Stark aufgeblähte Jupiter

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Die HATNet-Teleskope am Fred-Lawrence-Whipple-Observatorium in Arizona. Die Teleskope haben drei außergewöhnlich große extrasolare Planeten entdeckt, denen man den Namen „stark aufgeblähte Jupiter“ gegeben hat.


Es gibt momentan 851 bestätigte extrasolare Planeten. Von diesen wurden 289 entdeckt, da ihre Umlaufbahnen (von der Erde aus gesehen) sie vor der Oberfläche ihres Heimatsterns vorüberziehen lassen und das Sternlicht bei diesem Transitereignis abschwächt. Der Satellit Kepler hat die größte Sammlung an transitierenden extrasolaren Planeten geliefert und wenn man die Liste auf Planetenkandidaten (daß heißt, entdeckte, aber bislang nicht bestätigte Planeten) ausweitet, erhält man mehrere Tausend Objekte. Immerhin wurden von den 289 durch Transitereignisse bestätigten Planeten 194 mit erdgebundenen Teleskopen entdeckt.
“Heiße Jupiter” sind extrasolare Planeten, deren Massen etwa so groß wie die des Jupiter sind, aber deren Umlaufbahnen so dicht bei ihren Sternen liegen, daß (im Unterschied zu Jupiter in unserem Sonnensystem) ihre Atmosphären sehr heiß, in einigen Fällen über 2.000 Kelvin, und demzufolge bis auf den doppelten Jupiterdurchmesser aufgebläht sind. Die großen Durchmesser und engen Umlaufbahnen (häufige Transits) heißer Jupiter machen sie zu einer besonders guten Objektfamilie für erdgebundene Teleskope, um sie mittels ihrer Transits zu erkennen.
Wissenschaftler, die Atmosphären von Planeten nachstellen, ermitteln, daß die Durchmesser von heißen Jupitern aufgebläht sein sollten, aber sie können bislang die gemessenen Größen nicht hinreichend erklären. Eigentlich sind sich die Forscher nicht einmal sicher, warum heiße Jupiter überhaupt vorkommen sollten, noch wie sie sich bildeten und entwickelten. Astronomen, die versuchen zu verstehen, wie die Erde entstand und auf einer Umlaufbahn um die Sonne in einer Entfernung landete, die gerade richtig für Temperaturen zur Begünstigung des Lebens war, sind deshalb sehr an den Lektionen interessiert, die von heißen Jupitern zu lernen sind.
Genau diese Besonderheiten der transitierenden heißen Jupiter machen sie zu besonders guten Kandidaten für erdgebundene Beobachtungen. CfA-Astronomen haben den Weg für eine neue Technik zur Entdeckung und Untersuchung extrasolarer Planeten gewiesen; sie verwenden ein System aus sechs kleinen, automatisierten erdgebundenen Teleskopen (Durchmesser von etwa 6 bis 11 Zentimeter), daß digitale optische Aufnahmen des Nachthimmels gewinnt und nach Veränderungen der Intensität im Licht jedes Sterns sucht. Da die Teleskopdurchmesser klein sind, ist das Blickfeld am Himmel von jedem Teleskop groß und viele tausend Sterne werden gleichzeitig überwacht. In den Kameras werden Multi-Megapixel-CCDs eingesetzt, um zehntausende von Bildern zu erhalten, die dann von einer Software auf der Suche nach Intensitätsänderungen, die Planetentransits anzeigen, abtastet werden. Die Teleskope sind derzeit am Fred-Lawrence-Whipple-Observatorium in Arizona und beim Submillimeter Array in Mauna Kea, Hawaii, aufgestellt und werden insgesamt als HATNet bezeichnet. Bisher hat HATNet 42 der 289 bekannten transitierenden Planeten entdeckt.
Die Astronomen Bence Beky, Torres Guillermo, Dave Latham, Bob Noyes, Gilbert Esquerdo, Allyson Bieryla, Dimitar Sasselov, Gabor Furesz und Robert Stefanik vom CfA veröffentlichten mit weiteren zwanzig Kollegen ihre mit HATNet gemachte Entdeckung von drei neuen heißen Jupitern – und haben dabei eine neue Unterklasse extrasolarer Planeten ausfindig gemacht, die man jetzt „stark aufgeblähte Jupiter“ nennt.
Jeder der drei neuen Planeten hat eine Umlaufzeit von nur wenigen Tagen und weist eine geringfügig kleinere Masse (bis etwa 20%) sowie einen 50 – 70 Prozent größeren Radius als Jupiter auf. Die Kombination der Ergebnisse mit Statistiken von zuvor bekannten heißen Jupitern brachte die Wissenschaftler zu der Erkenntnis, daß heiße Jupiter wie diese drei, deren Radien über 50% größer sind als der Radius des Jupiter, eine eigenständige Unterklasse an Exoplaneten mit stark aufgeblähten Atmosphären ist. Obwohl die Gründe für deren Vorkommen, wie bei allen heißen Jupitern, ein Forschungsthema bleibt, zeigen die neuen Resultate, wie wichtig es für Astronomen ist, genaue Informationen über eine große Zahl von Objekten zu sammeln. Man könnte vielleicht vermuten, daß mit den Tausenden von bekannten oder vermuteten extrasolaren Planeten eine genügend große Zahl für ein gründliches Verständnis der Planeten gegeben ist, doch der Fund dieser eigenständigen Unterklasse stark aufgeblähter Jupiter zeigt die Notwendigkeit für eine anhaltende Forschungsarbeit.