Tote Kometen und erdnahe Begegnungen

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine während des Besuchs von Deep Impact gewonnene Aufnahme des Asteroiden Tempel 1, der etwa fünf Kilometer mißt. Astronomen vom CfA berichten, daß es ungefähr einhundert große NEOs gibt, bei denen es sich um inaktive, kurzperiodische Kometen handelt; auch 0.3 – 3% der lichtschwächeren NEOs sind inaktive, kurzperiodische Kometen.
NASA / JPL-Caltech / UMd


 
Erdnahe Objekte (Near Earth Objects = NEOs) sind Asteroide oder Kometen, die manchmal auf ihren Umlaufbahnen der Erde nahe kommen, wobei sie womöglich eine Bedrohung darstellen. Der Asteroid, der 2014 bei Tscheljabinsk niederging, war ein NEO, der einen Durchmesser von ungefähr 40 Meter besaß. Während es relativ einfach ist, einen NEO im sichtbaren Licht durch Beobachtung seiner Bewegung am Himmel Nacht für Nacht aufzuspüren, ist die Bestimmung seiner Größe und mögliches Gefährdungspotential schwieriger, da sich seine optische Helligkeit sowohl aus der Größe als auch dem Reflexionsvermögen ergibt. Astronomen am CfA haben über mehrere Jahre hinweg die IRAC-Infrarotkamera an Bord von Spitzer eingesetzt, um das von NEOs abgestrahlte Infrarotlicht zu messen, und zusammen mit den optischen Messungen, deren vermutliche Abmessungen herzuleiten.
Man vermutet, daß NEOs von Bruchstücken abstammen, die bei Kollisionen von Objekten im Asteroidengürtel jenseits der Umlaufbahn des Mars entstanden. Mehr als 10.000 dieser Objekte sind heute bekannt. Auch kurzperiodische Kometen können NEOs sein, aber im Unterschied zu Asteroiden stammen sie höchstwahrscheinlich aus dem Kuiper-Gürtel, einem Vorrat an eisigen Körpern jenseits der Umlaufbahn des Neptun. Die Umlaufbahnen dieser Körper sind in Folge gravitativer Wechselwirkungen mit den Riesenplaneten gestört und einige enden als NEOs – und wenn sie der Sonne näher kommen, entwickeln sie Kometenschweife und werden aktiv. Nach einiger Zeit verdampfen ihre flüchtigen Stoffe und diese Kometen werden inaktiv. Dadurch ist es sehr wahrscheinlich, daß die untersuchte NEO-Population eine bedeutende Zahl an inaktiven Kometen enthält.
Joe Hora, Giovanni Fazio sowie Howard Smith vom CfA und ihre Kollegen berichteten vor zwei Jahren von der Entdeckung, daß der NEO Don Quichote in der Tat ein erloschener Komet ist – sie konnten seinen lichtschwachen Kometenschweif in Infrarotaufnahmen entdecken. Sie haben jetzt eine statistische Betrachtung des gesamten NEO-Nahinfrarot-Katalogs auf der Suche nach möglichen kurzperiodischen Kometen abgeschlossen. Die Gruppe wandte eine Kombination aus Parametern der Umlaufbahnen der Objekte und deren Rückstrahlvermögen, welches aus den Eigenschaften der NEOs im nahen Infrarot abgeleitet wurde, an. Dabei fand das Team heraus, daß ungefähr zwischen 0.3 und 3% der mittelhellen NEOs tatsächlich vermutlich erloschene, kurzperiodische Kometen sind. Konkret identifizierten sie dreiundzwanzig erloschene Kometen. Sie kamen darüber hinaus zu dem Schluß, daß etwa hundert große NEOs, deren Durchmesser mehr als einen Kilometer betragen, vermutlich ebenfalls inaktive kurzperiodische Kometen sind.
Literatur:
„Explore NEOs VIII. Dormant Short-Period Comets in the Near-Earth Asteroid Population“
M. Mommert, A.W. Harris, M. Mueller, J.L. Hora, D.E. Trilling, W.F. Bottke, C.A. Thomas, M. Delbo, J.P. Emery, G. Fazio, and, H.A. Smith
The Astronomical Journal, 150:106 (9pp), 2015 October