ist. Seltsam, aber es ist so. Und wie so oft wird es zu einer Herausforderung, die charmante Bekanntschaft dazu zu bringen, mit einem an einen einsamen Ort in der Wildnis zu fahren, um den klaren Nachthimmel zu betrachten doch erwähne man bloß nicht, dass es so etwas wie Astronomie mit dem unbewaffneten Auge gibt.
Man fängt einfach mit der Sonne an sie ist groß und es ist offensichtlich und jeder bekommt es mit, dass sie im Osten auf- und im Westen untergeht. Das wiederum bedeutet natürlich, dass sich die Erde in Wirklichkeit von West nach Ost bewegt. Und da man ja Astronom ist, verpflichtet dies natürlich, über die grundlegenden Bewegungsrichtungen informiert zu sein. Und so weist man unverfänglich auf diese Tatsache das wir uns auf diese Weise bewegen hin.
Und so beginnt vielleicht deine Bekanntschaft, eigene astronomische Beobachtungen zu machen. Alles was man selbst machen muss ist, den richtigen Moment abzupassen, das Hintergrundwissen zu vermitteln. Wenn sich die Erde von West nach Ost dreht, bedeutet dies, dass aus dem Weltraum gesehen jedenfalls wenn man sich über dem Nordpol befindet die Erde sich gegen den Uhrzeigersinn dreht.
Und die Tatsache, dass der Mond Tag für Tag ein bisschen weiter nach Osten wandert, bedeutet, dass auch er die Erde gegen den Uhrzeigersinn umkreist.
Und wenn man im richtigen Abschnitt der Mondphase ist könnte man in einer dieser romantischen mondhellen Nächte anmerken, dass in der vergangenen Nacht der Mond um diese Zeit da stand und er heute Nacht ein wenig nach Osten gewandert ist. Aber nicht weiter darauf herumreiten einfach nur mal so nebenbei erwähnen. In der folgenden Nacht weist man einfach mal darauf hin schau, der Mond steht jetzt ein bisschen weiter östlich! Vielleicht stellt die zauberhafte Bekanntschaft sogar fest, dass der Mond etwas voller geworden ist aber das ist jetzt sicher nicht die Zeit, um das Thema der Mondphasen zu erläutern.
Mit etwas Glück hat man das Interesse seiner neuen Freundschaft soweit hervorgerufen, daß man mit der Tatsache fortfahren kann, dasß sogar alle Planeten in dieser gegen den Uhrzeigersinn gerichteten Bewegung die Sonne umlaufen ja die Sonne selbst dreht sich einmal alle 28 Tage in dieser Richtung. Ein kurzer Hinweis auf die Theorie, dass sich das ganze Sonnensystem aus einer Gaswolke formte, die zu einer Scheibe abflachte und es ist vermutlich an der Zeit, sich einem anderen Gesprächsthema zuzuwenden. Jetzt passt es sicherlich nicht, auf die Erhaltung des Drehimpulses hinzuweisen. Lassen wir es ruhig angehen.
Von nun an könnte in den nächsten Tagen eine Vielzahl an Diskussionen aufkommen. Der mögliche neue Partner könnte darüber nachdenken, ob sich alle Planeten in der gleichen Richtung drehen worauf man antworten kann: ja, fast alle, mit Ausnahme von Venus und Uranus und schon ist man in ein Gespräch über Planetenzusammenstösse verwickelt. Oder man könnte gefragt werden, ob sich alle Monde der Planeten in der gleichen Richtung drehen – worauf man antworten muss: ja, fast alle. Aber da gibt es Triton, der Neptun falsch herum umkreist, weil er vermutlich aus dem Kuiper-Gürtel stammt. Also gibt es da noch einen Kuiper-Gürtel?
Viel Glück.
Von Steve Nerlich in Universe Today. Übersetzt von Harald Horneff