Neu identifizierte junge Sterne in einer nahgelegenen Assoziation

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)

Ein Photo der Scorpius-Centaurus-Assoziation. Astronomen haben Hunderte an neuen Sternen in dieser nahgelegenen Ansammlung identifiziert, die kleiner als die Sonne sowie jünger als etwa 30 Millionen Jahre sind, und haben überdies deren Bewegungen gemessen.
Simon Murphy; Mount Stromlo Observatory

Sternentstehungsregionen in der Galaxis sind in einem komplexen Netz aus Filamenten verteilt. Sternhaufen entstehen innerhalb der dichtesten Bereiche dieses Gefüges, aber bald nachdem sich die Sterne bilden, haben deren Bewegungen und gegenseitige Wechselwirkungen in dieser dicht bevölkerten Umgebung zur Folge, daß nahezu 90 Prozent von ihnen sich voneinander lösen und mit dem Haufen nicht mehr gravitativ gebunden sind. Die sich ergebenden losen Ansammlungen auseinandertreibender, gleichaltriger Sterne werden Sternassoziationen genannt und behalten die kinematischen Abdrücke ihrer lokalen Geburtsstätten für sogar dreißig Millionen Jahre bei, bevor sie in der galaktischen Scheibe aufgehen. Da diese Gruppen von hunderten bis tausenden stellaren Geschwistern in der gleichen Molekülwolke geboren wurden, haben deren Mitglieder vergleichbare chemische Häufigkeiten. Diese beweglichen Gruppen sind fossile Überlieferungen der Galaxis mit der Möglichkeit, Orte der Sternentstehung mit größeren Strukturen der galaktischen Scheibe zu verbinden. Deshalb bieten Assoziationen ideale Laboratorien, um eine Vielzahl an wichtigen Themenfeldern, unter ihnen die Nachbarschaften der Stern- und Planetenbildung, die ursprüngliche Massenfunktion und ausgelöste Sternentstehung, zu untersuchen.

Zuerst aber müssen die Mitglieder einer Sternassoziation erkannt werden. In der Vergangenheit haben Astronomen versucht, Assoziationen zu rekonstruieren, indem sie Sternpositionen, Eigenbewegungen und Entfernungen (abgeschätzt aus erdbasierten Parallaxendaten) betrachteten. CfA-Astronom George Zhou gehörte zu einem Team, das die spektakulären neuen Messungen der Astrometriemission Gaia zu Grunde legte, um diese Messungen erheblich zu verbessern und eine weitere beizufügen: Radialgeschwindigkeitsbewegungen, erhalten mit den Echelle und Wide Field Spektrographen am Siding Spring Observatorium der Australian National University. Die Spektrographen ermittelten nicht nur stellare Radialbewegungen, ihre Spektren brachten auch wichtige atomare Eigenschaften von Wasserstoff, Kalzium und Lithium an den Tag, die es dem Team ermöglichten, das Alter der jungen Sterne zu bestimmen.

Die Astronomen hatten 756 Sterne ausgewählt, die sich bekanntlich näher als etwa sechshundert Lichtjahre zu uns befinden, deren Massen geringfügig niedriger sind als die der Sonne sind und deren Farben darauf hindeuten, daß sie jung sind. Es stellte sich in der Tat heraus, daß 346 von ihnen jünger als fünfundzwanzig Millionen Jahre sind, wobei die jüngsten nur zehn Millionen Jahre alt waren; die meisten Sterne dieser Auswahl hatte man bislang als nicht so jung erkannt. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluß, daß diese Sterne wegen ihres Alters und ihrer Lage Teil der Scorpius-Centaurus-Assoziation der Milchstraße sind. Neben der Beschreibung dieser nahe gelegenen jungen Sterne liefern die neuen Ergebnisse die von den Astronomen benötigte kinematische Information, um die Bewegungen der Sterne zurückzuverfolgen und den Ort ihrer stellaren Geburtsstätten abzuleiten.

Literatur:

„A Spectroscopically Confirmed Gaia-Selected Sample of 318 New Young Stars within ∼200 pc“

Maruša Žerjal, Adam D. Rains, Michael J. Ireland, George Zhou, Jens Kammerer, Alex Wallace, Brendan J. Orenstein, Thomas Nordlander, Harrison Abbot and Seo-Won Chang

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 503, 938, 2021

oder

arXiv:2012.08756v1 [astro-ph.SR] 16 Dec 2020