Abströmendes Gas in ultraleuchtkräftigen Galaxien

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Die ultraleuchtkräftige Galaxie Arp 220. Eine Untersuchung der energiereichen Abströmungen aus molekularem Gas in diesen Objekten mit Hilfe der im fernen Infrarot liegenden Linien des OH-Moleküls hat ergeben, daß diese Objekte so viel wie eintausend Sonnenmassen pro Jahr ausstoßen können.
NASA, ESA, and the Hubble Team

Galaxien entwickeln sich über Milliarden Jahre, teilweise durch Aktivität von Sternentstehung und ihrer supermassereichen, zentralen Schwarzen Löcher als auch durch die Verschmelzungen mit anderen Galaxien. Einige Merkmale von Galaxien, insbesondere der starke Zusammenhang, den man zwischen der Masse des zentralen Schwarzen Lochs und Eigenschaften wie stellarer Geschwindigkeitsverteilung oder Leuchtkraft der Galaxie findet, weisen auf eine grundlegende Verbindung zwischen dem Wachstum des Schwarzen Lochs im Zentrum und der Verteilung der stellaren Masse auf einem übergeordneten Maßstab hin. Deshalb ist irgendeine Form der Rückkopplung zu erwarten, um diese engen Beziehungen zu erklären und Astronomen sind bemüht gewesen, diese Rückkopplung zu identifizieren und zu untersuchen. Ein führender Vorschlag für die Rückkopplung ist das Vorhandensein von warmem, abströmendem Gas, angetrieben durch neue Sterne, aber dies würde die Galaxie um ihren Rohstoff berauben, der zur Bildung neuer Sterne und/oder zur Erhöhung der Masse des Schwarzen Lochs notwendig ist.

In den 1990er Jahren entdeckte das Infrared Space Observatory (ISO) durch das OH-Molekül Hinweise auf warmes Gas in leuchtkräftigen Galaxien. Diesen Messungen folgten mit dem neuen Herschel-Weltraum-Observatorium geschwindigkeitsaufgelöste Beobachtungen von sechs ausgeprägten OH-Linien im fernen Infrarot. Die CfA-Astronomen Eduardo Gonzalez-Alfonso, Matt Ashby sowie Howard Smith leiteten ein Forscherteam, das von den vier stärksten OH-Linien in vierzehn ultraleuchtkräftigen Infrarot-Galaxien (ULIRGs) eine Datenreduktion vornahmen und modellierten. Der Datensatz dieser OH-Linien aus den ULIRGs ist dahingehend bemerkenswert, daß sie manchmal in Absorption, manchmal in Emission erscheinen und zuweilen ein wenig von beidem zeigen, abhängig von der jeweiligen Linie und der Geschwindigkeitskomponente. Viele dieser spektralen Besonderheiten sind für eine auswärts gerichtete Gasbewegung kennzeichnend und das Team hat ein Modell für den Strahlungstransport entwickelt, um die Geometrie und die Bewegung des strömenden Gases aus den komplexen Linienformen abzuleiten.

Die Forscher schreiben, daß es tatsächlich kräftige Abströmungen in diesen ULIRGs gibt, von denen einige mehr als tausend Sonnenmassen pro Jahr und Energien von hundert Milliarden Sonnen (ein paar Prozent der gesamten Energie der galaktischen Leuchtkraft) ausstoßen. Die charakteristische Zeit, die benötigt wird, um dieses Gas aus der Galaxie zu treiben, beträgt nur wenige hundert Millionen Jahre und die Astronomen ziehen den Schluß, daß die Abströmungen unregelmäßig (nicht ununterbrochen) auftreten müssen und vermutlich an die ebenfalls zufällig aufflackernde Aktivität des zentralen Schwarzen Lochs gebunden sind, dessen Aktivität wiederum mit den Gasbewegungen verbunden werden kann, die durch Galaxienverschmelzungen ausgelöst werden.

Literatur:

„Molecular Outflows in Local ULIRGs: Energetics from Multi-Transition OH Analysis“

E. Gonzalez-Alfonso, J. Fischer, H. Spoon, K. P. Stewart, M. L. N. Ashby, S. Veilleux, H. A. Smith, E. Sturm, D. Farrah, N. Falstad, M. Melendez, J. Gracia-Carpio, A. W. Janssen, V. Lebouteiller

The Astrophysical Journal, 836:11 (41pp), 2017 February 10