47 Tuc W

(Originalarbeit unter https://chandra.harvard.edu)

Chandra findet lang gesuchte Verbindung zur Herkunft der Millisekunden-Pulsare

X-ray: NASA/CXC/CfA/J. Grindlay & C. Heinke
Optical: ESO/Danish 1.54-m/W. Keel et al.

Das als 47 Tuc W (mit einem Pfeil im Röntgenbild gekennzeichnet) bekannte seltsame kosmische Objekt ist ein Doppel-sternsystem, bestehend aus einem normalen Stern und einem Neutronenstern, der alle 2.35 Millisekunden eine voll-ständige Umdrehung ausführt. Man blinzle mit dem Auge und ein superdichter Stern von der Größe der Insel Manhatten wird sich 25 Mal oder öfter gedreht haben!

Neue Chandra-Beobachtungen liefern jetzt die beste Information, weshalb solche Neutronensterne, Millisekunden-Pulsare genannt, so schnell rotieren. Die Lösung ist der Standort – in diesem Fall die überfüllten Räume des Kugelsternhaufens 47 Tucanae, wo Sterne weniger als ein Zehntel Lichtjahr voneinander getrennt sind. Fast zwei Dutzend Millisekunden-Pulsare sind dort zu finden. Diese große Auswahl ist ein Glücksfall für Astronomen, die versuchen, Theorien über die Herkunft der Millisekunden-Pulsare zu testen und erhöht die Aussichten, daß sie ein entscheidendes Übergangsobjekt von der Art 47 Tuc W entdecken würden.

47 Tuc W hebt sich von der Masse ab, da es mehr hochenergetische Röntgenstrahlung als die anderen Objekte erzeugt. Diese Besonderheit weist auf eine andere Herkunft der Röntgenstrahlung hin, nämlich eine Schockwelle infolge einer Kollision zwischen Materie, die von einem Begleitstern abströmt, und Partikel, die mit nahezu Lichtgeschwindigkeit vom Pulsar davonrasen. Regelmäßige Änderungen im optischen und Röntgenlicht in Übereinstimmung mit der 3.2 stündigen Umlaufperiode der Sterne stützt diese Auslegung.

Astronomen am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, Massachusetts, wiesen darauf hin, daß Röntgensignatur und Änderungen des Lichts von 47 Tuc W nahezu mit denen übereinstimmen, die man bei einer Röntgen-binärquelle, bekannt als J1808, beobachtete. Sie meinen, daß diese Ähnlichkeiten zwischen einem bekannten Millisekunden-Pulsar und einem bekannten Röntgendoppelstern die lange gesuchte Verbindung zwischen dieser Art an Objekten liefern.

Laut Theorie ist der erste Schritt zur Bildung eines Millisekunden-Pulsars die Entstehung eines Neutronensterns, wenn ein massereicher Stern zu einer Supernova wird. Wenn sich der Neutronenstern in einem Kugelsternhaufen befindet, wird er einen unberechenbaren Tanz um das Zentrum des Clusters aufführen, vielleicht einen Begleitstern einfangen, den er später gegen einen anderen austauschen kann.

Wie auf einer überfüllten Tanzfläche kann die dichte Besetzung in einem Kugelsternhaufen den Neutronenstern veran-lassen, näher an seinen Partner heranzurücken oder seinen Partner zu tauschen und ein noch engeres Paar zu bilden. Wenn das Paar eng genug beieinander ist, beginnt der Neutronenstern, Materie von seinem Begleiter abzuziehen. Während Materie auf den Neutronenstern fällt, gibt sie Röntgenstrahlung ab. Ein Röntgendoppelsternsystem hat sich gebildet und der Neutronenstern hat den wichtigen zweiten Schritt hin zu einem Millisekunden-Pulsar gemacht.

Die auf den Neutronenstern fallende Materie läßt diesen langsam schneller drehen, so wie ein Kinderkarussell jedes Mal durch Anstoßen schneller wird. Nach 10 bis 100 Millionen Jahren Anschub dreht sich der Neutronenstern ein Mal alle paar Millisekunden. Schließlich wird infolge der schnellen Rotation des Neutronensterns oder der Entwicklung des Begleiters der Einfall von Materie gestoppt, die Röntgenabstrahlung läßt nach und der Neutronenstern erscheint neu als ein Radio-strahlung aussendender Millisekunden-Pulsar.

Es ist wahrscheinlich, daß der Begleiter in 47 Tuc W – ein normaler Stern mit mehr als etwa einem Achtel der Sonnen-masse – eher ein neuer Partner ist als der Begleiter, der den Pulsar beschleunigte. Der neue Partner, kürzlich bei einem Austausch, der den bisherigen Begleiter ausstieß, erworben, versucht den sich schon längst schnell drehenden Pulsar zu bremsen und erzeugt die beobachtete Schockwelle. Dagegen findet sich der Röntgendoppelstern J1808 nicht in einem Kugelsternhaufen und nimmt sehr wahrscheinlich mit seinem ursprünglichen Begleiter vorlieb, der auf die Größe eines Braunen Zwergs von weniger als 5% der Sonnenmasse ausgezehrt worden ist.

Die meisten Astronomen stimmen der Vorstellung von einer Beschleunigung in einem Doppelsternsystem zur Bildung eines Millisekunden-Pulsars zu, da sie Neutronensterne beobachtet haben, die in Röntgendoppelsternsystemen be-schleunigt werden, und nahezu alle Radio-Millisekunden-Pulsare in Binärsystemen beobachtet wurden. Bis jetzt hat es an einem eindeutigen Beweis gefehlt, da über Transformationsobjekte zwischen dem zweiten und letzten Schritt sehr wenig bekannt ist.

Daher ist 47 Tuc W so interessant. 47 Tuc W verknüpft einen Millisekunden-Pulsar, der viele der Eigenschaften eines Röntgendoppelsterns besitzt, mit J1808, einem Röntgendoppelstern, der sich in mancherlei Hinsicht wie ein Millisekunden-Pulsar verhält, und somit eine solide Beweiskette liefert, um die Theorie zu stützen.

  • Kurzinformation:
  • Scale: Left panel: Image is 6.6 arcmin per side – Right panel: Image is 2.5 arcmin per side
  • Category: Neutron Stars/X-ray Binaries
  • Coordinates (J2000): RA 00h 24m 42.0s | Dec -72° 00′ 00″
  • Constellation: Tucana
  • Color Code: Energy: 0.3-1.2 keV red; 1.2-2 keV green; 2-6 keV blue
  • Instrument: ACIS
  • Also Known As: PSR J0024-7204W
  • Distance Estimate: about 16,000 light years
  • Release Date: July 19, 2005