Abbildung der molekularen Abströmung einer Galaxie (Originalartikel vom 09.03.2018)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine Hubble-Aufnahme der verschmelzenden Galaxien NGC 6240. Wie andere leuchtkräftige Verschmelzungen beherbergt diese einen schnellen Strom an molekularem Gas. Astronomen haben jetzt das Kohlenmonoxidgas in den zentralen Bereichen von NGC 6240 abgebildet und entdeckt, daß das Gas Jet-ähnliche Abströmungen formt, die von der Aktivität um die zentralen Schwarzen Löcher angetrieben werden. NASA / HST


 
Eine Verschmelzung zwischen Galaxien kann durch Sternentstehungsausbrüche und Akkretion von Gas auf die beiden supermassereichen Schwarzen Löcher in ihren Zentren heftige Strahlung auslösen. Astronomen haben eine starke statistische Korrelation zwischen den Massen dieser Schwarzen Löcher und anderen Eigenschaften der Galaxien, etwa ihrem Geschwindigkeitsaufbau oder ihrer Leuchtkraft, beobachtet und gefolgert, daß es da eine Verbindung geben muß. Irgendeine Art von Rückkopplung scheint am ehesten diese Wechselbeziehungen zu erklären und Astronomen arbeiten daran, Ursprung und Natur der Rückkopplung zu identifizieren. Ein besonders interessanter Vorschlag für die Rückkopplung ist ein Abströmen von molekularem Gas; sobald eingeschaltet, würde das Abströmen die Galaxie an Rohmaterial auszehren, das für die Bildung neuer Sterne und das weitere Anwachsen der Masse des Schwarzen Lochs benötigt wird. Hinweise auf molekulare Abströmungen sind im fernen Infrarot in den Spektrallinien von Molekülen gefunden worden, doch diesen spektralen Ergebnissen fehlt die überzeugende räumliche Information, die benötigt wird, um diese Aktivitäten mit den galaktischen Kernen selbst in Verbindung zu bringen.
Der CfA-Astronom Junko Ueda ist Mitglied eines Teams von fünfzehn Astronomen, welches die exzellenten räumlichen Abbildungsfähigkeiten des Submillimeter-Teleskops ALMA nutzte, um die Abströmung in der leuchtkräftigen Galaxie NGC 6240 zu untersuchen, die als leuchtkräftige Verschmelzung in ihrem letzten Stadium bekannt ist. Ihre beiden Kerne, nur zweitausend Lichtjahre voneinander getrennt, hat man bereits vom Röntgen- bis zum Radiobereich beobachtet. Die Astronomen verwendeten eine Spektrallinie des weit verbreiteten Moleküls Kohlenmonoxid, um den inneren Bereich der Galaxie zu untersuchen. Die Linie deckte auch die Anwesenheit von Gasbewegungen mit Geschwindigkeiten bis zu zweitausend Kilometer pro Sekunde auf, was in Übereinstimmung mit einem mächtigen Wind steht, der einen gewaltigen Materiestrom aus der Galaxie antreibt.
Die neuen Aufnahmen konnten erstmals verschiedene Regionen identifizieren, in denen Aktivität in Form von Abströmung stattfindet und dies nur wenige tausend Lichtjahre von den Schwarzen Löchern entfernt und so ausgerichtet, als ob diese Aktivität durch Prozesse angetrieben wird, die mit den Schwarzen Löchern im Kern verbunden sind. Zudem stimmen diese Regionen räumlich mit anderen Indizien einer allgemeinen Aktivität, wie geschocktes Gas und Röntgenstrahlung, überein. Die neuen Ergebnisse gehören zu den ersten Belegen dafür, daß die weithin sichtbare Aktivität der Abströmung molekularen Gases von Rückkopplungsmechanismen mit Schwarzen Löchern hervorgerufen wird.
Literatur:
„Imaging the Molecular Outflows of the Prototypical ULIRG NGC 6240 with ALMA“
T. Saito, D. Iono, J. Ueda, D. Espada, K. Sliwa, K. Nakanishi,N. Lu, C. K. Xu, T. Michiyama, H. Kaneko, T. Yamashita, M. Ando, M. S. Yun, K. Motohara, and R. Kawabe
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters 475, L52, 2018
oder
arXiv:1712.07660v1 [astro-ph.GA]