Astronomie ohne Teleskop – Gesetze der Sternbildung

Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff

Man nehme eine Wolke molekularen Wasserstoffs, füge etwas Turbulenz hinzu und man erhält Sternbildung – so das einfache Gesetz. Der Wirkungsgrad der Sternbildung (Sterngröße und Sterndichte) ist hauptsächlich eine Funktion der Dichte der Ausgangswolke.

Auf der Ebene von Galaxien oder Sternhaufen wird eine niedrige Gasdichte eine geringe Anzahl von zudem kleinen, leuchtschwachen Sternen liefern – während eine hohe Gasdichte eine dicht bevölkerte Population großer, heller Sterne ergeben sollte. Doch liegt über dem Ganzen die entscheidende Frage nach der Metallizität – die auf eine Verringerung der Effizienz bei der Sternbildung hinwirkt.

Die starke Beziehung zwischen der Dichte des molekularen Wasserstoffs (H2) und dem Wirkungsgrad der Sternbildung ist als Kennicutt-Schmidt-Gesetz bekannt. Hingegen wird atomarer Wasserstoff als nicht geeignet angesehen, Sternbildung zu ermöglichen, da er zu heiß ist. Nur wenn er abkühlt, um molekularen Wasserstoff zu bilden, kann er beginnen, sich zu verdichten – von da ab können wir eine mögliche Sternbildung erwarten. Natürlich bringt dies einige ungeklärte Fragen darüber mit sich, wie sich die ersten Sterne innerhalb eines dichteren und heißeren ursprünglichen Universums gebildet haben könnten. Vielleicht spielt hier die Dunkle Materie eine Schlüsselrolle.

Im heutigen Universum kann atomarer Wasserstoff viel leichter abkühlen und sich zu molekularem Wasserstoff verbinden, da Metalle existieren, die dem interstellaren Medium durch vorausgegangene Sternpopulationen hinzugefügt wurden. Metalle, für Astronomen jedes Element schwerer als Wasserstoff und Helium, sind in der Lage, über eine größere Bandbreite Strahlungsenergie aufzunehmen und Wasserstoff zurückzulassen, der einer Erhitzung durch Sternstrahlung weniger stark ausgesetzt ist. Folglich wird eine metallreiche Gaswolke vermutlich leichter molekularen Wasserstoff bilden, der dann höchstwahrscheinlich die Sternbildung unterstützt.

Der Zusammenhang zwischen der Stärke der Sternwinde und der Sternmasse (d.h. großer Stern hat kräftigen Wind) – überlagert vom Einfluß der Metallizität. Die durchgezogene Linie gibt den Metallgehalt der Sonne wieder (Z=Zsol). Höhere Metallizität führt zu heftigeren Sternwinden bei gleicher Sternmasse. Quelle: Dib et al.

 

Das bedeutet aber nicht, daß Sternentstehung im heutigen Universum effizienter abläuft – und wieder liegt es an den Metallen. Eine neuere Veröffentlichung über die Abhängigkeit der Sternbildung von der Metallizität geht davon aus, daß sich ein Sternhaufen aus verklumpendem H2 innerhalb einer Gaswolke formt. Zuerst formen sich prästellare Kerne, die durch die Schwerkraft weiteres Material anziehen bis sie schließlich echte Sterne werden und beginnen, einen Sternwind zu erzeugen.

Bald darauf beginnt der Sternwind durch Rückkopplung dem Einfall weiteren Materials entgegen zu wirken. Wenn der nach außen wirkende Druck des Sternwinds gleich dem nach innen gerichteten Schwerkraftsog wird, kommt das weitere Sternwachstum zum Erliegen – und die größeren Sterne vom Typ O und B fegen jedes verbleibende Gas aus dem Gebiet des Haufens und unterdrücken damit sogar jedwede weitere Sternbildung.

Die Abhängigkeit einer effizienten Sternbildung von der Metallizität kommt vom Einfluß derselben auf den Sternwind. Sterne mit einem höheren Metallgehalt haben stärkere Winde als Sterne gleicher Masse, aber geringerem Metallanteil. Daher wird ein Sternhaufen – oder gar eine Galaxie – der sich aus einer Gaswolke mit hohem Metallgehalt bildete, eine geringere Sternbildungseffizienz zeigen. Dies liegt daran, daß das Wachstum eines Sterns durch die Rückkopplung mit seinem eigenen Sternwind in den späten Wachstumsphasen unterdrückt wird und alle großen O- und B-Sterne verbleibendes, ungebundenes Gas viel schneller wegblasen als ihre metallärmeren Gegenstücke.

Der Einfluß der Metallizität ist vermutlich das Ergebnis der „Linienstrahlungsbeschleunigung“, die von der Möglichkeit der Metalle herrührt, Strahlung über einen weiten Bereich ihrer Energieniveaus zu absorbieren. Daher zeigen Metalle viel mehr Absorptionslinien als Wasserstoff. Die Absorption von Strahlung durch ein Ion bedeutet, daß etwas von der Impulsenergie des Photons auf das Ion übertragen wird, mit dem Ergebnis, daß solche Ionen in Form des Sternwinds vom Stern wegfliegen können. Die Möglichkeit von Metallen, mehr Strahlungsenergie zu absorbieren als dies Wasserstoff kann, bedeutet, daß man immer einen kräftigeren Wind (d. h. mehr Ionen werden weggeblasen) von Sternen mit höherem Metallgehalt bekommt.

Weiterführende Literatur (im Internet zu finden unter):

arXiv:1109.3699v1

Sami Dib, Laurent Piau, Subhanjoy Mohanty, Jonathan Braine

The Dependence of the Galactic Star Formation Laws on Metallicity (2011)