NASA’s Webb bestätigt seinen ersten Exoplaneten

Originalveröffentlichung am 11.01.2023 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases

Zusammenfassung: Der Planet ist felsig und fast genau so groß wie die Erde, umrundet seinen Stern aber in nur zwei Tagen

Forscher, die das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA einsetzen, haben sich formell auf ein neues Gebiet begeben: die Identifizierung und Analyse felsiger Exoplaneten, die Rote Zwerge umkreisen. Ein Team unter Leitung von Kevin Stevenson und Jacob Lustig-Yaeger, beide vom Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory in Laurel, Maryland, bestätigte, daß LHS 475 b nicht nur existiert, sondern auch ein kleiner Gesteinsplanet ist, der fast genau die gleiche Größe wie die Erde hat. Vor Webb hatten die Forscher in der Regel Planeten im Visier, die größer sind als Jupiter, der 11-mal so groß wie die Erde ist. Dies wird sicher die erste von vielen Entdeckungen sein, die Webb-Daten den Forschern bei der weiteren Erkundung von Planeten in unserer Milchstraße liefern werden.

Forscher haben mit Hilfe des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA zum ersten Mal einen Exoplaneten, einen Planeten, der einen anderen Stern umkreist, nachgewiesen. Der formal als LHS 475 b benannte Planet hat fast die gleiche Größe wie unser eigener und mißt 99 % des Erddurchmessers. Das Forschungsteam wird von Kevin Stevenson und Jacob Lustig-Yaeger geleitet, beide vom Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory in Laurel, Maryland.

Das Team entschied sich für die Beobachtung dieses Ziels mit Webb, nachdem es sorgfältig die interessanten Ziele von NASA‘s Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) geprüft hatte, die auf die Existenz des Planeten hindeuteten. Der Nahinfrarot-Spektrograph (NIRSpec) von Webb konnte den Planeten mit nur zwei Transitbeobachtungen leicht und deutlich erfassen. „Es steht außer Frage, daß der Planet da ist. Die tadellosen Daten von Webb bestätigen dies“, sagte Lustig-Yaeger. „Daß es sich um einen kleinen, felsigen Planeten handelt, ist beeindruckend für das Observatorium“, fügt Stevenson hinzu.

„Diese ersten Beobachtungsergebnisse eines Gesteinsplaneten von Erdgröße öffnen die Tür zu vielen zukünftigen Möglichkeiten für die Untersuchung der Atmosphären von Gesteinsplaneten mit Webb“, stimmte Mark Clampin, Direktor der Abteilung für Astrophysik im NASA-Hauptquartier in Washington, zu. „Webb bringt uns einem neuen Verständnis von erdähnlichen Welten außerhalb unseres Sonnensystems immer näher, und die Mission hat gerade erst begonnen.“

Von allen in Betrieb befindlichen Teleskopen ist nur Webb in der Lage, die Atmosphären von erdgroßen Exoplaneten zu charakterisieren. Das Team hat versucht, durch die Analyse des Transmissionsspektrums zu ermitteln, was in der Atmo-sphäre des Planeten vorhanden ist. Obwohl die Daten zeigen, daß es sich um einen erdgroßen terrestrischen Planeten handelt, wissen sie noch nicht, ob er eine Atmosphäre hat. „Die Daten des Observatoriums sind wunderbar“, sagte Erin May, ebenfalls vom Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory. „Das Teleskop ist so empfindlich, daß es problemlos eine Reihe von Molekülen nachweisen kann, aber wir können noch keine endgültigen Schlüsse über die Atmosphäre des Planeten ziehen.“

Obwohl das Team nicht sagen kann, was vorhanden ist, kann es definitiv sagen, was nicht vorhanden ist. „Es gibt einige erdähnliche Atmosphären, die wir ausschließen können“, erklärt Lustig-Yaeger. „Er kann keine dicke, von Methan dominierte Atmosphäre besitzen, ähnlich wie die des Saturnmondes Titan.“

Das Team stellt außerdem fest, daß es zwar möglich ist, daß der Planet keine Atmosphäre hat, daß aber einige atmosphärische Zusammensetzungen nicht ausgeschlossen werden können – etwa eine reine Kohlendioxidatmosphäre. „Eine Atmosphäre aus 100 % Kohlendioxid ist so viel kompakter, daß es sehr schwierig ist, sie zu entdecken“, so Lustig-Yaeger. Um eine reine Kohlendioxidatmosphäre von einer Atmosphäre ohne Kohlendioxid zu unterscheiden, sind noch genauere Messungen erforderlich. Die Forscher planen, bei den kommenden Beobachtungen in diesem Sommer weitere Spektren zu erhalten.

Webb zeigte auch, daß der Planet einige hundert Grad wärmer ist als die Erde. Wenn also Wolken entdeckt werden, könnten die Forscher zu dem Schluß kommen, daß der Planet eher der Venus ähnelt, die eine Kohlendioxid-Atmosphäre hat und ständig in dicke Wolken gehüllt ist. „Wir stehen bei der Erforschung kleiner, felsiger Exoplaneten an vorderster Front“, sagte Lustig-Yaeger. „Wir haben gerade erst begonnen, an der Oberfläche zu kratzen, wie ihre Atmosphären aussehen könnten.“

Die Forscher bestätigten auch, daß der Planet eine Umlaufbahn in nur zwei Tagen absolviert, eine Information, die durch die präzise Lichtkurve von Webb fast sofort sichtbar wurde. Obwohl sich LHS 475 b näher an seinem Stern befindet als jeder andere Planet in unserem Sonnensystem, ist sein roter Zwergstern weniger als halb so heiß wie die Sonne, so daß die Forscher davon ausgehen, daß er dennoch eine Atmosphäre haben könnte.

Die Ergebnisse der Forscher haben die Möglichkeit eröffnet, erdgroße Planeten in der Umlaufbahn kleinerer Roter Zwerge zu finden. „Diese Bestätigung eines Gesteinsplaneten unterstreicht die Präzision der Instrumente der Mission“, sagte Stevenson. „Und es ist nur die erste von vielen Entdeckungen, die sie machen wird“. Lustig-Yaeger stimmte zu. „Mit diesem Teleskop sind felsige Exoplaneten die neue Grenze.“

LHS 475 b ist relativ nah, nur 41 Lichtjahre entfernt, im Sternbild Octans.

Die Ergebnisse des Teams wurden auf einer Pressekonferenz der American Astronomical Society (AAS) am Mittwoch, 11. Januar 2023, vorgestellt.

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraum-organisation).

Exoplanet LHS 475 b und sein Stern (Illustration)

NASA, ESA, CSA, Leah Hustak (STScI)

Über das Bild: Diese Abbildung zeigt, daß der Exoplanet LHS 475 b felsig ist und fast genau die gleiche Größe wie die Erde hat, wie neue Daten von NASA‘s James-Webb-Weltraumteleskop belegen. Der Planet ist nur ein paar hundert Grad wärmer als unser Heimatplanet.

Der Planet umkreist seinen Stern in nur zwei Tagen, viel schneller als jeder andere Planet im Sonnensystem, aber sein roter Zwergstern hat weniger als die Hälfte der Temperatur der Sonne. Die Forscher werden diesen Sommer eine weitere Beobachtung mit Webb durchführen, von der sie hoffen, daß sie endgültig feststellen können, ob der Planet eine Atmo-sphäre hat.

LHS 475 b ist relativ nah, 41 Lichtjahre entfernt, im Sternbild Octans.

Diese Illustration beruht auf Beobachtungen von Webb. Webb hat kein direktes Bild von diesem Planeten aufgenommen.

Exoplanet LHS 475 b (NIRSpec Transit Light Curve)

NASA, ESA, CSA, Leah Hustak (STScI)

Über das Bild: Wie erkennen die Forscher einen fernen Planeten? Durch Beobachtung der Lichtveränderungen, wenn er seinen Stern umkreist.

Eine Lichtkurve, gewonnen mit dem Nahinfrarot-Spektrographen (NIRSpec) des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA zeigt die Veränderung der Helligkeit des Sternsystems LHS 475 im Laufe der Zeit, als der Planet den Stern am 31. August 2022 passierte. Diese Beobachtung wurde mit dem NIR-Spec-Zeitserienmodus für helle Objekte durchgeführt, der ein Gitter verwendet, um das Licht eines einzelnen hellen Objekts (wie des Sterns LHS 475) auseinanderzuziehen und die Helligkeit jeder Lichtwellenlänge in bestimmten Zeitintervallen zu messen. Die Daten zeigen, daß LHS 475 b einen Durch-messer von 99 % des Erddurchmessers hat und somit felsig ist.

Um diese Daten zu erfassen, blickte Webb fast 3 Stunden lang auf das Sternsystem LHS 475, beginnend etwa 1,5 Stunden vor dem Transit und endend rund 30 Minuten nach dem Transit. Der Transit selbst dauerte ungefähr 40 Minuten. Die hier gezeigte Kurve besteht aus insgesamt 1.158 einzelnen Helligkeitsmessungen – etwa eine alle neun Sekunden.

LHS 475 b ist ein felsiger, erdgroßer Exoplanet, der einen etwa 41 Lichtjahre entfernten Roten Zwerg im Sternbild Octans umkreist. Der Planet befindet sich extrem nahe an seinem Stern und absolviert eine Umrundung in zwei Erdtagen. Die Bestätigung des Planeten wurde durch die Daten von Webb ermöglicht.

Die Illustration von LHS 475 b und seinem Stern im Hintergrund beruht auf unseren gegenwärtigen Erkenntnissen über den Planeten aus der Webb-Spektroskopie. Webb hat kein direktes Bild des Planeten oder seiner Atmosphäre aufge-nommen.

NIRSpec wurde für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) von einem Konsortium europäischer Unternehmen unter der Leitung von Airbus Defence and Space(ADS) gebaut, wobei das Goddard Space Flight Center der NASA die Detektor- und Mikroverschlußsubsysteme lieferte.

Exoplanet LHS 475 b (Transmission Spectrum)

NASA, ESA, CSA, Leah Hustak (STScI)

Über das Bild: Eine flache Linie in einem Transmissionsspektrum wie diese kann sehr aufregend sein – sie kann uns eine Menge über den Planeten verraten.

Forscher nutzten den Nahinfrarot-Spektrographen (NIRSpec) vom James-Webb-Weltraumteleskop der NASA zur Beobachtung des Exoplaneten LHS 475 b. Wie dieses Spektrum zeigt, konnte Webb keine nachweisbare Menge eines Elements oder Moleküls feststellen. Die übliche Signaturen in einer wasserstoffdominierten Atmosphäre würden zum Beispiel auf eine leichte, gasförmige Atmosphäre hinweisen. Diese Elemente wurden im Spektrum von LHS 475 b nicht entdeckt.

Die grüne Linie stellt eine reine Methanatmosphäre dar, die nicht wirklich in Betracht kommt, da bei Vorhandensein von Methan zu erwarten ist, daß es das Sternenlicht bei 3,3 Mikrometern stärker blockiert. Die gelbe Linie stellt das am besten passende Modell für ein Spektrum ohne besondere Merkmale dar, das keinen Hinweis auf eine Planetenatmosphäre ent-hält. Dieses Modell ist repräsentativ für einen Planeten, der keine Atmosphäre hat.

Die violette Linie stellt eine reine Kohlendioxid-Atmosphäre dar und ist beim derzeitigen Präzisionsniveau nicht von einer flachen Linie zu unterscheiden. Eine Atmosphäre, die aus reinem Kohlendioxid besteht, ist selbst für die fortschrittlichen Instrumente von Webb viel schwieriger zu erkennen. „Wir benötigen sehr, sehr genaue Daten, um eine reine Kohlen-dioxid-Atmosphäre von gar keiner Atmosphäre unterscheiden zu können“, erklärt Jacob Lustig-Yaeger vom Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory. „Eine reine Kohlendioxid-Atmosphäre ist möglicherweise so dünn wie die auf dem Mars, so daß sie schwer zu erkennen ist.“

Die Forscher, die LHS 475 b untersuchen, schlagen vor, daß eine zusätzliche, bevorstehende Beobachtung als „Schieds-richter“ fungieren könnte, die es ihnen ermöglicht, das Vorhandensein von Kohlendioxid – oder eines anderen Moleküls – zu identifizieren oder alles auszuschließen und zu dem Schluß zu kommen, daß der Planet keine Atmosphäre hat. Ganz einfach, es sind zusätzliche Daten erforderlich, bevor eine Schlußfolgerung gezogen werden kann.

Dieses Transmissionsspektrum des felsigen Exoplaneten LHS 475 b wurde am 31. August 2022 mit dem NIRSpec-Instrument von Webb aufgenommen. Ein Transmissionsspektrum wird erstellt, indem man das Sternenlicht, das durch die Atmosphäre eines Planeten gefiltert wird, während er sich vor dem Stern bewegt, mit dem ungefilterten Sternenlicht vergleicht, das erfaßt wird, wenn sich der Planet neben dem Stern befindet. Jeder der 56 Datenpunkte auf diesem Diagramm stellt die Lichtmenge dar, die der Planet bei einer anderen Wellenlänge des Lichts vom Stern blockiert. Die Daten würden Moleküle in der Atmosphäre des Planeten offenbaren, indem sie zeigen, daß sie die scheinbare Größe des Planeten nur bei bestimmten Wellenlängen erhöhen. In diesem Spektrum sind keine solchen atmosphärischen Merkmale zu erkennen.

Die grauen Linien, die sich über und unter jedem Datenpunkt erstrecken, sind Fehlerbalken, die die Unsicherheit der einzelnen Messungen bzw. den annehmbaren Bereich der tatsächlich möglichen Werte angeben. Für eine einzelne Beobachtung ist der Fehler bei diesen Messungen extrem gering (30 bis 50 Teile pro Million).

Die Beobachtung wurde mit dem NIRSpec-Zeitserienmodus für helle Objekte durchgeführt, der ein Gitter verwendet, um das Licht eines einzelnen hellen Objekts (wie des Sterns LHS 475) auseinanderzuziehen und die Helligkeit jeder Wellen-länge in bestimmten Zeitintervallen zu messen.

LHS 475 b ist ein etwa erdgroßer felsiger Exoplanet. Er umkreist einen Roten Zwerg in ungefähr 41 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Octans. Der Planet kreist extrem nah um seinen Stern und vollendet eine Umlaufbahn in zwei Erdtagen. Durch Daten des Webb-Teleskops wurde die Entdeckung des Planeten bestätigt.

Die Illustration von LHS 475 b und seinem Stern im Hintergrund beruht auf unseren gegenwärtigen Erkenntnissen über den Planeten aus der Webb-Spektroskopie. Webb hat kein direktes Bild des Planeten oder seiner Atmosphäre aufge-nommen.

NIRSpec wurde für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) von einem Konsortium europäischer Unternehmen unter der Leitung von Airbus Defence and Space(ADS) gebaut, wobei das Goddard Space Flight Center der NASA die Detektor- und Mikroverschlußsubsysteme lieferte.