Es ist sogar noch bemerkenswerter, auf diese Art auf Reisen zu gehen.
Wenn man sich in einer Rakete entlang einer parabolischen Kurve bewegt, die der Kurve einer an der Erdoberfläche abgeschossenen Kanonenkugel folgt, wird man in seinen Sitz gedrückt, solange die Rakete beschleunigt. Aber sobald die Maschinen abgestellt werden, wird man in einem Bogen wieder zurück zur Erde stürzen und beim Fall Schwerelosigkeit erfahren – auch wenn ein aussenstehender Beobachter beobachtet, dass die Rakete bis zum Scheitelpunkt der Kurve immer langsamer wird und dann auf ihrem Weg zurück beschleunigt.
Nun ein gleiches Gedankenexperiment im All unter geringer Schwerkraft. Man starte die Maschinen, und man wird in seinen Sitz gepresst – aber sobald man die Maschinen abstellt, wird das Raumschiff mit konstanter Geschwindigkeit dahingleiten und man wird im freien Fall schweben – gerade so, wie wenn man seinem beschleunigten Ende auf dem Weg zur Erde entgegenstürzt.
Im eigenen Bezugssystem – dazu noch mit verbundenen Augen – hat man Schwierigkeiten, zwischen der von einer beschleunigten Rakete erzeugten parabolischen Bahnkurve in einem Gravitationsfeld und einer von einer beschleunigten Rakete erzeugten Bahnkurve im All unter geringer Schwerkraft zu unterscheiden. Den Unterschied bemerkt man spätestens, wenn man auf dem Boden aufschlägt.
Es gibt also einen guten Grund vorsichtig zu sein, wenn man auf die Kraft der Gravitation Bezug nimmt. Sie ist eben nicht wie ein unsichtbares elastisches Band, das einen zurückzieht, sobald man die Maschinen abstellt.
Auch beim Konzept der Gravitationsenergie sollte man vorsichtig sein. Allgemein gilt, dass ein Objekt beim Hochheben potentielle Energie gewinnt, die, wenn das Objekt wieder fällt, in kinetische Energie umgewandelt wird. Allerdings ergibt sich daraus, dass ein Objekt irgendwie dem Schwerkraftfeld Energie entzieht. Doch die einzige Energie in diesem Szenario ist die Energie, die dazu aufgewendet wird, das Objekt anzuheben.
Eine Verbesserung der üblichen zweidimensionalen Gummituchanalogie für die gekrümmte Raumzeit – obwohl das Gitter immer noch den Beitrag der ganz wichtigen Dimension Zeit vermissen lässt.
Man stelle sich einen unglücklichen Raumschiffkapitän vor, der sich Schlafen gelegt hat, während der Autopilot so eingestellt ist, dass man mit konstanter Geschwindigkeit von A nach B dahinschwebt – doch plötzlich schiebt sich ein Planet C mit geringer Atmosphäre zwischen A und B. Nichts von der nahenden Katastrophe ahnend, träumt der Kapitän glücklich vor sich hin, bis die Kollision in seinem Tod endet.
Der Zusammenstoss mit einer Titanwand geringer Masse, die plötzlich zwischen A und B auftaucht, würde unseren Kapitän ebenfalls töten, wenn die Flugbahn so abrupt unterbrochen wird. Der Unter-schied zum Zusammenprall mit dem Planeten liegt darin, dass ein aussenstehender Beobachter sieht, dass das Raumschiff offenbar bei Annäherung an die Oberfläche des massereichen Planeten stärker beschleunigt wird.
Wenn der Kapitän wach geblieben wäre, könnte er sich ein bisschen wie jemand vorgekommen sein, der durch einen Zeitlupenfilm voranschreitet, in dem jedes Bild, durch das man sich bewegt, mit einer etwas geringeren Rate als das vorhergehende abläuft und die räumlichen Dimensionen zunehmend schrumpfen. Während man sich von Bild zu Bild bewegt – jedes Mal die Anfangsbedingungen des vorherigen Bildes mitnehmend – wird die ursprünglich konstante Geschwindigkeit (verhältnismässig) schneller und schneller.
Also – keine Kraft, keine Energie. Nur Geometrie.
Von Steve Nerlich in Universe Today. übersetzt von Harald Horneff