Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Die Chromosphäre der Sonne ist die Schicht zwischen der Sonnenoberfläche und ihrer Millionen Grad heißen Korona. Innerhalb dieser komplexen Übergangszone, die nur wenige Tausend Kilometer stark ist, fällt von innen nach außen die Dichte des Gases um einen Faktor von etwa einer Million ab und die Temperatur steigt von ungefähr fünftausend auf eine Million Kelvin. Fast die gesamte mechanische Energie, die die Sonnenaktivität antreibt, wird in dieser Übergangszone in Hitze und Strahlung umgewandelt. Viele physikalische Prozesse formen das komplizierte System solarer Magnetfelder, energiereicher Teilchen sowie Strahlung, welche die Korona mit Energie versorgen. Seit langem hat man vermutet, daß der Sonnenwind selbst in dieser Region entsteht, vielleicht in den kühleren „koronalen Löchern“, doch um herauszufinden, wo genau er entsteht, erforderte Beobachtungen von hoher räumlicher Auflösung.
Im Sommer 2013 startete die NASA die Mission Interface Region Imaging Spectrograph (IRIS), um diese Übergangszone im ultravioletten Licht zu untersuchen; das CfA und seine Belegschaft steuerten sowohl ihr 20 cm Teleskop als auch ihr wissenschaftliches Team bei. In der Zeitschrift Science vom 17. Oktober 2014 werden Ergebnisse der IRIS-Mission veröffentlicht. Darin geben die Forscher, darunter Hui Tian, Ed DeLuca, Steve Cranmer, Leon Golub, Sean McKillop, Katherine Reeves, Patrick McCauley, PaolaTesta, Mark Weber und Nicholas Murphy vom CfA, die Entdeckung periodischer, kleinräumiger Jets aus dieser Zone und deren möglichen Beitrag zum Sonnenwind bekannt. Diese Arbeit gehört zu einer Serie von fünf Artikeln in dieser Sonderausgabe von Science.
Die Astronomen entdeckten eindeutige Hinweise für diese Jets, die ungefähr etwa 8.000 km lang und 300 km breit sind, sich mit rund 80 bis 250 km/s bewegen, Gastemperaturen von wenigstens 100.000 Kelvin aufweisen und bei Ausbrüchen auftreten, die circa 20 bis 80 Sekunden Bestand haben. Das nach oben strömende heiße Gas kann die heiße Masse für den solaren Wind liefern. Die Wissenschaftler berechnen, daß diese Jets, obwohl unregelmäßig, aber immer irgendwo auftretend, im Prinzip mehr als genug Material für den Wind liefern könnten. Jedoch warnen sie, daß noch viel Arbeit zu leisten ist, um die Schlußfolgerungen zu bestätigen und die Analysen und Modelle zu verbessern – aber in jedem Fall wird das neu entdeckte Phänomen der Jets in alle zukünftigen, detaillierten Modelle des Sonnenwinds eingearbeitet werden müssen.
Literatur:
“Prevalence of small-scale jets from the networks of the solar transition region and chromosphere”
H. Tian, E. E. DeLuca, S. R. Cranmer, B. De Pontieu, H. Peter, J. Martínez-Sykora, L. Golub, S. McKillop, K. K. Reeves, M. P. Miralles, P. McCauley, S. Saar, P. Testa, M. Weber, N. Murphy, J. Lemen, A. Title, P. Boerner, N. Hurlburt, T. D. Tarbell, J. P. Wuelser, L. Kleint, C. Kankelborg, S. Jaeggli, M. Carlsson, V. Hansteen, S. W. McIntosh
Science 17 Oct 2014: Vol. 346, Issue 6207, 1255711