Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Man glaubt, daß die meisten, wenn nicht alle Galaxien, ein supermassereiches Schwarzes Loch in ihren Kernen beheimaten, eine Entdeckung, die sowohl eine der wichtigsten als auch eine der verblüffendsten in der modernen Astronomie ist. Ein supermassereiches Schwarzes Loch wächst durch Akkretion von Masse und während es wächst, bleibt seine Gier nicht vor unserem Blick verborgen – es erzeugt gewaltige Mengen an Energie. In seiner aktivsten Entwicklungsphase ist das Objekt als aktiver galaktischer Kern (active galactic nucleus = AGN) bekannt. Obwohl sich die Abmessung der Umgebung eines akkretierenden Schwarzen Lochs und die seiner Heimatgalaxie um einen Faktor von etwa einer Milliarde unterscheidet, hat man entdeckt, daß beide Größen eng miteinander in Beziehung stehen; dies gibt einen Hinweis darauf, daß es irgendeine Art Rückkopplung zwischen dem Wachstum des Schwarzen Lochs und dem Wachstum seiner Heimatgalaxie gibt. Diese Rückkopplungsmechanismen zu verstehen und wie sie das Wachstum der Galaxie (besonders ihre Sternentstehung) beeinflussen, ist von überragender Bedeutung für unser Verständnis der Galaxienbildung und Entwicklung. Man vermutet, daß beide Prozesse die Spitze ihrer Aktivität erreichten, als das Universum nur ein paar Milliarden Jahre alt war. Doch keiner der beiden Vorgänge ist besonders gut verstanden.
Belinda Wilkes, Joanna Kuraszkiewicz, Steve Willner, Matt Ashby und Giovanni Fazio vom CfA nutzten mit ihren Kollegen das Herschel-Weltraum-Teleskop, um die Infrarotemission zu untersuchen, die von vierundsechzig hellen, im Radio- und Röntgenbereich strahlenden Galaxien mit AGN-Kernen stammt und die mehr als 100 Milliarden Sonnenmassen an Sternen enthalten. Ihr Datensatz ist eine lückenlose Stichprobe einer genau definierten Klasse von Objekten, die aus der Zeit von vor etwa sieben Milliarden Jahren stammen und der Datensatz beinhaltet einige der energiereichsten Quasare, die man kennt. All diese Objekte besitzen große bipolare Jets, die durch den AGN in den intergalaktischen Raum getrieben wurden. Die Wissenschaftler hatten sich vorgenommen zu bestimmen, wieviel Leuchtkraft in diesen energiegeladenen Galaxien auf den AGN und wieviel auf Sternentstehungsaktivität zurückzuführen war. Die Infrarotstrahlung wird von Staub abgegeben, der durch beide Prozesse aufgeheizt wurde und feinste Unterschiede in der Strahlung (zum Beispiel ihre charakteristische Temperatur) können helfen, die jeweiligen Beiträge der beiden Prozesse zu klären.
Die Astronomen ziehen den Schluß, daß die Sternentstehungsraten in diesen Monstern sich auf Hunderte von Sonnenmassen pro Jahr belaufen und daher Vermutungen eine Absage erteilen, daß das aus den AGN abströmende Material die Sternentstehung in solchen Galaxien zum Stillstand kommen lassen würden. Wie folglich auch immer die Einzelheiten des Mechanismus der Rückkopplung beim Wachstum aussehen mögen, sie unterdrücken nicht die Sternentstehung. Dennoch: trotz einer stürmischen Sternentstehung geht der Hauptteil der Leuchtkraft auf den AGN zurück, auch während der Zeiten, in denen die Sternentstehung am heftigsten abläuft. Die Arbeit der Wissenschaftler ist auch deshalb wichtig, da es die wesentlichen, bei der Beobachtung gemachten Unterschiede zwischen den Galaxien in dieser Probe einfach durch die Orientierung ihrer Scheiben zu unserer Sichtlinie erklären kann. Quellen mit Jets aus großen und doppelten Keulen sieht man von der Seite (Edge-on) und Quasare mehr frontal (Face-on).
Literatur:
“Star Formation in z > 1 3CR Host Galaxies as Seen by Herschel”
P. Podigachoski, P. D. Barthel, M. Haas, C. Leipski, B. Wilkes, J. Kuraszkiewicz, C. Westhues, S. P. Willner, M. L. N. Ashby, R. Chini, D. L. Clements, G. G. Fazio, A. Labiano, C. Lawrence, K. Meisenheimer, R. F. Peletier, R. Siebenmorgen, and G. Verdoes Kleijn
Astronomy & Astrophysics 575, A80 (2015)