Nanojets in der Sonnenkorona

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine Ultraviolettaufnahme eines schleifenförmigen koronalen Bogens in der Sonne. Astronomen entdeckten Nanojetcluster entlang des Bogenmaterials und zeigen, daß diese die Grundlage für die lang gesuchten Nanojets bilden, welche die Korona auf Temperaturen von Millionen Kelvin heizen sollen.
NASA, Goddard Space Flight Center, IRIS, and Antolin et al.

Die Sonnenkorona, die heiße äußere Schicht der Sonne, besitzt eine Temperatur von mehr als einer Million Kelvin und treibt einen Wind aus geladenen Teilchen an, von denen einige die Erde treffen, Polarlichter erzeugen und oft die weltweite Kommunikation unterbrechen. Diese Eigenschaften der Korona sind unzureichend verstanden, doch vermuten Astronomen, daß das Heizen auf unzählige winzige magnetische Energieausbrüche, sogenannte Nanoflares, zurückzuführen ist; Nanoflares ergeben sich, wenn die starken Magnetfeldlinien (hauptsächlich das Ergebnis der Bewegungen von geladenen Teilchen unterhalb der Sonnenoberfläche) in der Korona zerreißen und sich wieder verbinden. Allerdings gibt es keine direkten Beobachtungen von Nanoflares und diese hat Zweifel an den angebotenen Lösungen für das Problem des koronalen Heizens geweckt.

Die fachlichen Probleme sind dreifacher Art. Erstens: Obwohl einige Satelliten im Ultravioletten etliche kleine Intensitätsausbrüche im Nanoflarebereich gesehen und Röntgenbeobachtungen von koronalen magnetischen Schleifen Heizungsaktivität gemessen haben, ist nichts von alledem eindeutig mit magnetischer Rekonnexion, dem ursprünglich vorgeschlagenen Mechanismus für Nanoflares, in Verbindung gebracht worden. Zweitens: Viele Wissenschaftler vermuteten sogar, daß eine solche Verbindung schwer zu beweisen sein würde, da die Abmessungen der Nanoflares so klein sind. Drittens: Numerische Modelle des koronalen Aufheizens haben zudem gezeigt, daß einige Intensitätsausbrüche, die den Nanoflares gleichen, nicht durch Rekonnexion erzeugt sein könnten, wie etwa Heizen durch Wellen, und zwingen jede Beobachtung auf sehr kleinen Skalen zwischen diesen Alternativmechanismen zu unterscheiden. Daher haben sich Astronomen auf großräumige Änderungen im Magnetfeld oder andere Prozesse konzentriert, um magnetische Rekonnexion zu untersuchen.

Ein Schwarm von Nanoflares, basierend auf Rekonnexion, bekannt als Nanoflaresturm, könnte beträchtliches koronales Heizen bewerkstelligen, wenn von Magnetfeldern in geeigneter Weise ausgelöst. Die Astrophysikerin Paola Testa vom CfA und ihre Kollegen berichten jetzt von der Entdeckung sehr schneller, aufbrechender Nanojets, aus denen sie folgern, daß dies die Signatur für einen Nanoflaresturm, verantwortlich für koronales Heizen, ist. Die Wissenschaftler nutzten das Atmospheric Imaging Assembly des Solar Dynamics Observatory, das Weltraumteleskop Interface Region Imaging Spectrograph sowie das Solar Optical Telescope an Bord von Hinode bei Beobachtungen in 2014, die eine schleifenförmige Struktur in der Korona zum Ziel hatten, die von der Seite her gesehen wurde; dies erlaubte Material zu beobachten, das sich entlang von Fäden in den Schleifen bewegt.

Am Ende einer stundenlangen Beobachtung machten die Astronomen während eines Zeitraums von dreizehn Minuten ungefähr 150 kleine, lokal begrenzte Intensitätsausbrüche und jetförmige Strukturen ausfindig. Sie identifizierten diese als Nanojets; jeder einzelne existierte weniger als fünfzehn Sekunden. Mehrere wurden zudem durch den Spektrographen an Bord des Weltraumteleskops Interface Region Imaging Spectrograph analysiert und man fand inmitten der anderen Eigenschaften, die man für Nanojets erwartet, Strahlung von Magnesium- und Siliziumatomen, die sich schneller als Einhundert km/s bewegten. Das Team untermauerte seine Feststellung, daß es sich um Nanojets handelt, mit einem Modell über das Verhalten von sich wiederverbindenden magnetischen Flußröhren. Dieses Ergebnis bestätigt nicht nur den schon lange vorhergesagten Mechanismus von Nanoflares beim koronalen Heizen, sondern liefert viele weitere unerwartete Einblicke, unter anderem in die eigenständige, eindeutige Natur der Nanojets.

Literatur:

„Reconnection Nanojets in the Solar Corona“

Patrick Antolin, Paolo Pagano, Paola Testa, Antonino Petralia, Fabio Reale

Nature Astronomy online, s41550-020-1199-8, 2020