Strahlung von Neon im frühen Universum

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://www.cfa.harvard.edu/news/su202043)

Ein Photo des am Keck Observatorium eingebauten MOSFIRE (Multi-object Spectrometer for Infrared Exploration). Die MOSDEF-Durchmusterung verwendet MOSFIRE, um die Strahlung von ionisierten Atomen im frühen Universum zu untersuchen, und eine neue Arbeit über die Strahlung von Neon bei ~1500 Galaxien kommt zu dem Schluß, daß es eine Fülle an sehr heißen, massereichen jungen Sternen in diesen frühen Systemen gibt.
UCLA / The MOSFIRE team; I. McLean and C. Steidel

Die optischen Spektren nahgelegener sternbildender Galaxien geben Astronomen einen genauen Blick auf das ionisierte Gas in deren interstellarem Medium (ISM). Atome in dem Gas, durch ultraviolette Strahlung von heißen Sternen oder anderen Prozessen mehr oder weniger unterschiedlich angeregt, strahlen in charakteristischen spektralen Merkmalen. Aus den Intensitäten dieser Emissionslinien und aus dem Verhältnis der Linienstärken der gleichen Spezies und/oder anderer Moleküle können Astronomen viele wichtige Eigenschaften des ISM ableiten, darunter die Gasdichte, den Staubgehalt, die Sternentstehungsrate, die Aktivität des supermassereichen Schwarzen Lochs im Kern, die atomaren Häufigkeiten sowie aus den Formen der Spektrallinien die Gasbewegungen.

Mit dem Aufkommen von empfindlichen Multi-Objekt-Nahinfrarot-Spektrographen an großen Teleskopen sind in letzter Zeit Fortschritte erzielt und diese Diagnostik auf Galaxien ausgeweitet worden, die in der kosmischen Epoche zu sehen sind, als der Höhepunkt der Sternentstehung, der sich vor rund zehn Milliarden Jahren ereignete, erreicht wurde. Es gibt unter Astronomen eine stärker werdende Übereinstimmung, daß die Ergebnisse die Tatsache wiederspiegeln, daß sich die Sternpopulationen jener Zeit von den lokalen Populationen insofern unterscheiden, als daß diese frühen Galaxien nicht viel Zeit hatten, um die in den Sternen hergestellten schwereren Elemente anzusammeln und zu verteilen. Eine Folge ist, daß diese frühen Sterne dazu tendieren, heißer zu sein und das ihre Strahlung „härter“ ist – die Atome viel stärker in höhere Anregungszustände versetzen und ionisieren kann.

Die Astronomen Mojegan Azadi und Francesco Fornasini vom CfA gehören zum Team der MOSDEF-Durchmusterung, eine spektroskopische Nahinfrarot-Untersuchung von rund 1500 Galaxien im kosmischen Zeitalter sehr aktiver Sternentstehung. Das Team benutzte für ihre Beobachtungen den Multi-object Spectrometer for Infrared Exploration (MOSFIRE) am Keck-I Teleskop und in ihrer neuen Veröffentlichung analysiert das Team die Strahlung von atomarem Neon. Frühere Studien hatten festgestellt, daß die Verhältnisse der Linienstärke zwischen Neon und (beispielsweise) Sauerstoff im Gegensatz zu den Verhältnissen in lokalen Galaxien stehen, konnten aber nicht zwischen mehreren möglichen Ursachen unterscheiden: Das Vorhandensein einer härteren, stellaren ionisierenden Strahlung, ein aktiverer galaktischer Kern, der ebenfalls härtere Strahlung ergibt oder vielleicht unterschiedliche Häufigkeiten der Elemente. Die neuen Ergebnisse mit Neon stützen die erste These von einer härteren stellaren Strahlung und dies legt im Gegenzug nahe, daß ein größerer Prozentsatz an heißen, massereichen Sternen gebildet wird. Die neuen Resultate, beruhend auf Infrarotmessungen an Neon, stützen ein physikalisches Bild vom frühen Universum, in dem das atomare Gas des galaktischen ISM aus Neon, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel und anderen Bestandteilen durch die Strahlung heißer, junger, massereicher Sterne angeregt wird. Im nächsten Schritt werden diese Untersuchungen mit Hilfe des James Webb Weltraum-Teleskops auf noch frühere Zeiten ausgedehnt.

Literatur:

“The MOSDEF Survey: Neon as a Probe of ISM Physical Conditions at High Redshift”

Moon-Seong Jeong, Alice E. Shapley, Ryan L. Sanders, Jordan N. Runco, Michael W. Topping, Naveen A. Reddy, Mariska Kriek, Alison L. Coil, Bahram Mobasher, Brian Siana, Irene Shivaei, William R. Freeman, Mojegan Azadi, Sedona H. Price, Gene C. K. Leung, Tara Fetherolf, Laura de Groot, Tom Zick, Francesca M. Fornasini, and Guillermo Barro

The Astrophysical Journal Letters 902, L16, 2020

oder

arXiv:2008.08831v2 [astro-ph.GA] 24 Sep 2020