Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Wenn ein Stern von rund zehn Sonnenmassen sein Dasein beendet, explodiert er als Supernova und läßt einen Neutronenstern als „Asche“ zurück. Neutronensterne haben Massen von einer bis mehrere Sonnenmassen, aber einen winzigen, nur wenige zehn Kilometer großen Durchmesser. Sie drehen sich sehr schnell und wenn sie von Magnetfeldern begleitet werden, geben die darin gefangenen, geladenen Teilchen elektromagnetische Strahlung in einem eng gebündeltem Strahl ab, ähnlich einem Leuchtturm, der mit großer Regelmäßigkeit alle paar Sekunden oder kürzer über die Erde streift. Diese Art von Neutronenstern nennt man Pulsar und sie sind spektakuläre, mächtige Testsonden für Supernovae, deren Vorläufersterne und den Eigenschaften der Kernmaterie unter den extremen Bedingungen, die in diesen Sternen herrschen.
Millisekundenpulsare sind besonders schnell rotierende Pulsare, Hunderte Mal pro Sekunde um die eigene Achse drehend. Astronomen sind zu dem Schluß gekommen, daß diese Objekte ihre Rotationsraten durch Akkretion von Material von einem benachbarten Begleitstern gesteigert haben müssen. Es gibt ungefähr 3.000 bekannte Millisekunden-Pulsare. Etwa fünf Prozent von ihnen hat man in Kugelsternhaufen gefunden – gravitativ gebundene, annähernd kugelförmige Sternansammlungen, die Millionen Sterne beherbergen, mit Abmessungen von nur einigen zehn Lichtjahren im Durchmesser. Ihre dicht besetzten Umgebungen liefern ideale Bedingungen für die Bildung von Doppelsternsystemen und fast achtzig Prozent der Pulsare in Kugelsternhaufen sind Millisekunden-Pulsare. Der Kugelsternhaufen 47 Tucanae (47 Tuc) besitzt fünfundzwanzig davon.
Maureen van den Berg vom CfA war Teil eines Teams von Astronomen, die vier ungewöhnliche Millisekunden-Binärpulsare in 47 Tuc untersuchten, deren Bahnparameter unbekannt waren. Umlaufbahnen sind der Schlüssel zum Verständnis der Herkunft und Evolution von Pulsaren, deren Massenübertragung, der Raten, mit denen sich die Rotationsgeschwindigkeit erhöht und sogar die genauen Massen der Sterne. Die Wissenschaftler untersuchten die über sechzehn Jahre gesammelten Daten von 519 Radiobeobachtungen an 47 Tuc. Der in dem Datensatz gefundene Pulsar mit der kürzesten Periode hat eine Umlaufzeit von nur 0.15 Tagen. Der längste benötigt 10.9 Tage (nebenbei bemerkt sind für beide die Umlaufzeiten bis auf neun Nachkommastellen bekannt) und hat eine Umlaufbahn, die noch kreisförmiger ist als die der Erde – es ist sogar das kreisförmigste System, das je in einem Kugelsternhaufen gefunden wurde. Die Astronomen vermuten, daß dieser Binärpulsar entstand, als ein Neutronenstern einem Binärsystem begegnete, einen der beiden Sterne einfing und dann begann, Material von diesem zu akkretieren und ein Pulsar zu werden. (Ein zweites, weniger wahrscheinliches Szenario ist aber auch vorstellbar, in dem das Paar zusammen entstand und sich auch gemeinsam entwickelte.) Die Wissenschaftler führten ähnliche Untersuchungen auch für die anderen drei Objekte durch. Die Ergebnisse, die ersten in einer Serie von Arbeiten über Millisekunden-Pulsare in 47 Tuc, beschreiben erstmals vier seiner Pulsare, darunter einer der ungewöhnlichsten und liefern neue Einsichten darüber, wie sich diese Objekte bildeten und welche Umgebungsbedingungen innerhalb eines Kugelsternhaufens herrschen.
Literatur:
“Long-term Observations of the Pulsars in 47 Tucanae – I. A Study of Four Elusive Binary Systems”
A. Ridolfi, P. C. C. Freire, P. Torne, C. O. Heinke, M. van den Berg, C. Jordan, M. Kramer, C. G. Bassa, J. Sarkissian, N. D’Amico, D. Lorimer, F. Camilo, R. N. Manchester and A. Lyne
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 462, 2918–2933 (2016)