AKTUELL – NASA’s Webb läßt Atmosphäre um felsigen Exoplaneten möglich erscheinen

Originalveröffentlichung am 08.05.2024 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases

Zusammenfassung: Gas, das aus einer mit Lava bedeckten Oberfläche auf 55 Cancri e aufsteigt, könnte eine Atmosphäre mit hohem Kohlendioxid- oder Kohlenmonoxidanteil speisen

Heutzutage mag die Entdeckung einer Planetenatmosphäre zehn oder sogar hunderte von Lichtjahren von der Erde entfernt keine große Sache mehr sein. Wissenschaftler haben in den letzten zwei Jahrzehnten bei Dutzenden von Exo-planeten Anzeichen für eine Atmosphäre gefunden. Der Haken an der Sache ist, daß alle diese Planeten dicke, wasser-stoffdominierte Atmosphären haben, die relativ leicht zu untersuchen sind. Die viel dünneren Gasmäntel, die mit ziemlicher Sicherheit einige kleine, felsige Exoplaneten umgeben, waren bisher nicht zu finden.

Forscher glauben, daß sie endlich einen Blick auf eine Atmosphäre mit vielen flüchtigen Bestandteilen werfen konnten, die einen Gesteinsplaneten umgibt. Das vom heißen, intensiv bestrahlten Exoplaneten 55 Cancri e ausgestrahlte Licht zeigt überzeugende Beweise auf eine Atmosphäre, die wahrscheinlich reich an Kohlendioxid oder Kohlenmonoxid ist und aus einem riesigen Lavaozean auf der Oberfläche des Planeten sprudelt.

Das Ergebnis ist der bisher beste Beweis für eine felsige Planetenatmosphäre außerhalb unseres Sonnensystems.

Forscher haben mit NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop möglicherweise atmosphärische Gase in der Umgebung von 55 Cancri e, einem 41 Lichtjahre von der Erde entfernten heißen felsigen Exoplaneten, entdeckt. Dies ist der bisher beste Beweis für die Existenz einer Atmosphäre auf einem Gesteinsplaneten außerhalb unseres Sonnensystems.

Renyu Hu vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena, Kalifornien, ist Hauptautor eines heute in Nature veröffentlichten Artikels. „Webb verschiebt die Grenzen der Charakterisierung von Exoplaneten auf Gesteinsplaneten“, sagte Hu. „Webb ermöglicht wirklich eine neue Art von Wissenschaft“.

Superheiße Supererde 55 Cancri e

55 Cancri e, auch bekannt als Janssen, ist einer von fünf bekannten Planeten, die den sonnenähnlichen Stern 55 Cancri im Sternbild Krebs umkreisen. Mit einem Durchmesser, der fast doppelt so groß ist wie der der Erde, und einer geringfügig höheren Dichte wird der Planet als Supererde eingestuft: größer als die Erde, kleiner als Neptun und wahrscheinlich in der Zusammensetzung ähnlich wie die Gesteinsplaneten in unserem Sonnensystem.

55 Cancri e als „felsig“ zu bezeichnen, könnte jedoch einen falschen Eindruck vermitteln. Der Planet umkreist seinen Stern so nah (etwa 2,25 Millionen Kilometer oder ein fünfundzwanzigstel der Entfernung zwischen Merkur und Sonne), daß seine Oberfläche vermutlich geschmolzen ist – ein brodelnder Ozean aus Magma. Bei einer so engen Umlaufbahn umkreist der Planet wahrscheinlich seinen Stern zudem gebunden, d. h. seine Tagseite ist immer dem Stern zugewandt und seine Nachtseite befindet sich in ständiger Dunkelheit.

Trotz zahlreicher Beobachtungen seit seiner Entdeckung im Jahr 2011 mit der Transitmethode ist die Frage, ob 55 Cancri e eine Atmosphäre hat – oder angesichts seiner hohen Temperatur und der ständigen Strahlung und des Windes seines Sterns überhaupt eine haben könnte – noch immer unbeantwortet.

„Ich beschäftige mich seit mehr als einem Jahrzehnt mit diesem Planeten“, sagt Diana Dragomir, Exoplanetenforscherin an der Universität von New Mexico und Mitautorin der Studie. „Es war wirklich frustrierend, daß keine der Beobachtungen, die wir erhalten haben, diese Rätsel wirklich gelöst hat. Ich bin begeistert, daß wir endlich ein paar Antworten bekommen!“

Im Gegensatz zu den Atmosphären von Gasriesen, die relativ leicht auszumachen sind (die erste wurde vor mehr als zwei Jahrzehnten vom Hubble-Weltraumteleskop der NASA entdeckt), sind die dünneren und dichteren Atmosphären von Gesteinsplaneten bisher nicht zu erkennen.

Frühere Untersuchungen von 55 Cancri e anhand von Daten des inzwischen außer Dienst gestellten NASA-Weltraum-teleskops Spitzer deuteten auf das Vorhandensein einer umfangreichen Atmosphäre hin, die reich an flüchtigen Stoffen (Moleküle, die auf der Erde in Gasform vorkommen) wie Sauerstoff, Stickstoff und Kohlendioxid ist. Die Forscher konnten jedoch eine andere Möglichkeit nicht ausschließen: daß der Planet, abgesehen von einer dünnen Hülle aus verdampftem Gestein, das reich an Elementen wie Silizium, Eisen, Aluminium und Kalzium ist, ohne Atmosphäre ist. „Der Planet ist so heiß, daß ein Teil des geschmolzenen Gesteins verdampfen müsste“, erklärt Hu.

Messung subtiler Änderungen bei infraroten Farben

Um zwischen den beiden Möglichkeiten zu unterscheiden, setzte das Team Webb’s NIRCam (Nahinfrarotkamera) und MIRI (Mittelinfrarotinstrument) ein, um das vom Planeten kommende Infrarotlicht im Bereich von 4 bis 12 Mikrometern zu messen.

Obwohl Webb kein direktes Bild von 55 Cancri e einfangen kann, kann es subtile Veränderungen im Licht des Systems messen, während der Planet den Stern umkreist.

Durch Subtraktion der Helligkeit während der sekundären Finsternis, wenn sich der Planet hinter dem Stern befindet (nur Sternenlicht), von der Helligkeit, wenn sich der Planet direkt neben dem Stern befindet (Licht von Stern und Planet zusammen), konnte das Team die Menge verschiedener Wellenlängen an Infrarotlicht berechnen, die von der Tagseite des Planeten kommt.

Diese als Sekundärfinsternis-Spektroskopie bekannte Methode ähnelt derjenigen, die von anderen Forscherteams bei der Suche nach Atmosphären auf anderen felsigen Exoplaneten wie TRAPPIST-1 b eingesetzt wird.

Kühler als erwartet

Der erste Hinweis darauf, daß 55 Cancri e eine nennenswerte Atmosphäre haben könnte, ergab sich aus Temperatur-messungen auf der Grundlage seiner Wärmeabstrahlung, d. h. der in Form von Infrarotlicht abgegebenen Wärmeenergie. Wenn der Planet von dunklem geschmolzenem Gestein mit einem dünnen Schleier aus verdampftem Gestein oder gar keiner Atmosphäre bedeckt ist, sollte die Temperatur auf der Tagseite bei etwa 2.200 Grad Celsius liegen.

„Stattdessen zeigten die MIRI-Daten eine relativ niedrige Temperatur von etwa 1540 Grad Celsius“, so Hu. „Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß die Energie von der Tagseite zur Nachtseite verteilt wird, höchstwahrscheinlich durch eine Atmosphäre mit vielen flüchtigen Bestandteilen.“ Lavaströme können zwar etwas Wärme auf die Nachtseite transportieren, aber nicht effizient genug, um den Kühleffekt zu erklären.

Als das Team die NIRCam-Daten untersuchte, sahen sie Muster, die auf eine Atmosphäre mit vielen flüchtigen Bestand-teilen schließen lassen. „Wir sehen Anzeichen für einen Abfall des Spektrums zwischen 4 und 5 Mikrometern – weniger von diesem Licht erreicht das Teleskop“, erklärte Co-Autor Aaron Bello-Arufe, ebenfalls vom NASA JPL. „Dies deutet auf das Vorhandensein einer Atmosphäre hin, die Kohlenmonoxid oder Kohlendioxid enthält, welche diese Wellenlängen des Lichts absorbieren.“ Ein Planet ohne Atmosphäre oder mit einer Atmosphäre, die nur aus verdampftem Gestein besteht, würde dieses spezifische Spektralmerkmal nicht aufweisen.

„Wir haben die letzten zehn Jahre damit verbracht, verschiedene Szenarien zu modellieren, um uns vorzustellen, wie diese Welt aussehen könnte“, sagt Ko-Autorin Yamila Miguel vom Leidener Observatorium und dem Niederländischen Institut für Weltraumforschung (SRON). „Endlich eine Bestätigung für unsere Arbeit zu bekommen, ist unbezahlbar!“

Blubbernder Magmaozean

Das Team geht davon aus, daß die Gase, die über 55 Cancri e liegen, aus dem Inneren heraussprudeln und nicht schon seit der Entstehung des Planeten vorhanden sind. „Die primäre Atmosphäre wäre aufgrund der hohen Temperatur und der intensiven Strahlung des Sterns längst verschwunden“, so Bello-Arufe. „Es handelt sich um eine sekundäre Atmosphäre, die durch den Magmaozean ständig erneuert wird. Magma besteht nicht nur aus Kristallen und flüssigem Gestein, sondern auch aus einer Menge gelöster Gase.“

Auch wenn 55 Cancri e viel zu heiß ist, um bewohnbar zu sein, glauben die Forscher, daß er ein einzigartiges Fenster für die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Atmosphären, Oberflächen und dem Inneren von Gesteinsplaneten bieten könnte und vielleicht Einblicke in die frühen Bedingungen von Erde, Venus und Mars liefert, von denen man annimmt, daß sie vor langer Zeit mit Magmaozeanen bedeckt waren. „Letztendlich wollen wir verstehen, welche Bedingungen es einem Gesteinsplaneten ermöglichen, eine gasreiche Atmosphäre aufrechtzuerhalten: eine Schlüssel-voraussetzung für einen bewohnbaren Planeten“, so Hu.

Diese Forschung wurde im Zuge des Webb General Observers (GO) Program 1952 durchgeführt. Die Auswertung weiterer Beobachtungen der Sekundärfinsternis von 55 Cancri e ist derzeit in Arbeit.

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraum-organisation).

Supererde-Exoplanet 55 Cancri e (Artist’s Concept)

NASA, ESA, CSA, Ralf Crawford (STScI)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): 55 Cancri e, auch Janssen genannt
  • Objektbeschreibung: Supererde-Exoplanet
  • Rektaszension: 08:52:35.24
  • Deklination: +28:19:47.34
  • Sternbild: Cancer
  • Entfernung: 41 Lichtjahre
  • Abmessung: Radius: 1,95 × Erde; Masse: 8,8 × Erde
  • Daten
  • Datenbeschreibung: Dies ist ein künstlerisches Konzept, das auf spektroskopischen Beobachtungen mehrerer Teleskope, darunter Webb, Hubble und Spitzer, beruht. Es gibt keine direkten Bilder von 55 Cancri e.

Über das Bild: Dieser künstlerische Entwurf zeigt, wie der Exoplanet 55 Cancri e aussehen könnte.

55 Cancri e, auch Janssen genannt, ist eine so genannte Supererde, ein Gesteinsplanet, der deutlich größer als die Erde, aber kleiner als Neptun ist und seinen Stern in einer Entfernung von nur 2,25 Millionen Kilometern (0,015 Astronomische Einheiten) umkreist, wobei er eine volle Umkreisung in weniger als 18 Stunden zurücklegt. (Merkur ist 25 Mal weiter von der Sonne entfernt als 55 Cancri e von seinem Stern.) Das System, zu dem auch vier große Gasriesen gehören, befindet sich etwa 41 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Krebs.

Beobachtungen von Webb’s NIRCam und MIRI legen nahe, daß der Planet von einer Atmosphäre umgeben sein könnte, die reich an Kohlendioxid (CO2) oder Kohlenmonoxid (CO) ist. Aufgrund der großen Nähe zu seinem Stern ist der Planet extrem heiß und vermutlich mit geschmolzenem Gestein bedeckt. Die Forscher vermuten, daß die Gase, aus denen die Atmosphäre besteht, aus dem Magma herausgesprudelt sein könnten.

Eine Atmosphäre auf diesem Planeten wäre vermutlich komplex und aufgrund der Wechselwirkungen mit dem Magma-ozean recht variabel. Neben Kohlenmonoxid oder Kohlendioxid könnte es Gase wie Stickstoff, Wasserdampf, Schwefel-dioxid, etwas verdampftes Gestein und sogar kurzlebige Wolken aus winzigen, aus der Luft kondensierten Lavatröpfchen geben.

Der Stern 55 Cancri ist ein Stern vom Typ K, der fast die gleiche Größe und Masse wie die Sonne hat, aber etwas kühler und lichtschwächer ist. Er ist gerade hell genug, um mit bloßem Auge an einem sehr dunklen Himmel gesehen zu werden. Der Stern und der Planet sind so nahe beieinander, daß der Stern am Himmel des Planeten 70 Mal breiter erscheint als die Sonne an unserem Himmel. Da der Planet wahrscheinlich gebunden rotiert, würde der Stern von jedem beliebigen Punkt aus am Himmel feststehend erscheinen.

Dieses künstlerische Konzept basiert auf neuen Daten, die von NIRCam und MIRI gesammelt wurden, sowie auf früheren Beobachtungen anderer boden- und weltraumgestützter Teleskope, einschließlich NASA’s Hubble-Teleskop und des außer Dienst gestellten Spitzer-Teleskops. Webb hat noch keine Aufnahmen des Planeten gemacht.

Supererde-Exoplanet 55 Cancri e (MIRI Secondary Eclipse Light Curve)

NASA, ESA, CSA, Joseph Olmsted (STScI)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): 55 Cancri e, auch Janssen genannt; Stern: 55 Cancri, auch Rho-1 Cancri oder Copernicus genannt
  • Objektbeschreibung: Supererde-Exoplanet, der einen K-Stern umkreist
  • Rektaszension: 08:52:35.24
  • Deklination: +28:19:47.34
  • Sternbild: Cancer
  • Entfernung: 41 Lichtjahre
  • Daten
  • Datenbeschreibung: MIRI-Spektroskopie mit niedriger Auflösung und Zeitreihe (5-12 Mikrometer)
  • Instrument: MIRI

Über das Bild: Diese Lichtkurve zeigt die Veränderung der Helligkeit des Systems 55 Cancri, wenn sich der Gesteins-planet 55 Cancri e, der nächstgelegene der fünf bekannten Planeten des Systems, hinter den Stern bewegt. Dieses Phänomen ist als sekundäre Finsternis bekannt.

Wenn sich der Planet neben dem Stern befindet, erreicht das Licht im mittleren Infrarotbereich, das sowohl vom Stern als auch von der Tagseite des Planeten abgestrahlt wird, das Teleskop, und das System erscheint heller. Befindet sich der Planet hinter dem Stern, wird das vom Planeten abgestrahlte Licht blockiert und nur das Sternenlicht erreicht das Teleskop, wodurch die scheinbare Helligkeit abnimmt.

Astronomen können die Helligkeit des Sterns von der kombinierten Helligkeit von Stern und Planet abziehen, um zu be-rechnen, wie viel Infrarotlicht von der Tagseite des Planeten kommt. Daraus läßt sich die Temperatur der Tagseite berech-nen und ableiten, ob der Planet eine Atmosphäre hat oder nicht.

Die Graphik zeigt Daten, die im März 2023 mit dem niedrig auflösenden Spektroskopiemodus des Mid-Infrared-Instruments von Webb gesammelt wurden. Jeder der violetten Datenpunkte zeigt die Helligkeit des Lichts im Wellenlängenbereich von 7,5 bis 11,8 Mikrometern, gemittelt über Intervalle von etwa 5 Minuten. Die graue Linie ist die beste Anpassung bzw. die Modelllichtkurve, die am besten mit den Daten übereinstimmt. Die Helligkeitsabnahme während der sekundären Finsternis beträgt nur 110 Teile pro Million, also etwa 0,011 Prozent.

Die aus dieser Beobachtung errechnete Temperatur des Planeten liegt bei etwa 1.800 Kelvin (ca. 1.500 Grad Celsius), was deutlich niedriger ist, als man erwarten würde, wenn der Planet keine Atmosphäre oder nur eine dünne Atmosphäre aus verdampften Gestein hätte. Diese relativ niedrige Temperatur deutet darauf hin, daß die Wärme von der Tagseite auf die Nachtseite des Planeten befördert wird, möglicherweise durch eine Atmosphäre, die reich an flüchtigen Bestandteilen ist.

Supererde-Exoplanet 55 Cancri e (NIRCam + MIRI Emission Spectrum)

NASA, ESA, CSA, Joseph Olmsted (STScI)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): 55 Cancri e, auch Janssen genannt; Stern: 55 Cancri, auch Rho-1 Cancri oder Copernicus genannt
  • Objektbeschreibung: Supererde-Exoplanet, der einen K-Stern umkreist
  • Rektaszension: 08:52:35.24
  • Deklination: +28:19:47.34
  • Sternbild: Cancer
  • Entfernung: 41 Lichtjahre
  • Daten
  • Datenbeschreibung NIRCam: Gitterprisma-Zeitserienspektroskopie bei F444W
  • Datenbeschreibung MIRI: Zeitserienspektroskopie mit niedriger Auflösung (5-12 Mikrometer)
  • Instrument: NIRCam und MIRI

Über das Bild: Ein thermisches Emissionsspektrum, das von Webb’s NIRCam (Nahinfrarotkamera) im November 2022 und MIRI (Mittelinfrarotinstrument) im März 2023 aufgenommen wurde, zeigt die Helligkeit (y-Achse) verschiedener Wellenlängen des infraroten Lichts (x-Achse), das vom Exoplaneten 55 Cancri e, einer Supererde, abgestrahlt wird. Das Spektrum zeigt, daß der Planet vermutlich von einer Atmosphäre umgeben ist, die reich an Kohlendioxid oder Kohlen-monoxid und anderen flüchtigen Stoffen und nicht nur an verdampftem Gestein ist.

Das Diagramm vergleicht die von NIRCam (orangefarbene Punkte) und MIRI (lila Punkte) gesammelten Daten mit zwei verschiedenen Modellen. Modell A (rot) zeigt, wie das Emissionsspektrum von 55 Cancri e aussehen sollte, falls er eine Atmosphäre aus verdampftem Gestein hat. Modell B (blau) zeigt, wie das Emissionsspektrum aussehen sollte, wenn der Planet eine Atmosphäre mit vielen flüchtigen Bestandteilen besitzt, die aus einem Magmaozean mit einem ähnlichen Gehalt an flüchtigen Bestandteilen wie der Erdmantel ausgegast ist. Sowohl die MIRI- als auch die NIRCam-Daten stimmen mit dem Modell aus flüchtigen Bestandteilen überein.

Die Menge des vom Planeten abgestrahlten Lichts im mittleren Infrarotbereich (MIRI) zeigt, daß die Temperatur auf der Tagseite des Planeten deutlich niedriger ist, als wenn er keine Atmosphäre hätte, die die Wärme von der Tagseite auf die Nachtseite überträgt. Der Abfall im Spektrum zwischen 4 und 5 Mikrometern (NIRCam-Daten) läßt sich durch die Absorption dieser Wellenlängen durch Kohlenmonoxid- oder Kohlendioxidmoleküle in der Atmosphäre erklären.

Das Spektrum wurde durch Messung der Helligkeit von Licht bei 4 bis 5 Mikrometern mit Webb’s NIRCam Gitterprisma-Spektrometer und von Licht von 5 bis 12 Mikrometern mit dem niedrig auflösenden MIRI-Spektrometer vor, während und nach der Bewegung des Planeten hinter seinem Stern (der sekundären Finsternis) erstellt. Die Menge jeder vom Planeten abgestrahlten Wellenlänge (y-Achse) wurde berechnet, indem die Helligkeit des Sterns allein (während der sekundären Finsternis) von der Helligkeit des Sterns und des Planeten zusammen (vor und nach der Finsternis) abgezogen wurde. Jede Beobachtung dauerte etwa 8 Stunden.

Obwohl die Helligkeitsunterschiede zwischen den einzelnen Wellenlängen im NIRCam-Band aus der Beobachtung abge-leitet wurden (die Daten deuten auf ein Tal zwischen 4 und 5 Mikrometer hin), konnte die absolute Helligkeit (die vertikale Position dieses Tals) wegen des Rauschens in den Daten nicht genau gemessen werden.