NASA’s Webb entdeckt neue Details in Pandora’s Cluster

Originalveröffentlichung am 15.02.2023 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases

Zusammenfassung: Astronomen sind von Webb’s Tiefenaufnahme des Megaclusters begeistert

Die antike griechische Sage von Pandora, von verschiedenen Erzählern und Kulturen stark abgewandelt, ist im Kern eine Geschichte über die menschliche Neugier und das Entdecken von Wissen durch Paradigmenwechsel. In der modernen Astronomie wurde eine Region im Weltraum, in der mehrere Galaxiencluster miteinander verschmelzen, nach der Sage benannt und zu einem beliebten Beobachtungsziel, da dort durch ein natürliches Phänomen, der sogenannte Gravitations-linseneffekt, viel weiter entfernte, dahinter befindliche Galaxien vergrößert werden. Mit diesem Trick der Natur nutzen die Astronomen den Pandora-Cluster (Abell 2744) wie eine Lupe, um Eigenschaften des frühen Universums aufzudecken, die sonst selbst für die leistungsstärksten Teleskope unmöglich zu beobachten wären.

Jetzt hat ein Astronomenteam die Infrarot-Abbildungsleistung des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA mit der Gravitationslinse des Pandora-Clusters kombiniert, um ein detailliertes Bild von 50.000 Quellen zu erstellen, darunter einige nie zuvor gesehene Eigenschaften. Die Erforschung des Pandora-Clusters mit dem Webb-Teleskop ist noch nicht abgeschlossen, aber es gibt schon jetzt verlockende Hinweise auf das neue Verständnis vom Universum, das Webb aufdecken wird.

Astronomen haben das neueste Deep-Field-Bild von NASA‘s James-Webb-Weltraumteleskop veröffentlicht, das nie zuvor gesehene Details in einer Region des Weltraums zeigt, die als Pandora’s Cluster (Abell 2744) bekannt ist. Die Webb-Aufnahme zeigt drei Galaxiencluster, die bereits sehr groß sind und sich zu einem Megacluster zusammenfinden. Die kombinierte Masse der Galaxiencluster erzeugt eine starke Gravitationslinse, einen natürlichen Vergrößerungseffekt der Schwerkraft, der es ermöglicht, viel weiter entfernte Galaxien im frühen Universum zu beobachten, indem man den Cluster wie ein Vergrößerungsglas benutzt.

Nur Pandora’s zentraler Kern wurde bisher vom Hubble-Weltraumteleskop der NASA im Detail untersucht. Durch die Kombination der leistungsstarken Infrarot-Instrumente des Webb-Teleskops mit einer breiten Mosaikansicht der verschiedenen Gravitationslinsenbereiche der Region wollten die Astronomen ein ausgewogenes Verhältnis von Breite und Tiefe erreichen, das ein neues Gebiet für die Erforschung der Kosmologie und der Galaxienentwicklung eröffnen wird.

„Die antike Sage von Pandora handelt von der menschlichen Neugier und von Entdeckungen, die die Vergangenheit von der Zukunft abgrenzen. Ich denke, das ist eine passende Verbindung zu den neuen Bereichen des Universums, die Webb erschließt, einschließlich dieser Tiefenfeldaufnahme des Pandora-Clusters“, sagte Rachel Bezanson, Astronomin an der University of Pittsburgh in Pennsylvania, die das Programm UNCOVER (Ultradeep NIRSpec and NIRCam ObserVations before the Epoch of Reionization) zur Untersuchung der Region mit leitet.

„Als die Webb-Bilder des Pandora-Clusters zum ersten Mal eintrafen, waren wir ehrlich gesagt unglaublich beeindruckt“, so Bezanson. „Es gab so viele Details im Vordergrund des Haufens und so viele weit entfernte, durch den Gravitationslinsen-effekt sichtbar gewordene Galaxien, daß ich mich in dem Bild verloren habe. Webb hat unsere Erwartungen übertroffen.“ Die neue Ansicht des Pandora-Clusters fügt vier Schnappschüsse von Webb zu einem Panoramabild zusammen und zeigt etwa 50.000 Quellen im nahen Infrarotlicht.

Neben der Vergrößerung verzerrt die Gravitationslinse das Erscheinungsbild entfernter Galaxien, so daß sie ganz anders aussehen als Galaxien im Vordergrund. Die Galaxiencluster“linse“ ist so massereich, daß sie das Raumgefüge selbst so stark verformt, daß das Licht entfernter Galaxien, das durch den verformten Raum fällt, ebenfalls ein verformtes Aussehen annimmt.

Der Astronom Ivo Labbe von der Swinburne University of Technology in Melbourne, Australien, einer der Leiter des UNCOVER-Programms, sagte, daß in dem Gravitationslinsenschwerpunkt unten rechts im Webb-Bild, der noch nie von Hubble abgebildet wurde, Webb Hunderte von fernen Galaxien mit dem Gravitationslinseneffekt entdeckt hat, die wie schwache bogenförmige Linien im Bild erscheinen. Wenn man die Region vergrößert, werden immer mehr von ihnen sichtbar.

„Der Pandora-Cluster, wie er von Webb abgebildet wird, zeigt uns eine stärkere, breitere, tiefere und bessere Gravitations-linse, als wir sie je zuvor gesehen haben“, sagte Labbe. „Meine erste Reaktion auf das Bild war, daß es so schön war, daß es wie die Simulation einer Galaxienbildung aussah. Wir mußten uns daran erinnern, daß es sich um reale Daten handelt, und daß wir jetzt in einer neuen Ära der Astronomie arbeiten.“

Das UNCOVER-Team nutzte die Nahinfrarotkamera (NIRCam) von Webb, um den Galaxiencluster mit einzelnen Belichtungszeiten von 4 bis 6 Stunden aufzunehmen, was zu einer Gesamtbeobachtungszeit von etwa 30 Stunden führt. Der nächste Schritt besteht darin, die Bilddaten sorgfältig auszuwerten und Galaxien für weitere Beobachtungen mit dem Nahinfrarotspektrographen (NIRSpec) auszuwählen, der präzise Entfernungsmessungen sowie weitere detaillierte Informationen über die Zusammensetzung der Galaxien liefern wird, die neue Einblicke in die frühe Ära des Galaxien-aufbaus sowie deren Entwicklung ermöglichen. Das UNCOVER-Team wird diese NIRSpec-Beobachtungen voraussichtlich im Sommer 2023 durchführen.

In der Zwischenzeit sind alle photometrischen Daten der NIRCam veröffentlicht worden, damit sich andere Astronomen mit ihnen vertraut machen und ihre eigenen wissenschaftlichen Studien mit den reichhaltigen Datensätzen von Webb planen können. „Wir haben uns verpflichtet, die Gemeinschaft der Astronomen dabei zu unterstützen, die phantastische Ressource, die uns mit Webb zur Verfügung steht, bestmöglich zu nutzen“, sagte der UNCOVER-Ko-Forscher Gabriel Brammer vom Cosmic Dawn Center des Niels-Bohr-Instituts an der Universität Kopenhagen. „Dies ist nur der Start all der erstaunlichen Webb-Wissenschaft, die noch kommen wird.“

Die vom UNCOVER-Team erstellten Bildmosaike und Quellenkataloge des Pandora-Clusters (Abell 2744) kombinieren öffentlich verfügbare Hubble-Daten mit Webb-Photometrie aus drei frühen Beobachtungsprogrammen: JWST-GO-2561, JWST-DD-ERS-1324, und JWST-DD-2756.

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraum-organisation).

Pandora’s Cluster (NIRCam Image)

IMAGE PROCESSING: Alyssa Pagan (STScI)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): Pandora‘s Cluster, Abell 2744
  • Objektbeschreibung: Galaxiencluster und Gravitationslinse     
  • Rektaszension: 00:14:18.25
  • Deklination: -30:22:46.04
  • Sternbild: Sculptor
  • Entfernung: 3.5 Milliarden Lichtjahre bis zum Cluster
  • Daten
  • Instrument: NIRCam
  • Filter: F115W, F150W, F200W, F277W, F356W, F444W
  • Bild
  • Farbinformation  Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängen-bereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem mono-chromatischen (Graustufen-) Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
  • Blau: F115W+F150W, Grün: F200W+F277W, Rot: F356W+F444W

Über das Bild: Astronomen schätzen, daß 50.000 Lichtquellen aus dem Nahinfrarotbereich in diesem Bild des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA zu sehen sind. Ihr Licht hat unterschiedliche Entfernungen zurückgelegt, um die Detektoren des Teleskops zu erreichen, wodurch die Weite des Weltraums in einem einzigen Bild dargestellt wird. Ein Vordergrundstern in unserer eigenen Galaxis, rechts von der Bildmitte, zeigt die charakteristischen Beugungsspitzen von Webb. Helle weiße Quellen, die von einem verschwommenen Lichtkranz umgeben sind, sind die Galaxien des Pandora-Clusters, einer Ansammlung von bereits massereichen Galaxiencluster, die sich zu einem Megacluster zusammenfinden. Die Konzentration der Masse ist so groß, daß das Gefüge der Raumzeit durch die Schwerkraft verformt wird, wodurch ein Effekt entsteht, der die Region für Astronomen besonders interessant macht: ein natürliches, stark vergrößerndes Medium, eine so genannte „Gravitationslinse“, mit der sie sehr weit entfernte Lichtquellen jenseits des Clusters sehen können, die sonst selbst für Webb nicht erkennbar wären.

Diese Quellen erscheinen auf dem Bild rot und oft als langgestreckte Bögen, die durch die Gravitationslinse verzogen sind. Bei vielen dieser Quellen handelt es sich um Galaxien aus dem frühen Universum, deren Inhalt vergrößert und für die Astronomen in die Länge gezogen wurde. Andere rote Quellen auf dem Bild müssen noch durch Folgebeobachtungen mit dem Nahinfrarot-Spektrographen (NIRSpec) von Webb bestätigt werden, um ihre wahre Natur zu bestimmen. Ein faszinierendes Beispiel ist eine extrem kompakte Quelle, die trotz der Vergrößerungswirkung der Gravitationslinse als winziger roter Punkt erscheint. Eine Möglichkeit ist, daß es sich bei diesem Punkt um ein supermassereiches Schwarzes Loch im frühen Universum handelt. Die Daten des NIRSpec werden sowohl Entfernungsmessungen als auch Details über die Zusammensetzung ausgewählter Quellen liefern und damit eine Fülle von bisher unzugänglichen Informationen über das Universum und seine im Lauf der Zeit durchlaufene Entwicklung bereitstellen.

Tour durch den Pandora-Cluster

VIDEO: STScI, Danielle Kirshenblat – MUSIK: PremiumBeat Music, Klaus Hergersheimer

Dieses Video bereist den Pandora-Cluster (Abell 2744), eine Region, in der mehrere Galaxiencluster dabei sind, zu einem Megacluster zu verschmelzen. Astronomen schätzen, daß auf diesem Bild von NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop 50.000 Lichtquellen im nahen Infrarot zu sehen sind.

Die Massekonzentration im Pandora-Cluster ist so groß, daß das Gefüge der Raumzeit durch die Schwerkraft verformt wird. Dadurch entsteht ein Effekt, der die Region für Astronomen besonders interessant macht: ein natürliches, stark vergrößerndes Gebiet, eine so genannte „Gravitationslinse“, mit der sie sehr weit entfernte Lichtquellen jenseits des Clusters sehen können, die sonst selbst für Webb nicht zu erkennen wären. Diese verstärkten Quellen, die im unteren rechten Bereich besonders auffällig sind, erscheinen auf dem Bild rot und oft als langgestreckte Bögen, die durch die Gravitationslinse verzerrt sind.

Das Video zeigt zudem ein mysteriöses Objekt, das nicht mehr als ein roter Punkt zu sein scheint. Eine Theorie besagt, daß es sich bei dieser Infrarotlichtquelle um eine glühende Gasscheibe handelt, die ein supermassereiches Schwarzes Loch im frühen Universum umgibt.