Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Sauerstoff (nach Wasserstoff und Helium), das dritthäufigste Element im Universum, ist ohne Zweifel wichtig: alle bekannten Lebensformen benötigen flüssiges Wasser und dessen Anteil an Sauerstoff. Für mehr als dreißig Jahre haben Astronomen nach molekularem Sauerstoff, O2, im Rahmen einer Buchführung von kosmischen Sauerstoffatomen gesucht. Ungeachtet früherer Voraussagen, daß O2 in den Molekülwolken, die neue Sterne und Planetensysteme bilden, reichlich vorhanden sein sollte, kommt es praktisch nicht vor. Nur für zwei Orte gibt es überzeugende O2-Messungen: ein Gebiet mit Schockwellen nah dem Orion-Nebel und eine Wolke im Sternbild Schlangenträger. Die Theorie ist eindeutig falsch. Was jedoch nicht klar ist, ist die Frage, ob O2 fehlt (mit dramatischen Folgen für seine Häufigkeit und die Chemie molekularer Wolken), ob es in schwerer zu entdeckender Form (vielleicht auf Staubkörnchen ausgefroren) vorliegt oder bei der Bildung von Waser, Kohlenmonoxid oder anderen Molekülen, die Sauerstoff enthalten, eingebaut worden ist.
Der Start des Herschel-Weltraum-Observatoriums gestattete eine sehr viel empfindlichere Suche nach O2 und führte zu neuesten chemischen Modellen für Molekülwolken und deren Sauerstoff. Gary Melnick vom CfA und Michael Kaufman von der San José State University verbesserten die Modelle weiter, in dem sie die Rolle der UV-Strahlung bei der Änderung der chemischen und physikalischen Bedingungen in Schockwellen berücksichtigten. Ihr Ziel war, die Stärke und die Verhältnisse der Linien von O2 in der Strahlung aus Orion zu erklären und zu verstehen, was das Umfeld in Orion so besonders macht.
Die Wissenschaftler berichten, daß sich das durch UV-Licht bestrahlte Gebiet einer Schockwelle in Ausdehnung und Temperatur ändert und den O2-Anteil auf zwei Wegen erhöht: zum einen wird Sauerstoff aus Staubkörnchen herausgeschlagen sowie einige Moleküle zerbrochen und auf diese Weise die Zahl freier Atome vor der Schockwelle erhöht; zum zweiten wird Wasser im Gas hinter der Schockwelle aufgebrochen, so daß sich mehr O2 bilden kann. Das neue Modell löst auch erfolgreich die ungelöste Frage über das begrenzte Aufspüren von O2; das Modell sagt, daß die Erfassungsgrenze sehr empfindlich von Größe und räumlicher Anordnung der strahlenden Region abhängt. Die Arbeit liefert die erste widerspruchsfreie Betrachtung von Gebieten vor, in und hinter der Schockwelle unter dem Einfluß eines UV-Feldes und erklärt, weshalb Messungen von O2 so selten sind.
Literatur:
“O2 Emission toward Orion H2 Peak 1 and the Role of FUV-illuminated C-shocks”
Gary J. Melnick and Michael J. Kaufman
The Astrophysical Journal, 806:227 (13pp), 2015 June 20