Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
- Astronomen haben die Geschwindigkeiten der Großen Magellanschen (hier abgebildet) und der Kleinen Magellanschen Wolke in den drei Raumrichtungen gemessen. Sie fanden überraschend hohe Geschwindigkeiten, die entweder darauf hinweisen könnten, daß die Milchstraße zweimal so viel Masse besitzt wie ursprünglich angenommen oder die Magellanschen Wolken sind nicht gravitativ an die Milchstraße gebunden, sondern vielmehr „auf der Durchreise“. Copyright Robert Gendler und Josch Hambsch 2005
Die beiden bedeutendsten Nachbargalaxien unserer Milchstraße sind die Große Magellansche Wolke (GMW) und die Kleine Magellansche Wolke (KMW). Sie liegen in einer Entfernung von etwa 160.000 Lichtjahren, in den Randgebieten unserer Galaxis; jede ist leicht für die Menschen auf der südlichen Hemisphäre zu sehen. Nach dem europäischen Entdecker Ferdinand Magellan benannt, sind diese Galaxien, in Bezug auf ihre Eigenschaften, vergleichsweise kümmerlich: die GMW hat eine geschätzte Masse von weniger als etwa zehn Prozent der Masse der Milchstraße, während die KMW noch rund zehnmal kleiner ist. Obwohl von der Abmessung her klein, ist ihr Einfluß auf die Milchstraße jedoch nicht unwesentlich. Man vermutet, daß Wechselwirkungen zwischen den Magellanschen Wolken und unserer Galaxis eine bedeutende Rolle dabei gespielt haben, das gegenwärtige Aussehen unserer Milchstraße zu bestimmen und, besonders in ihren äußeren Regionen, die Entwicklung der Sterne zu beeinflußen. Die Magellanschen Wolken sind allerdings schwer zu untersuchen, da sie sich entlang eines großen breiten Streifens am Himmel ausdehnen – etwa sechzehnmal größer als der Vollmond im Winkelmaß gemessen – und ihre Sterne lichtschwach sind.
Es zeigt sich, daß die GMW und die KMW sich mit verhältnismäßig hohen Geschwindigkeiten bewegen. Seit vielen Jahren ist durch Spektralanalysen bekannt, daß sie eine auf die Milchstraße gerichtete Bewegungskomponente besitzen, doch sehr viel schwieriger ist es gewesen, die an den Himmel projizierten, zweidimensionalen Bewegungen zu messen. Charles Alcock, Astronom am SAO, und seine Studentin Nitya Kallivayalil haben gemeinsam mit einem Kollegen das Hubble-Weltraum-Teleskop genutzt, um Positionen von Sternen in der KMW und GMW mit Positionen von ortsfesten, entfernt liegenden Quasaren zu vergleichen, um so die echten dreidimensionalen Geschwindigkeiten der Wolken zu erhalten. Die Gruppe berichtet in der vergangenen Monats-ausgabe des Astrophysical Journal von ihren eindeutig neuen Befunden: die Galaxien bewegen sich überraschend schnell – die GMW mit 387 km/s, die KMW mit 302 km/s.
Die Astronomen berechnen zwei geeignete, mögliche Ursachen für diese schnellen Bewegungen, die mit ihren Messungen zu vereinbaren sind. Zum ersten ist die Gesamtmasse unserer eigenen Galaxis größer als bislang angenommen; die Masse der Milchstraße hat vermutlich mit der Zeit zugenommen, während sie Material von diesen Nachbarn übernommen hat. Zum zweiten ist die Masse der Milchstraße nicht größer als derzeit angenommen, doch dann sind Magellanschen Wolken nicht durch die Gravitation an unsere eigene Galaxis gebunden; sie sind auf der Durch-reise und in einer weiteren Milliarde Jahren werden sie aus unserer Nachbarschaft entfliehen. So oder so, unser Verständnis von unserer galaktischen Nachbarschaft bedarf einer wesentlichen Korrektur.